Verkehrsetat der Koalition steht unter heftiger Kritik der Opposition
Heftige Kritik an der Verkehrspolitik der Bundesregierung und dem vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer (CSU), vorgelegten Haushaltsentwurf (19/1700) üben die Oppositionsfraktionen. Es bleibe offenbar bei der Ankündigungspolitik der Großen Koalition, kritisierte Marcus Bühl (AfD). Christoph Meyer (FDP) vermisste die richtige Schwerpunktsetzung im Haushalt. Als Desaster für Verkehr und Digitales bezeichnete Victor Perli (Die Linke) den Etatentwurf. Von einem Haushalt ohne Zukunft sprach Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen). Laut Haushaltsentwurf soll das Verkehrsministerium 27,65 Milliarden Euro und damit 264,09 Millionen Euro weniger als im Vorjahr (27,91 Milliarden Euro) ausgeben dürfen.
Daniela Ludwig (CDU/CSU) urteilte hingegen, der schon unter Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) begonnene Investitionshochlauf werde dabei helfen, die anstehenden Aufgaben im Bereich der Verkehrspolitik aber auch den digitalen Ausbau anzugehen. Kirsten Lühmann (SPD) verwies unter anderem auf das Sofortprogramm „Saubere Luft“, an dem deutlich werde, dass mit dem Haushalt Gelder für die richtigen Ziele ausgegeben würden.
Minister: Umstieg auf alternative Antriebsformen fördern
Verkehrsminister Scheuer sagte zu Beginn der Debatte, in dem vorgelegten Haushaltsentwurf würden alle Verkehrsträger in den Blick genommen. Zugleich würde der Umstieg auf alternative Antriebsformen gefördert und die Digitalisierung in allen Bereichen vorangetrieben. Dafür stünden bis 2021 gut 60 Milliarden Euro als Investitionssumme zur Verfügung. Allein für 2018 seien Ausgaben in Höhe von 16,8 Milliarden Euro eingeplant. „Das ist der mit Abstand größte Investitionshaushalt des Bundes“, sagte der Minister.
Scheuer wandte sich zugleich gegen eine Verteufelung des Autos. Man dürfe Autonutzern kein schlechtes Gewissen machen. Das sei der falsche Weg. „Wir wollen für alle eine gute Mobilität und eine gute Infrastruktur statt Verbote und Gängelungen“, sagte der Verkehrsminister.
AfD: Regierung kommt beim Breitband nicht voran
Er habe nur Ankündigungen vernommen, sagte im Anschluss Marcus Bühl. Das sei auch in der vergangenen Legislaturperiode der Fall gewesen, als die Bundesregierung in ihrer Digitalen Agenda angekündigt habe, 2018 solle es in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit Internetanschlüssen geben, die eine Mindestgeschwindigkeit von 50 Mbit/s haben. „Das Ziel wurde nicht erreicht“, bilanzierte der AfD-Abgeordnete.
Dennoch habe die Große Koalition im neuen Koalitionsvertrag festgeschrieben, bis 2025 flächendeckend Gigabit-Netze schaffen. Trotz der zur Verfügung gestellten 5,4 Milliarden Euro für schnelle Breitbandverbindungen sei aber zu befürchten, dass aufgrund zu weniger Kapazitäten bei der Planung und dem Fachkräftemangel im Baugewerbe der Ausbau des schnellen Internets sich weiter verzögern werde.
SPD setzt auf mehr Schienenverkehr
Kirsten Lühmann ging auf den „geringen Mittelabfluss“ beim Breitbandausbau ein. Das gesamte zur Verfügung gestellte Budget für die Digitalisierung der letzten Legislaturperiode sei ausgeschöpft worden, sagte die SPD-Abgeordnete. Wer kommunal unterwegs sei, wisse aber ganz genau, dass von der Bewilligung eines Antrages bis zum Rückfluss des Geldes zwei bis drei Jahre mindestens vergehen würden. „Wir gehen davon aus, dass es ab 2019 einen vermehrten Mittelabfluss geben wird“, betonte sie. Das Geld dafür liege bereit.
Lühmann setzte sich zugleich für mehr Initiativen für den Schienenverkehr ein. Ein wichtiger Beitrag, um mehr Güter und Personen auf der Schiene zu transportieren, sei dabei die angedachte Trassenpreissenkung.
FDP: Kein Haushaltsansatz für Flughafen Tegel
Im Bereich der digitalen Infrastruktur wäre aus Sicht von Christoph Meyer die Bewertung „wenig ambitioniert“ sogar noch geschmeichelt. Lediglich bei Programmen wie jenem für „Saubere Luft“ gehe es schnell, weil damit die Autohersteller als Verantwortliche für den Dieselskandal „aus der Verantwortung genommen werden“. Damit bewege sich Minister Scheuer in der traurigen Nachfolge von Alexander Dobrindt, sagte der FDP-Abgeordnete.
Bedauerlich nannte er es, dass Scheuer seinen Worten bezüglich der Offenhaltung des Berliner Flughafens Tegel keine entsprechenden Schwerpunkte in den Haushaltsansätzen folgen lasse. „Damit hätten Sie sicherlich die stille Mehrheit dieses Hauses hinter sich“, sagte Meyer.
Linke: Union und SPD organisieren Verkehrskollaps
Mit dem Haushalt organisierten Union und SPD den Verkehrskollaps, sagte Victor Perli. Mehr Straßen führten zu mehr Verkehr, noch mehr Straßen zu noch mehr Verkehr. „Das ist ein Fass ohne Boden“, befand der Linken-Abgeordnete. Gebraucht werde eine Verkehrswende, weil es finanziell, ökologisch und sozial geboten sei. Seine Fraktion setze sich für mehr öffentlichen Personennahverkehr ein, für mehr gute Fuß- und Fahrradwege und für eine attraktive und bezahlbare Bahn im ganzen Land.
Perli ging auch auf das Thema Breitbandversorgung ein. Die Große Koalition habe das 50 Mbit/s-Versprechen gebrochen, betonte er und kritisierte, dass nur ein Fünfzigstel der für den Ausbau zur Verfügung gestellten Mittel abgeflossen sei. Deutschland, so seine Einschätzung, sei nicht nur sozial gespalten sondern auch digital gespalten.
Grüne: Kritik an Projekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft
Angesichts der großen Probleme die beim Infrastrukturausbau angepackt werden müssten, sei ein Politikwechsel im Verkehrsministerium dringend nötig, befand Sven-Christian Kindler. Unter Minister Scheuer sei jedoch damit nicht zu rechnen, so der Grünenabgeordnete, der es „erbärmlich“ nannte, das Scheuer während seiner Rede das Wort Klimaschutz nicht einmal in den Mund genommen habe.
Kindler kritisierte den Minister zudem für dessen „ideologisierte Verkehrspolitik“. Im Haushalt seien die Ansätze für Verkehrsprojekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) gestiegen, obwohl diese sehr teuer seien. „Das ist ein unverantwortlicher Umgang mit Steuergeldern“, befand Kinder und forderte ein Verbot von ÖPPs im Straßenbau. Kritik übte der Grünen-Abgeordnete auch daran, dass der Verkehrsminister sich gegen eine Verpflichtung für Autohersteller zu Hardware-Nachrüstungen stelle. Scheuer sei damit verantwortlich für Fahrverbote.
CDU/CSU: Trassenpreise für die Schiene senken
Soll die Schiene als Transportmittel attraktiver werden, müssten die Trassenpreise gesenkt werden, sagte Daniela Ludwig. Das müsse schon 2018 und nicht wie vom Bundesfinanzminister geplant erst 2019 erfolgen, forderte die Unionsabgeordnete.
Was den Ausbau der digitalen Infrastruktur angeht, so verwies sie auf dessen große Bedeutung vor allem für ländliche Räume. Ludwig betonte zugleich, es habe in diesem Bereich in den letzten Jahren durchaus auch Fortschritte gegeben. „Mehr als 80 Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen über einen Zugang zu schnellem Internet mit mindestens 50 Mbit/s“, sagte sie. Verglichen mit dem Jahr 2013 sei dies eine Steigerung um 35 Prozent.
Einnahmen aus der Lkw-Maut
Den Ausgaben stehen Einnahmen von sechs Milliarden Euro (2017: 5,62 Milliarden Euro) gegenüber, von denen 5,16 Milliarden Euro (2017: 4,7 Milliarden Euro) auf die Bundesfernstraßen entfallen. Dabei handelt es sich überwiegend um die Einnahmen aus der Lkw-Maut, die mit 5,12 Milliarden Euro veranschlagt sind (2017: 4,66 Milliarden Euro).
Den Einnahmen im Zusammenhang mit der Erhebung der Lkw-Maut stehen Ausgaben von 1,48 Milliarden Euro gegenüber (2017: 1,45 Milliarden Euro).
Bundesfernstraßen und Bundesschienenwege
Die Ausgaben für die Bundesfernstraßen summieren sich auf 9,27 Milliarden Euro (2017: 8,65 Milliarden Euro), von denen 7,69 Milliarden Euro für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb der Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) vorgesehen sind (2017: 7,13 Milliarden Euro). Auf die Erhaltung der Bundesautobahnen entfallen dabei 2,17 Milliarden Euro (2017: 2,11 Milliarden Euro), auf die Erhaltung der Bundesstraßen 1,24 Milliarden Euro (2017: 1,08 Milliarden Euro).
Für die Bundesschienenwege sollen 5,45 Milliarden Euro ausgegeben werden können (2017: 5,77 Milliarden Euro). Davon entfallen 1,59 Milliarden Euro auf Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2017: 1,35 Milliarden Euro) und 3,5 Milliarden Euro auf den Infrastrukturbeitrag des Bundes für die Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2017: 3,08 Milliarden Euro).
Bundeswasserstraßen und Zukunftsinvestitionen
1,2 Milliarden Euro sieht der Etatentwurf für die Bundeswasserstraßen vor (2017: 1,26 Milliarden Euro), darunter 534,43 Millionen Euro für Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen (2017: 567 Millionen Euro). Davon sind 140 Millionen Euro für den Nord-Ostsee-Kanal eingeplant.
Der Etat enthält darüber hinaus 1,5 Milliarden Euro für Zukunftsinvestitionen (2017: 1,53 Milliarden Euro), von denen 893,33 Millionen Euro den Bundesfernstraßen zugute kommen sollen (2017: 500,33 Millionen Euro), 270 Millionen Euro den Bundesschienenwegen (2017: 376 Millionen Euro) und 50 Millionen Euro den Bundeswasserstraßen (2017: 100 Millionen Euro).
Entflechtungsmittel und digitale Infrastruktur
1,67 Milliarden Euro wie im Vorjahr sind für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ausgewiesen. Der größte Teil, nämlich 1,34 Milliarden Euro, sind die sogenannten Entflechtungsmittel. Das sind Kompensationszahlungen des Bundes an die Länder für die aufgrund der Föderalismusreform I von 2006 weggefallene Mischfinanzierung von Bund und Ländern. Die Mittel müssen in die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden investiert werden.
Verkehrsminister Scheuer ist auch für den Ausbau der digitalen Infrastruktur zuständig. Für diesen Bereich enthält der Etatentwurf 115,89 Millionen Euro (2017: 471,77 Millionen Euro). Die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre bis 2024 summieren sich auf 1,71 Milliarden Euro. Für die Luft- und Raumfahrt sind 374,1 Millionen Euro (2017: 573 Millionen Euro) eingeplant, davon 136 Millionen Euro für die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) und 138 Millionen Euro für die Deutsche Flugsicherung. (hau/sas/vom/15.05.2018)