Die Bundeswehr wird sich weiterhin an der EU-Mission Atalanta vor der Küste Somalias beteiligen. Als Hauptaufgaben bleiben die Verhinderung und Abschreckung von Piraterie-Angriffen am Horn von Afrika und die Absicherung von humanitären Hilfsmaßnahmen des Welternährungsprogramms und der Afrikanischen Union in Somalia, heißt es in einem Antrag der Bundesregierung (19/1596), der in namentlicher Abstimmung am Donnerstag, 26. April 2018, vom Plenum angenommen wurde. 531 Abgeordnete votierten dafür, 78 stimmten mit Nein, es gab 35 Enthaltungen. Der Abstimmung lagen neben dem Antrag eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/1833) und ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierung des Mandats (19/1879) zugrunde.
SPD: Eine Art „Rückversicherung zur See“
Christoph Matschie (SPD) bezeichnete den Einsatz als eine Art „Rückversicherung zur See“ für Stabilisierungsmaßnahmen, die es an Land gebe. Das Mandat sei Teil eines integrierten Ansatzes, weil es nicht nur auf den Schutz der Seewege ziele, sondern letztlich auch auf die Schaffung tragfähiger staatlicher Strukturen.
Matschie erinnerte daran, dass es bei dem Mandat auch um Sicherung von Zugangswegen für humanitäre Hilfe gehe, die in der Region nicht nur in Somalia, sondern auch im Jemen, im Südsudan und in Äthiopien benötigt würde.
AfD: Sicherheit elementar für den Wohlstand in Deutschland
René Springer (AfD) betonte, dass 90 Prozent des Handels zwischen Europa, Asien und Afrika über den Seeweg am Golf von Aden abgewickelt würden. Die Sicherheit dort sei somit „von elementarer Bedeutung für den Wohlstand in Deutschland“.
Springer kritisierte, dass einige in Hamburg verurteilte somalische Piraten sich immer noch hier aufhalten dürften, unter anderem deshalb, weil die somalische Botschaft in Berlin nicht willens oder nicht in der Lage sei, ihnen Pässe auszustellen. Die Bundesregierung lasse sich hier an der Nase herumführen.
CDU/CSU: Einsatz auch aus geostrategischen Gründen wichtig
Nikolas Löbel (CDU/CSU) argumentierte, dass allein in Somalia sechs Millionen Menschen auf Lebensmittellieferung aus Übersee angewiesen sein. „Es gibt keine humanitäre Hilfe ohne die militärische Absicherung.“ Der Einsatz sei aber auch aus „geostrategischen Gründen“ wichtig.
Es gehöre zur Aufrichtigkeit, nicht zu verschweigen, dass es mit der Sicherung von Handelswegen auch um deutsche und europäische Interessen gehe. Der Golf von Aden sei einer der wichtigsten Handelswege, „eine Art Highway des europäischen und deutschen Handels“ mit Asien und Afrika, sagte Löbel.
FDP: Sinnvoller Einsatz mit guter Bilanz
Christian Sauter (FDP) nannte Atalanta einen „sinnvollen Einsatz mit vernünftigem Ziel und guter Bilanz“. Allerdings dürfe sich die Bundesregierung nicht auf die Bekämpfung von Symptomen beschränken, sondern müsse im europäischen Rahmen auf eine bessere Einbettung des Einsatzes zur Schaffung tragender staatlicher Strukturen in Somalia dringen.
Sauter ergänzte, dass die Mission auch mit dem Blick auf den Krieg im Jemen durch Seeraumüberwachung der Region einen stabilisierenden Beitrag leiste.
Linke: Bundeswehr soll nicht Handelswege schützen
Tobias Pflüger (Die Linke) kritisierte, dass der Einsatz das Problem der Piraterie lediglich verlagert, aber nicht gelöst habe. Ohnehin sei die Bekämpfung von Piraterie eine vorgeschobene Begründung: Zwischen 2014 und 2016 habe es gerade Mal einen – erfolglosen – Angriff durch Piraten gegeben.
Vielmehr gehe es der Bundesregierung um die Sicherung der maritimen Transportwege. „Wir wollen nicht, dass die Bundeswehr zur Sicherung von Handelswegen und des Zugangs zu Rohstoffen eingesetzt wird“, sagte Pflüger.
Grüne: Unnötig großes Risiko einer Eskalation
Dr. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass es zuletzt wieder mehr Piratenangriffe am Horn von Afrika gegeben habe. Dass liege auch daran, dass das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen finanziell nicht angemessen ausgestattet sei und deshalb kleinere und damit angreifbarere Schiffe einsetzen müsse.
Die militärische Absicherung von Hilfslieferungen in eine der ärmsten Regionen der Welt sei zwar „notwendig und richtig“. Allerdings schaffe die Option, am Küstenstreifen auch am Land gegen Piraten vorgehen zu können, „unnötigerweise ein großes Risiko einer Eskalation“, sagte Lindner.
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke (19/1847), die den Abzug der Bundeswehr aus dem Atalanta-Einsatz und stattdessen eine Verstärkung der humanitären und Wiederaufbauhilfe für Somalia gefordert hatte. Der Entschließungsantrag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Einsatzgebiet von Atalanta sind laut Mandatsantrag der Bundesregierung die somalischen Küstengebiete sowie Meeresgebiete vor der Küste Somalias und der Nachbarländer. Die bis zu 600 entsendeten Bundeswehrsoldaten dürfen außerdem bis zu einer Tiefe von maximal 2.000 Metern gegen logistische Einrichtungen der Piraten am Strand Somalias vorgehen. „Sie werden hierfür nicht am Boden eingesetzt“, heißt es im Antragstext weiter. Der Einsatz ist befristet bis Ende Mai 2019, die Kosten beziffert die Bundesregierung auf knapp 38 Millionen Euro. (ahe/26.04.2018)