Mehr als 17 Milliarden Euro für Bildung und Forschung
Deutliche Kritik äußern Opposition und auch Teile der SPD am Haushaltsentwurf zum Etat Bildung und Forschung 2018 (19/1700) in der Haushaltsdebatte am Donnerstag, 17. Mai 2018. Christoph Meyer (FDP), sagte: „Bildung kommt in diesem Haushalt 2018 schlecht weg. Es gibt weniger Geld für Bildung.“ Der Etat der Bildungs- und Forschungspolitik wird im Haushaltsentwurf für 2018 mit einem Budget von rund 17,59 Milliarden Euro (2017: 17,65 Milliarden Euro) veranschlagt. Auf Zuweisungen und Zuschüsse entfallen 15,2 Milliarden Euro (2017: 15,44 Milliarden Euro).
Wurde der Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in der vergangenen Wahlperiodeum rund vier Milliarden beziehungsweise 27 Prozent erhöht, sinkt er im aktuellen Haushaltsentwurf im Vergleich zu 2017 um knapp 64 Millionen Euro leicht. Uneinigkeit herrschte zudem, wie mehr Bildungsgerechtigkeit geschaffen und mehr Innovation in Forschung und Entwicklung gelingen kann.
Ministerin wirbt für Aufhebung des Kooperationsverbots
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) verdeutlichte gleich zu Beginn ihrer Rede, dass die Menschen in einer Zeit der Gegensätze leben würden. Einerseits würde die Wirtschaft boomen, doch gleichzeitig gebe es viele Menschen in diesem Land, die sich angesichts von Migration und einer rasanten technischen Entwicklung heraus gefordert fühlten. Karliczek sagte: „Ein Schlüssel für gutes Zusammenleben ist eine gute Bildungs- und Forschungspolitik.“ Gute Bildung ermögliche allen Menschen, ihre individuellen Möglichkeiten zu entfalten und ihr berufliches und gesellschaftliches Leben zu gestalten.
In diesem Zusammenhang nannte sie drei Schwerpunkte ihrer Politik. Für eine gute Bildung müssten alle an einem Strang ziehen: Bund Länder, Kommunen, Eltern, Lehrer und Schüler. „Und zwar unabhängig davon, wer im Detail dafür die Verantwortung trägt“, betonte die Ministerin. Erneut warb Karliczek für die Aufhebung des grundgesetzlichen Kooperationsverbots von Bund und Ländern in der Bildungspolitik. Nach der Grundgesetzänderung werde die Regierung eine „Bildungsoffensive“ starten und allein in dieser Legislaturperiode 3,5 Milliarden Euro für die Umsetzung des Digitalpakts ausgeben. Digitale Medien gehörten an jede deutsche Schule. Als weiteren Schwerpunkt nannte Karliczek die Stärkung der beruflichen Bildung und der Forschung.
AfD für leistungsorientiertes und gegliedertes Schulsystems
Dr. Götz Frömming (AfD) betonte, dass sich „im Entwurf zahlreiche ideologische eingefärbte Posten verbergen würden“. Frömming fragte: „Brauchen wir tatsächlich eine Bundesförderung für Bildung für nachhaltige Entwicklung? Brauchen wir vom Bund geförderte europäische Schulen?“ SPD, Linke, Grüne und Teile der CDU würden ein Einheitsschulsystem anstreben, mit dem eine weitere Absenkung des Niveaus einhergehen würde. Die AfD setze sich hingegen für den Erhalt des klassischen leistungsorientierten und gegliederten Schulsystems ein.
Zudem unterstrich Frömming, dass sich an den Grundbedingungen des Lernens auch nichts durch den Einzug digitaler Technik verändern würde. Er sprach von einem „Hype“ um dieses Thema, digitale Bildung dürfe kein „Selbstzweck“ sein. Vielmehr ginge das Thema an den wahren Problemen in den Schulen vorbei. Dort deute sich eine Katastrophe an. Nach Berechnung von Bildungsforschern brauche Deutschland bis 2025 rund 105.000 neue Grundschullehrer, es stünden aber im selben Zeitraum nur 70.000 Absolventen zur Verfügung, unterstrich Frömming.
SPD: In Forschung und Entwicklung zurückgefallen
Es gebe viele strukturelle Probleme in der Bildung, sagte Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD). Viel mehr als in anderen Ländern hänge in Deutschland der Bildungserfolg von der Herkunft der Kinder ab. „Das ist ungerecht und das ist eine enorme Verschwendung von Ressourcen“, sagte er und warnte: „Das kann langfristig die Demokratie aushöhlen.“
Zudem machte Lauterbach deutlich, dass der Deutschland in der Forschung und Entwicklung nicht mehr zu den Spitzenreitern gehöre. In der Medizin und in der Biotechnologie sei keine einzige deutsche Universität unter den 40 am stärksten zitierten und am höchsten erwähnten wissenschaftlichen Einrichtungen. „Wir sind abgeschlagen in den Bereichen und der Abstand wird größer.“ Lauterbach forderte einen Neubeginn und bessere Standards.
FDP: Gute Ansätze bilden sich im Haushalt nicht ab
Christoph Meyer (FDP) kritisierte ebenfalls, dass die soziale Durchlässigkeit in der Bildung nicht ausreiche und fragte gleichzeitig mit Blick auf SPD-regierte Bundesländer: „Wer ist denn dafür verantwortlich?“ Bundesministerin Karliczek forderte er auf, beim Kooperationsverbot weiter voranzugehen, mutig zu sein und unterstrich erneut, dass auch die FDP für die Abschaffung des Kooperationsverbotes eintrete.
Gleichwohl warf Meyer der Ministerin beim Thema Modernisierung der beruflichen Bildung „Lippenbekenntnisse“ vor und sagte: „Die Wahrheit ist doch, dass der Etatansatz sich in ihrem Haushalt 2018 um 200.000 Euro auf 540 Millionen Euro reduziert.“ Auch in der Forschung und ihrer Wettbewerbsfähigkeit werde der Etat abgeschmolzen – und zwar um 454 Millionen. „Wir sehen, Sie haben viele gute Ansätze“, aber es bilde sich in diesem Haushalt nicht ab.
Linke fordert elternunabhängiges BAföG
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) warb ebenfalls für mehr Bildungsgerechtigkeit. Sie sagte: „Die Bildungsmauer in unserem Land ist hoch, unverantwortlich hoch.“ Von hundert Kindern aus Akademikerfamilien würden rein statisch 79 ein Hochschulstudium beginnen. Bei Nichtakademikern würden das gerade mal 27 schaffen.
An der Ungleichverteilung der Aufstiegschancen habe sich in den letzten elf Jahren kaum etwas verändert. Lötzsch warb für ein elternunabhängiges BAföG. Im Wissenschaftssystem kritisierte sie, dass sich viel zu viele „Wissenschaftler von einer Stelle zu nächsten hangeln würden. Das darf nicht so weiter gehen“.
Grüne: Duale Ausbildung konkret stärken
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Das Bundesministerium für Bildung und Forschung müsste eigentlich das Gerechtigkeits- und Innovationshaus schlechthin sein.“ Die Wirklichkeit sehe aber leider anders aus: „Bildung und Forschung haben keine Priorität.“ Die Große Koalition wolle per Gießkanne 46 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben, jedoch seien davon nur „kümmerliche“ sechs Milliarden Euro für Bildung, Forschung, Hochschulen und Digitalisierung vorgesehen. „Was für ein Armutszeugnis“, sagte Gehring.
Zudem kritisierte er die Reduzierung beim BAföG. Es seien 20 Millionen Euro weniger eingeplant. Der Abgeordnete sagte: „Das zentrale Instrument für Bildungsaufstieg verkümmert Jahr um Jahr.“ Zudem kritisierte Gehring, dass die Ministerin zum Megathema Integration durch Bildung schweige und auch nicht ausführe, wie sie die duale Ausbildung konkret stärken wolle.
CDU/CSU: Enormer Etataufwuchs seit 2005
Albert Rupprecht (CDU/CSU) lobte den Haushaltsentwurf und die Erfolge der letzten Jahre im Bereich Bildung und Forschung. Der Entwurf liege in der Linie seit 2005. Seitdem seien die Mittel um 132 Prozent gestiegen und es seien Strukturreformen angestoßen worden.
Als Beispiele nannte Rupprecht die Hightech-Strategie, die Exzellenzinitiative, den Hochschulpakt und den Pakt für Forschung und Innovation. Der Haushalt biete Geld und Verlässlichkeit.
Kompensationszahlungen an die Länder
715,2 Millionen Euro (wie 2017) sind als Kompensationszahlungen an die Länder für den Wegfall der früheren Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben „Aus- und Neubau der Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken“ und „Bildungsplanung“ vorgesehen. Sie sollen bis einschließlich 2019 gezahlt werden. Für die Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung will Ministerin Karliczek 540,3 Millionen Euro bereitstellen (2017: 540,5 Millionen Euro), für die Stärkung des Lernens im Lebenslauf 257,17 Millionen Euro (2017: 252,57 Millionen Euro).
Mit 375,57 Millionen Euro soll die Begabtenförderung bedacht werden (2017: 375,57 Millionen Euro). Für den Studenten- und Wissenschaftleraustausch und die internationale Hochschul- und Wissenschaftskooperation sind 148,35 Millionen Euro vorgesehen (2017: 147,45 Millionen Euro). Für europäische Schulen sind 34,32 Millionen Euro eingestellt (2017: 27,98 Millionen Euro), für das Bundesinstitut für Berufsbildung 48,16 Millionen Euro (2017: 42,32 Millionen Euro).
Förderung von Wissenschaft und Innovation
Mit 6,58 Milliarden Euro will die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts- und Innovationssystems stärken (2017: 7,04 Milliarden Euro). Davon entfallen 2,21 Milliarden Euro auf den Hochschulpakt 2020 (2017: 2,84 Milliarden Euro), der darauf abzielt, den wachsenden Fachkräftebedarf zu decken und Programmpauschalen für Forschungsvorhaben zu finanzieren, die vor allem an Hochschulen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert werden.
Die Entwicklung des Hochschul- und Wissenschaftssystems soll mit 702,78 Millionen Euro gefördert (2017: 668,9 Millionen Euro), die sogenannte Exzellenzinitiative zur Förderung von Spitzenforschung an Universitäten mit 378,4 Millionen Euro unterstützt werden (2017: 357 Millionen Euro). Für die überregionale Forschungsförderung im Hochschulbereich will die Regierung 298 Millionen Euro zur Verfügung stellen (wie 2017).
Für die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens und die Nachwuchsförderung sind 4,76 Milliarden Euro vorgesehen (2017: 4,75 Milliarden Euro). Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) machen dabei 2,63 Milliarden Euro aus (2017: 2,64 Milliarden Euro). Für Schülerinnen und Schüler sind 1,02 Milliarden Euro (2017: 1,03 Milliarden Euro), für Studierende 1,48 Milliarden Euro (2017: 1,5 Milliarden Euro) eingeplant.
Forschung für Innovationen und Hightech-Strategie
Mit der sogenannten Hightech-Strategie will die Bundesregierung die Position Deutschlands im globalen Wettbewerb der Wissensgesellschaft weiter stärken. 6,44 Milliarden Euro sollen dafür bereitgestellt werden (2017: 6,14 Milliarden Euro). 472,13 Millionen Euro sollen für neue Konzepte und regionale Förderung ausgegeben werden können (2017: 451,88 Millionen Euro), 910 Millionen Euro für Innovation durch neue Technologien (2017: 751,5 Millionen Euro) und 615,54 Millionen Euro für Innovation durch Lebenswissenschaften (2017: 552,44 Millionen Euro).
Forschung für Nachhaltigkeit sowie im Bereich Klima und Energie will sich die Regierung 451,34 Millionen Euro kosten lassen (2017: 509,14 Millionen Euro), für ausgewählte Schwerpunkte der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung sind 301,38 Millionen Euro eingestellt (2017: 294,77 Millionen Euro).
Mittel für die Großforschungseinrichtungen
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) soll 1,32 Milliarden Euro erhalten (2017: 1,26 Milliarden Euro), die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 929,37 Millionen Euro (2017: 879,47 Millionen Euro) und die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung 662,94 Millionen Euro (2017: 642,17 Millionen Euro). Für die Zentren der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft und das Berliner Institut für Gesundheitsforschung sind 2,57 Milliarden Euro (2017: 2,49 Milliarden Euro) eingestellt. Die Stilllegung und der Rückbau kerntechnischer Versuchs- und Demonstrationsanlagen darf wie 2017 328,05 Millionen Euro kosten.
Die Zuweisungen an die Länder für Mitgliedseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz belaufen sich auf 517,18 Millionen Euro (2017: 502,91 Millionen Euro) und die Leistungen für europäische und internationale Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen auf 349,84 Millionen Euro (2017: 341,04 Millionen Euro).
Darüber hinaus soll der „Qualitätspakt Lehre“ von Bund und Ländern wie 2017 mit 200 Millionen Euro unterstützt werden. Für die Weiterentwicklung des sogenannten Bologna-Prozesses zur Harmonisierung von Studiengängen und -abschlüssen in der EU sollen 88,24 Millionen Euro bereitgestellt werden (2017: 87,24 Millionen Euro). Die Geistes- und Sozialwissenschaften will die Regierung mit 135,65 Millionen Euro fördern (2017: 130,13 Millionen Euro). (rol/sas/vom/17.05.2018)