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Parlament nimmt mit Mehrheit Antrag zum Schutz Staatenloser an

Die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für ein Ende der Gewaltexzesse gegen die Rohingya und deren vollständige Anerkennung als gleichberechtigte Volksgruppe in Myanmar (Burma) ein. Das geht aus einem gemeinsamen Antrag der vier Fraktionen (19/1708) hervor, der am Donnerstag, 7. Juni 2018, mit der breiten Mehrheit der Antragsteller und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der AfD-Fraktion angenommen wurde. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Menschenrechtsausschusses (19/2115) zugrunde. 

Ein weiterer Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Staatenlosigkeit weltweit abschaffen – Für das Recht, Rechte zu haben“ (19/1688) wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP, AfD gegen die Stimmen der Grünen und Linken abgelehnt. Der Abstimmung lag eine weitere Beschlussempfehlung des Menschenrechtsausschusses (19/2583) zugrunde.  

688.000 Menschen aus Myanmar geflohen

Seit Ende August 2017 sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR über 688.000 Menschen aus Myanmar nach Bangladesch geflohen, heißt es in dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen (19/1708, 19/2115). „Auslöser war die massive Gewaltanwendung durch das myanmarische Militär und lokale Bevölkerungsgruppen insbesondere in Reaktion auf einen koordinierten Angriff auf 30 Polizei- und Armeeposten im Norden der myanmarischen Küstenprovinz Rakhine, zu dem sich die ,Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA)' bekannte“, heißt es in der Vorlage wörtlich. 

Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen seien Tausende bei gewalttätigen Übergriffen in Myanmar zu Tode gekommen. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ spricht von mindestens 6.700 Toten, von Massakern, systematischen Vergewaltigungen und von in Brand gesetzten Dörfern.

Bürgerliche und politischen Rechte für die Rohingya

Die Abgeordneten wollten die Bundesregierung unter anderem auffordern, gegenüber der myanmarischen Regierung darauf hinzuwirken, dass Menschenrechtsverletzungen – insbesondere solche, die durch Staatsorgane oder mit deren Duldung begangen wurden – sofort gestoppt und juristisch aufgearbeitet, die Opfer entschädigt und die Täter verurteilt werden. Humanitären Hilfsorganisationen müsse uneingeschränkter Zugang nach Rakhine gewährt werden.

Außerdem müssten die Rohingya die vollen bürgerlichen und politischen Rechte und damit auch die Staatsangehörigkeit Myanmars erhalten. Im Rahmen der Vereinten Nationen sei die Bundesregierung aufgefordert, sich weiterhin für die Aufklärung von Hinweisen auf und Dokumentation von Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen bis hin zu Elementen des Völkermords sowie für die Deckung des humanitären Bedarfs von 951 Millionen US-Dollar im Jahr 2018 einzusetzen.

Linke fordert mehr Einsatz für Staatenlose 

Die Fraktion Die Linke lenkt in ihrem Antrag (19/1688) den Blick vom Schicksal der Rohingya auf das Staatenloser allgemein und wollte von der Bundesregierung mehr Engagement für die Abschaffung von Staatenlosigkeit einfordern. Weltweit gibt es laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR zehn Millionen Menschen, die keine oder keine anerkannte Staatsangehörigkeit besitzen, heißt es in der Vorlage. 75 Prozent der weltweit bekannten staatenlosen Bevölkerungsgruppen gehörten zugleich Minderheiten an.

„Die größte Gruppe von Staatenlosen weltweit und eine der meistverfolgten Minderheiten lebt in Myanmar. 800.000 Rohingya wurde 1982 per Gesetz die Nationalität entzogen“, schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag. Dies sei eine Ursache für die Gewaltausbrüche seit August 2017 gegen die Rohingya in Myanmar. Auch in Bangladesch, wohin die meisten Rohingya geflüchtet seien, dürften die Menschen weder arbeiten noch sich frei bewegen.

Blick nach Deutschland

Die Abgeordneten wollten die Bundesregierung daher unter anderem auffordern, Gesetzentwürfe vorzulegen, um „allen in Deutschland lebenden staatenlosen Menschen einen Status und Schutz zu gewähren und ihre Einbürgerung zu erleichtern“ und um allen Kindern von Flüchtlingen zu ermöglichen, „Geburtsurkunden zu erhalten und sich auf der Landesebene dafür einzusetzen, entsprechende Verfahren klar zu regeln“.

Außerdem sollte sich die Bundesregierung gegenüber allen Staaten unter anderem dafür einsetzen, dass diese die Einbürgerung oder Bestätigung der Staatsangehörigkeit für staatenlose Minderheiten, die sich im Hoheitsgebiet aufhalten, erleichtern, dass Kindern, die sonst staatenlos würden, die Staatsangehörigkeit des Landes gegeben wird, in dem sie geboren wurden, und dass alle Geburten registriert werden, um Staatenlosigkeit zu vermeiden. Außerdem sollten Gesetze und Praktiken abgeschafft werden, mit denen Personen die Staatsangehörigkeit aufgrund ihrer Ethnie, Religion oder Sprache verweigert oder entzogen werden kann. (ahe/nal/07.06.2018)

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