Aktuelle Stunde

Kontro­verse Aktu­elle Stunde zu Kor­ruptions­vorwürfen beim Bamf

Die Korruptionsvorwürfe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) haben am Donnerstag, 26. April 2018, zu einer Kontroverse im Bundestag geführt. In einer von der FDP-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde äußerte ihr Abgeordneter Stephan Thomae „das Gefühl, dass hier Dinge unter der Decke gehalten werden sollen“. Dagegen sicherte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), den Abgeordneten für sein Haus eine „nachdrückliche und vollumfängliche Aufklärung“ der Vorgänge in der Bremer Außenstelle des Bamf zu.

Regierung: Inakzeptables Fehlverhalten

Mayer nannte die „skandalösen Vorgänge“ in der Außenstelle Bremen „im höchsten Maße ärgerlich“ und sprach von einem „inakzeptablen Fehlverhalten offenkundig einiger weniger Mitarbeiter“. Einer mittlerweile suspendierten Mitarbeiterin der Außenstelle werde vorgeworfen, sie habe ohne fachliche Zuständigkeit wiederholt in laufende Asylverfahren eingegriffen, „im großen Stil Verfahren aktiv an sich gezogen und Asyl- oder Flüchtlingsschutz gewährt, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren“, und Identitätsprüfungsregelungen etwa durch Verzicht auf die Vorlage notwendiger Ausweisdokumente missachtet. An diesen fehlerhaften Entscheidungen seien offenkundig weitere Personen beteiligt gewesen, die mit der Bamf-Mitarbeiterin „offenkundig vorsätzlich zusammengearbeitet haben“, darunter auch zwei Rechtsanwaltskanzleien aus Niedersachsen.

Der Parlamentarische Innen-Staatssekretär bekräftigte, dass sämtliche Verfahren, in die diese Kanzleien involviert waren, „komplett auf den Prüfstand gestellt“ würden. Dabei handele es sich um 4.568 Verfahren aus der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 16. November 2017. In 40 Prozent der Verfahren sei diese Prüfung bereits erfolgt. Dabei laute „das erste Zwischenfazit auf Basis der Aktenlage“, dass in anderen Bamf-Außenstellen keine Manipulationen festgestellt worden seien. Die manipulierten Anerkennungsbescheide „werden, soweit rechtlich irgendwie möglich, aufgehoben“.

FDP: Vertrauen durch Aufklärung wiederherstellen

Thomae warf die Frage auf, wie die Menschen darauf vertrauen sollten, „dass wir die Flüchtlingskrise meistern werden, wenn die Schlüsselbehörde, der diese Aufgabe obliegt, offenbar systematisch in Tausenden von Fällen Rechtsverstöße selbst begangen hat“. 

Die Bundesregierung müsse nun das Vertrauen durch eine schonungslose Aufklärung wiederherstellen. Am Vortag seien jedoch im Innenausschuss des Parlaments trotz umfangreicher Berichte noch zahlreiche Fragen offen geblieben und Ungereimtheiten aufgetreten. 

AfD: Politische Kurskorrektur notwendig

Der AfD-Abgeordnete Martin Hess forderte gleichfalls eine schonungslose Aufklärung der Vorgänge. Die „heutige Einzelbetrachtung“ gehe indes „am Kern des Problems vorbei“. Mit der „fatalen Entscheidung“, die deutschen Grenzen zu öffnen und „Hunderttausende Menschen illegal ins Land zu lassen“, habe die Bundesregierung dafür gesorgt, dass das Bamf völlig überfordert gewesen sei. 

Notwendig sei nun eine „politischen Kurskorrektur“, fügte Hess hinzu und forderte, „effektiv unsere Grenzen zu schützen und Personen ohne Identitätspapiere konsequent zurückzuweisen“. 

SPD: Bamf hat auch eine gesellschaftliche Aufgabe

Die SPD-Parlamentarierin Susanne Mittag betonte, dass es um eine „Organisationsdebatte der Bundesbehörde und nicht um eine Flüchtlingsdebatte“ gehe. Sie verwies zugleich darauf, dass das Bamf auch eine gesellschaftliche Aufgabe habe. 

Es gehe dabei auch um die Glaubwürdigkeit staatlichen Handelns und das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit. „Das Versagen in diesem Falle belastet eben jetzt nicht nur das ganze Bundesamt“, fügte Mittag hinzu, „sondern auch alle politischen Vertreter, die hier sind.“     

Linke: Hohe Qualitätsmängel im Bamf

Für Die Linke mahnte ihre Abgeordnete Ulla Jelpke, die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten. Von den Medien sei „ein Skandal hochgeschrieben“ worden, „bevor überhaupt klar war, was hier wem vorgeworfen wird“. Dies halte sie für „unzulässige Vorverurteilung“. Auch wisse man seit Jahren „über hohe Qualitätsmängel im Bamf Bescheid“. 

Dazu gehörten kurzfristige Neueinstellungen, unzureichend ausgebildetes Personal, unqualifizierte Dolmetscher, hoher Zeitdruck und die Trennung zwischen Anhörungen und Entscheidung beim Asylverfahren. Die Folge seien fehlerhaften Entscheidungen mit negativen Auswirkungen vor allem für Flüchtlinge.

Grüne: Arbeitsweise des Bamf verbessern

Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen) konstatierte, jede Unregelmäßigkeit beim Asylverfahren „schadet der Asylpolitik, schadet den Schutzsuchenden selbst“. Daran könne niemand ein Interesse haben. Deshalb müsse an Verbesserungen der Arbeitsweise des Bamf gearbeitet werden. 

Die Grünen-Parlamentarierin kritisierte zugleich, dass das Bundesinnenministerium in der zurückliegenden Legislaturperiode die Bamf-Mitarbeiter „förmlich lahmgelegt hat mit Gesetzesänderungen im Minutentakt“. Daher trage das Ministerium eine Mitverantwortung, „wenn es um die Qualität von Asylverfahren geht“.

CDU/CSU: Sachverhalte in Bremen restlos aufklären

Der CDU-Abgeordnete Dr. Mathias Middelberg sagte, erstes Ziel sei die „restlose Aufklärung dieser Sachverhalte in Bremen“. Auch gebe es über den Einzelfall hinaus offensichtlich Indizien für strukturelle Mängel, denen man nachgehen müsse. Es sei aber auch erforderlich, darzulegen, was das Bamf geleistet habe. So habe es in den vergangenen drei Jahren 1,6 Millionen Asylentscheidungen getroffen und die offenen Verfahren seien von mehr als 300.000 Ende 2016 auf jetzt 50.000 zurückgegangen. 

Wer jetzt nach Deutschland komme und Asyl begehre, „hat einen Asylbescheid in drei Monaten“. Dies sei eine „hervorragende Leistung“. (sto/26.04.2018)  

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