Der Bundestag hat am Donnerstag, 14. Juni 2018, die Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) um ein Jahr verlängert. In namentlicher Abstimmung votierten 508 Abgeordnete für die Mandatsverlängerung. 136 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab vier Enthaltungen.
Damit können unverändert bis zu 800 Soldatinnen und Soldaten in dem südosteuropäischen Land eingesetzt werden, heißt es in dem Antrag der Bundesregierung (19/2384), zu dem der Auswärtige Ausschuss eine Beschlussempfehlung (19/2670) und der Haushaltsausschuss einen Bericht zur Finanzierbarkeit gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (19/2737) vorgelegt hatten.
Regierung: Lage überwiegend ruhig und stabil
Die Lage im Kosovo sei weiterhin „überwiegend ruhig und stabil“, allerdings verbleibe nach wie vor ein Konflikt- und Eskalationspotenzial insbesondere im Norden des Landes. Die kosovarischen Sicherheitskräfte seien zunehmend besser in der Lage, mit „sicherheitsrelevanten Situationen“ umzugehen. „So werden Großdemonstrationen von der kosovarischen Polizei professionell begleitet und gewaltsame Ausschreitungen mit polizeilichen Mitteln eingedämmt“, heißt es in der Vorlage.
Zu den Aufgaben der Bundeswehr gehören laut Antrag neben der Unterstützung der „Entwicklung eines stabilen, demokratischen, multiethnischen und friedlichen Kosovo“ die Unterstützung des Aufbaus der Kosovo Security Force beziehungsweise der Kosovo Armed Forces (KAF) „und anderer Akteure im Rahmen der Sicherheitssektorreform (SSR) unter Vorbereitung der weiteren Einbindung in euro-atlantische Strukturen“.
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag einen Entschließungsantrag der Linken (19/2704) ab, mit dem die Fraktion die Bundesregierung unter anderem auffordern wollte, die Bundeswehr sofort aus dem Kosovo abzuziehen und sich innerhalb der Nato für das Ende der Sicherheitspräsenz einzusetzen.
Menschenrechtsverletzungen im Kosovo müssten klar benannt werden. Die Verfolgung von Serben im Nordkosovo und weiteren Enklaven durch großalbanische Nationalisten müsse unmissverständlich verurteilt werden, so die Fraktion. Auch sollte das Kosovo aufgrund der „prekären Menschenrechtslage“ für Serben und Roma nicht mehr als sicheres Herkunftsland geführt werden.
SPD: Gutes Beispiel, wie es gehen kann
Während der Debatte bezeichnete Gabi Weber (SPD) den KFOR-Einsatz und das damit einhergehende Engagement der Bundeswehr als „gutes Beispiel dafür, wie es gehen kann“. Es sei gelungen, in dem Land ein stabiles Umfeld zu schaffen. Die KFOR-Kräfte seien schon lange nicht mehr an Kampfhandlungen beteiligt und würden künftig nur noch beratende Funktionen wahrnehmen, sagte sie.
Im nächsten Jahr werde das Kontingent der Bundeswehr daher auch nur noch bei etwa 80 Soldaten liegen. Auch wenn die militärischen Aufgaben abgearbeitet seien, ächze das Kosovo aber unter Korruption und Kriminalität. Daher sei es gut, dass Eulex-Kosovo, also die Rechtsstaatlichkeitsmission der EU, um weitere zwei Jahre verlängert worden sei, befand Zimmer.
AfD: Kosovo ein gescheiterter Staat
Beim KFOR-Einsatz der Bundeswehr, der in sein 19. Jahr gehe, handle es sich um den zweittödlichsten Einsatz der Bundeswehr, sagte Dr. Anton Friesen (AfD). Dennoch sei der Zweck, das Kosovo zu stabilisieren, nicht erreicht worden, urteilte er und nannte das Kosovo einen gescheiterten Staat. „Der Aufbau einer multikulturellen Gesellschaft unter EU-Protektorat ist krachend gescheitert“, sagte Friesen.
Eine Teilung des Kosovos, wonach der Norden zu Serbien und der Süden zu Albanien, gehören würde, wäre aus Sicht des AfD-Abgeordneten eine schwere, aber auch eine nachhaltigere Lösung „statt des ewigen Durchwurschtelns dieser Bundesregierung“.
CDU/CSU: Ein Normalisierungsdialog findet statt
Auch wenn die Lage im Kosovo weitestgehend ruhig und stabil sei, bleibe „besonders im Norden“ das Konflikt- und Eskalationspotenzial erhalten, sagte Nikolaus Löbel (CDU/CSU). Es gehe um ein Ausgleiten des Mandats. Benötigt werde eine politische Begleitung der Konfliktlösung. Zwischen dem Kosovo und den Serben finde ein Normalisierungsdialog statt, sagte Löbel. „Dabei steht es uns nicht zu, an der Landkarte einen Trennstrich zu ziehen“, betonte er.
Das Kosovo sei kein gescheiterter Staat, widersprach Löbel seinem Vorredner. Es sei der zweitjüngste Staat der Welt und brauche Hilfe. „Es braucht eine europäische Perspektive“, sagte der Unionsabgeordnete.
FDP: Strukturelle Probleme bis heute nicht gelöst
Anders als von SPD und Union beschrieben, sei die Lage im Kosovo fragil, urteilte Renata Alt (FDP). Korruption, Vetternwirtschaft und organisierte Kriminalität seien „strukturelle Probleme, die bis heute nicht gelöst wurden“, sagte sie. Die anhaltend hohe Jugendarbeitslosigkeit sei eine zusätzliche Herausforderung.
Den KFOR-Einsatz zu beenden, würde aus Sicht der FDP-Abgeordneten ein verheerendes Signal für die Sicherheit und Stabilität in Europa darstellen. „Der Balkan hat schon einmal gebrannt“, warnte sie. Eine Destabilisierung des Kosovos dürfe nicht zugelassen werden. Andererseits dürfe der KFOR-Einsatz auch keine Dauerlösung werden.
Linke: Es herrschen weder Frieden noch Stabilität
Zaklin Nastic (Die Linke) sagte, in den vergangenen 19 Jahren seien zwar Milliarden an Wirtschaftshilfe im Kosovo versackt, das Militär noch immer im Land stationiert, „doch es herrschen weder Frieden noch Stabilität“. Dieser künstlich geschaffene Staat sei der wirtschaftlich abhängigste in Europa. Er werde „zu Recht“ von mehr als 80 Ländern der Vereinten Nationen nicht anerkannt, urteilte sie.
Nastic übte rückblickend Kritik an SPD und Grünen für den „deutschen Angriffskrieg“ auf Serbien. Das sei sowohl ein Bruch des Grundgesetzes als auch ein Bruch des Völkerrechts gewesen, urteilte die Linken-Abgeordnete.
Grüne sprechen von einem „Abzugsmandat“
Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem „Abzugsmandat“. Dass 2019 nur noch 70 deutsche Soldaten im Nato-Hauptquartier in Pristina stationiert sein sollen, mache ihrer Fraktion die Zustimmung „leichter als bisher“, sagte sie.
Keul räumte ein, dass der Angriff auf Serbien 1999 ohne völkerrechtliche Grundlage erfolgt sei. Die Stationierung der KFOR-Truppen nach dem Krieg sei aber mit dem Mandat das UN-Sicherheitsrates erfolgt, betonte die Grünen-Abgeordnete. (hau/ahe/vom/14.06.2018)