Aktuelle Stunde

Streit um See­hofers Master­plan Migra­tion„ stößt auf scharfe Kri­tik

Der Streit zwischen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) um dessen „Masterplan Migration“ und eine etwaige Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze stößt im Bundestag beim Koalitionspartner SPD wie bei den Oppositionsfraktionen auf scharfe Kritik. Dies wurde am Freitag, 15. Juni 2018, in einer von der FDP-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde zur „Haltung der Bundesregierung zum sogenannten Masterplan: Wie geht es weiter mit der Flüchtlings- und Integrationspolitik in Deutschland?“ deutlich.

FDP: Schwächstes Regierungsmanagement

Dr. Marco Buschmann (FDP) sprach dabei vom schwächsten Regierungsmanagement, „das dieses Haus je gesehen hat“. Dabei gebe das Grundgesetz eine eindeutige Antwort „auf eine solche Lage“. Nach Artikel 65 entscheide die Bundesregierung als Kollegialorgan. „Über Meinungsverschiedenheiten wird im Kabinett entschieden – entweder durch Beschluss oder durch Richtlinienkompetenz“. 

Die Bundesregierung solle die Streitfragen auf einem dieser beiden Wege lösen. Das Bild, das die Regierung abgebe, werfe ein „schlechtes Licht auf die Fähigkeit demokratischer Institutionen insgesamt“.

AfD: Seehofers Vorschlag völlig ungenügend

Dr. Gottfried Curio (AfD) sagte, wo Seehofer nur bereits registrierte Flüchtlinge zurückweisen wolle und „nicht einmal das rechtlich Gebotene“ fordere, stelle sich Merkel „schon quer“. Seehofers Vorschlag sei aber völlig ungenügend. „Die Betrüger werden sich einfach nicht mehr vor Erreichen Deutschlands registrieren lassen“, fügte Curio hinzu. 

Wenn Merkel erzähle, ihre „gänzlich offene Grenze“ sei vorrangiges europäisches Recht, sei dies „Unsinn“. „Dublin III“ sei europäisches Recht. „Gerade da ist der Erstzutrittsstaat zuständig und nicht Deutschland“. Danach müssten alle zurückgewiesen werden, die aus einem anderen Erstzutrittsland kommen. Das sogenannte Dublin-System der EU anzuwenden, sei kein nationaler Alleingang. 

Linke: Gespenstische Diskussion

Ulla Jelpke (Die Linke) nannte die Diskussion um Seehofers Masterplan „gespenstisch“. Dieser Plan sei weder öffentlich bekannt noch seien alle Fraktionen über ihn informiert worden. Man erlebe eine „aufgeheizte Debatte ohne richtige Grundlage“, und genau das sei ihrer Überzeugung nach auch so geplant. 

„Der Innenminister will ein aufgeheiztes Klima schaffen, um sich im bayerischen Wahlkampf als Scharfmacher in Sachen Flüchtlingspolitik in Szene zu setzen – und das auf Kosten der Schutzberechtigten“, kritisierte Jelpke. Dies sei „unerträglich“.         

Grüne werfen CSU Unfähigkeit vor 

Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, es gehe darum, ob die europäischen Staaten in der Lage seien, gemeinsam Probleme zu lösen. Die CSU habe in der zurückliegenden Woche gezeigt, „dass sie lieber den Weg der ,Achse der Willigen' gehen will mit den Rechtspopulisten in Europa“. Damit beweise sie „ihre Unfähigkeit, für Deutschland Verantwortung zu übernehmen“ als ein Land, das für Humanität, Menschenrechte und den „europäischen Gedanken“ stehe.

Seehofer wolle keine Probleme lösen, sondern „Wahlkampf  in Berlin für Bayern machen“. Mit der Angst, die absolute Mehrheit in Bayern zu verlieren, stürze er Deutschland und Europa in eine Krise. Dies sei unverantwortlich.

SPD: CSU veranstaltet Chaostage

Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) sprach mit Blick auf die vierstündigen Sondersitzungen, zu denen die CDU- und CSU-Abgeordneten am 14. Juni getrennt zusammengekommen waren, von einer „Zumutung für den Koalitionspartner und für unser Land“. Seehofer habe „viele Baustellen“ und müsse keine neuen aufmachen. Vielmehr solle er umsetzen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei zum Thema Migration und Integration. 

Notwendig sei eine humanitäre Flüchtlingspolitik und Konsequenz bei der Rückführung derer, die kein Bleiberecht haben. Auch müsse man mit den Partnern zusammenarbeiten. Die CSU veranstalte indes „Chaostage, weil Sie Muffensausen haben wegen Ihrer Landtagswahl“.  

CDU/CSU: Kein Grund, in Panik zu verfallen

Detlev Seif (CDUCSU) sagte, das „Problem ist zu lösen, aber nicht binnen weniger Tage“. Es gebe auch gar keinen akuten Handlungsdruck, fügte Seif unter Verweis auf die sinkenden Flüchtlingszahlen hinzu. Diese seien zwar „immer noch zu hoch“, aber „kein Grund, jetzt in Panik zu verfallen“. Merkel habe bei dem Vorhaben, mit den betroffenen EU-Staaten bilaterale Vereinbarungen zur Rückübernahme zu treffen, „volle Unterstützung verdient“. Sollten sich die europäischen Partner indes gänzlich verweigern, müsse man „national nachsteuern“. 

Michael Kuffer (CDU/CSU) sagte, bei der Zurückweisung von Flüchtlingen, die bereits in einem anderen EU-Land vorstellig geworden seien, rede man von 50.000 bis 60.000 Fälle pro Jahr. Die Zurückweisung an der Grenze müsse „zum Maßnahmenpaket gehören, wenn wir nicht Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen wollen“. Die CSU sei überzeugt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen richtig und nötig sind. (sto15.06.2018)

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