Parlament

Fach­gespräche beim Deutsch-Israeli­schen Parlamentarier­forum

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble, CDU/SU, empfängt eine Delegation der Teilnehmer des dritten Deutsch-Israelischen Parlamentarierforums, zu einem Gespräch.

Deutsche und israelische Abgeordnete beim Parlamentarierforum im Bundestag: vorne Knesset-Vizepräsident Nachman Shai mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (DBT/Melde)

Abgeordnete des israelischen Parlaments, der Knesset, sind am Donnerstag, 7. Juni 2018, im Berliner Reichstagsgebäude Berlin mit Mitgliedern des Bundestages zum dritten Deutsch-Israelischen Parlamentarierforum zusammengekommen. Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble begrüßte die Gäste und ihren Delegationsleiter, Knesset-Vizepräsident Nachman Shai, zu Beginn des Treffens.

Jährliche Arbeitstreffen vereinbart

In mehreren intensiven Arbeitssitzungen tauschten sich die Parlamentarier zu Themen wie „Soziale Medien und politische Kommunikation“, „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Demokratie“ sowie „Perspektiven der bilateralen parlamentarischen Zusammenarbeit“ aus. Beide Seiten waren sich schnell einig, dass die rasante Digitalisierung in allen Lebensbereichen und die zunehmende Kommunikation über soziale Netzwerke die Politik vor große Herausforderung stellt – im Spannungsfeld zwischen Demokratie und Transparenz auf der einen und Datenschutz und Cybersicherheit auf der anderen Seite.

Das Format eines jährlichen Parlamentarierforums kam 2015 aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zustande. Die Präsidien von Knesset und Bundestag verständigten sich darauf, ein jährliches Arbeitstreffen zu einem vereinbarten Thema zu veranstalten, das zwischen Abgeordneten der Knesset und des Bundestages erörtert wird. Die Beratungen finden alternierend im deutschen und israelischen Parlament statt. Dieses Treffen am 7. Juni war die dritte Begegnung im Rahmen dieser Foren.

„Antisemitismus zu bekämpfen ist Verpflichtung“

Bundestagspräsident Schäuble lobte die daraus bereits entstandenen sehr vertrauten Beziehungen. Bereits im Vorfeld hatte er angesichts verschiedener antisemitischer Übergriffe in Deutschland in den vergangenen Monaten vor einer stärker werden Judenfeindlichkeit auch durch Migration gewarnt. Antisemitismus zu bekämpfen, sei Verpflichtung und gehöre geradezu zum Gründungskonsens der Bundesrepublik Deutschland, so Schäuble.

Demokratie sei die gemeinsame Sprache, und am Ende gehe es beiden Ländern darum, diese auf allen Ebenen zu stärken und dabei voneinander zu lernen, unterstrich Nachman Shai, der auch Vorsitzender der Israelisch-Deutschen Parlamentariergruppe ist. Er bezeichnete das dritte gemeinsame Parlamentarierforum als neue Etappe im parlamentarischen Dialog, gerade weil es dabei nicht nur um einen politischen Austausch, sondern um zivilgesellschaftliche Themen gehe. Auch diesmal tauschten sich beide Seiten am Rande der Fachthemen über die anhaltenden Probleme durch Migration in Deutschland und Israel aus; die israelische Seite betonte die Sorgen vor einer nuklearen Bedrohung durch den Iran.

Facebook muss Verantwortung für Inhalte übernehmen“

Zum Thema „Soziale Medien und politische Kommunikation“ erläuterte Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) das 2017 beschlossene Netzwerkdurchsetzungsgesetz: „Aus unserer Sicht darf ein großer Plattformbetreiber wie Facebook nicht nur die vorhandenen Freiheiten unternehmerisch nutzen und Geld verdienen, sondern er muss auch die Verantwortung für die Inhalte dort übernehmen.“ Die Abgeordneten der Knesset bestätigten, dass es auch in Israel Regelungsbedarf gebe, um zum Beispiel sogenannte Hate Speech oder anonymen Diffamierungen zu begegnen.

Im Gespräch zu „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Demokratie“ machte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) deutlich, dass „es angesichts der rasanten Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen ein Gebot der Politik ist, diese Entwicklung mit gesetzgeberischen Leitplanken zu begleiten“, denn schließlich würden Daten nicht nur erhoben und gesammelt, sondern auch zu negativen Zwecken benutzt und mit ihnen Handel betrieben. Die Digitalisierung berge sicherlich große Chancen, aber eben auch riesige Gefahren. Dies sei einer der Gründe für die gerade in Kraft getretene europäische Datenschutz-Grundverordnung. 

„Fairen Wettbewerb und gegenseitiges Vertrauen erhalten“

In diesem Zusammenhang diskutierten die Teilnehmer auch erwartete massive Veränderungen in der Arbeitswelt, den künftigen Schutz der Arbeitnehmer und die Frage der Besteuerung, wenn beispielsweise gar nicht mehr klar sei, wo auf der Welt bestimmte Arbeitsschritte von „Cloud-Workern“ erledigt werden. Am Ende gehe es darum, unter diesen neuen Rahmenbedingungen international trotzdem einen fairen Wettbewerb und damit gegenseitiges Vertrauen zu erhalten, unterstrich Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag.

Lambsdorff sieht für kommende Foren zahlreiche bilaterale Themen und nannte auf politischer Ebene etwa den Nahostkonflikt, die Rolle des Irans, Antisemitismus in Europa oder auch die Mitarbeit Israels in multilateralen Organisationen. Auf parlamentarischer Ebene lobte er die intensive Befassung der deutschen Abgeordneten mit der Entwicklung Israels: die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe sei in dieser Legislaturperiode von 58 auf 94 Mitglieder angewachsen.

Gespräche mit Digital-Experten

Neben Pau, Oppermann und Graf Lambsdorff nahmen für den Bundestag noch folgende Abgeordnete teil: Dr. Norbert Röttgen, Tankred Schipanski (beide CDU/CSU), Dr. Jens Zimmermann (SPD), Uwe Kamann (AfD), Dr. Konstantin von Notz, Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) und Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP).

Am Freitag, 8. Juni, folgten im Rahmen des dritten Deutsch-Israelischen Parlamentarierforums noch Gespräche der Abgeordneten mit Digital-Experten aus dem Axel-Springer-Verlag. (haa/08.06.2018)

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