AfD will „Recht der parteinahen Stiftungen“ ändern
Die AfD-Fraktion will die Arbeit der parteinahen Stiftungen und deren Finanzierung gesetzlich grundlegend neu regeln. In dem entsprechenden Gesetzentwurf (19/2674), über den der Bundestag am Freitag, 15. Juni 2018, in erster Lesung beriet, bezeichnet die Fraktion die bisherige Praxis als „rechtsstaatswidrig“. Die übrigen Fraktionen lehnten den Gesetzentwurf übereinstimmend ab und warfen der AfD vor, lediglich selbst frühzeitig in den Genuss staatlicher Gelder kommen zu wollen für ihre zu gründende eigene Stiftung. Der Bundestag überwies den Gesetzentwurf „über die Rechtsstellung und die Finanzierung parteinahen Stiftungen“ (19/2674) nach erster Aussprache zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat.
„Aktueller Zustand rechtsstaatswidrig“
Die AfD hält es für verfassungsrechtlich geboten, dem Status und dem Finanzierungssystem der parteinahen Stiftungen eine rechtliche Grundlage zu geben. Den aktuellen Zustand bezeichnet sie als rechtsstaatswidrig. Dem Kernprinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung müsse auch auf dem sensiblen Feld der materiellen Unterstützung parteinaher politischer Aktivitäten mit dreistelligen Millionenbeträgen Rechnung getragen werden.
Die parteinahen Stiftungen erhalten laut AfD erhebliche öffentliche Mittel. Ihrer Rechtsnatur nach seien sie bis auf eine Ausnahme Vereine. Sie würden in Form von „Globalzuschüssen“ aus dem Haushalt des Bundesinnenministeriums und zusätzlich als „Projektfördermittel“ vom Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, vom Auswärtigen Amt und anderen staatlichen Stellen gezahlt.
AfD: Verfassungswidrige Grauzone
Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming warf den parteinahen Stiftungen vor, sie operierten in einer „verfassungswidrigen Grauzone“. Obwohl die Stiftungen einen wichtigen Beitrag für die politische Bildungsarbeit leisten würden, seien sie keine staatlichen Institutionen und auch nicht im Grundgesetz genannt. Dennoch erhielten sie erhebliche öffentliche Mittel aus dem Bundeshaushalt, im vergangenen Jahr mehr als 581 Millionen Euro.
Über die Vergabe der Mittel werde in „Kungelrunden“ während der Haushaltsberatungen entschieden, kritisierte Frömming. Er zitierte aus den Empfehlungen der Sachverständigenkommission zur Parteienfinanzierung, die 1992 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker eingesetzt worden war: „Eine Einstellung von Zuwendungen allein in einem Haushaltsplan reicht nicht aus; denn dies geschieht, ohne dass die Öffentlichkeit hinreichend Gelegenheit hätte, davon Kenntnis zu nehmen. Der aus dem Demokratieprinzip fließende Gesetzesvorbehalt verlangt deswegen eine öffentlichkeitswirksames Gesetzgebungsverfahren auch für die Finanzierung der parteinahen Stiftungen.“
Frömming stellte zudem das Engagement der Stiftungen im Ausland infrage. Die fünf Stiftungen von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken unterhielten inzwischen annähernd 300 Repräsentanzen im Ausland und damit mehr als Deutschland Botschaften habe.
CDU/CSU: Haushaltsausschuss keine „Kungelrunde“
Marc Henrichmann (CDU/CSU) wies die Kritik der AfD zurück. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sei keine „Kungelrunde“ und die Haushaltsberatungen des Parlaments hätten die höchste nur denkbare demokratische Legitimation. Zudem würden auch Forschungseinrichtungen Geld aus dem Bundeshalt bekommen, ohne dass dafür eine eigene gesetzliche Grundlage nötig wäre.
Henrichmann bezweifelte zudem, dass der Bund überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für die parteinahen Stiftungen habe. Diese seien schließlich im Bereich der Bildung angesiedelt, und die Bildungspolitik sei nach der Föderalismusreform von 2006 Sache der Bundesländer.
„Lex AfD ist abzulehnen“
Henrichmann und Abgeordnete der SPD, FDP, der Linken und Grünen warfen der AfD vor, mit ihrer Gesetzesinitiative lediglich früher als üblich an staatliche Gelder für ihre eigene zu gründende Stiftungen gelangen zu wollen. Deshalb habe sie in den Entwurf geschrieben, dass Stiftungen von Parteien Mittel aus dem Bundeshaushalt erhalten, „wenn die der Stiftung nahestehende Partei zwei Mal in Folge in Fraktionsstärke in den Deutschen Bundestag einzieht oder parallel zum erstmaligen Einzug in Fraktionsstärke in den Bundestag ebenfalls in Fraktionsstärke in mindestens acht Landtagen vertreten ist“.
Die AfD habe den Gesetzentwurf an ihre eigene Situation angepasst, „um schneller an die Fleischtöpfe zu gelangen“, warf Henrichmann der Fraktion vor. Nach der bisherigen Regelung sei dies erst möglich, wenn eine Partei mindestens zwei Legislaturperioden im Bundestag vertreten war. Eine „Lex AfD“ sei abzulehnen, hieß es auch aus den anderen Fraktionen.
FDP: Parteinahe Stiftungen „Säulen der Demokratie“
Linda Teuteberg (FDP) bezeichnete die parteinahen Stiftungen als „Säulen der Demokratie“. Sie förderten durch ihre Arbeit die Demokratie und die Freiheit weltweit. Es sei infam, wenn die AfD behaupte, die Stiftungen arbeiteten intransparent.
Schließlich müssten sie jedes Jahr Rechenschaftsberichte über ihre Arbeit und ihre Finanzierung veröffentlichen. Diese seien für jedermann zugänglich, sagte Teuteberg.
SPD: Stipendiaten-Förderung fehlt im Aufgabenkatalog
Die SPD-Parlamentarierin Sonja Amalie Steffen hielt der AfD entgegen, dass die von Weizsäcker eingesetzte Kommission nicht zu dem Ergebnis gekommen sein, dass die parteinahen Stiftungen rechtsstaatswidrig seien. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in keinem seiner Urteile zur Finanzierung der Stiftungen ein eigenes Gesetz eingefordert.
Steffen monierte zudem, dass die AfD die Stipendiaten-Förderung der Stiftungen nicht in den Aufgabenkatalog im Gesetzentwurf aufgenommen habe. Dies sei aber ein wichtiges und erhaltenswertes Instrument der Stiftungen.
Linke: AfD hat Gesetzentwurf weitestgehend abgeschrieben
Friedrich Straetmanns (Die Linke) warf der AfD vor, sie stimme ihre übliche Litanei über Finanzierung aus Steuergeldern und angeblich fehlende Rechtsstaatlichkeit an.
Ansonsten sei ihr Gesetzentwurf weitestgehend aus Artikeln von Staatsrechtlern „abgeschrieben“. Allerdings habe die Fraktion immer nur jene Passagen abgeschrieben, die ihr in den Kram passt.
Grüne für ein Parteienstiftungsgesetz
Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich dezidiert für ein Parteienstiftungsgesetz aus. Ihre Fraktion habe dies bereits in der Vergangenheit gefordert.
Der Gesetzentwurf der AfD sei aber nicht geeignet und in jedem Fall abzulehnen.(aw/15.06.2018)