Gleichbleibender Etat von sechs Milliarden Euro für die Landwirtschaft
Hohe Erwartungen an die kommende Wahlperiode prägten am Dienstag, 15. Mai 2018, die Debatte über den Etat 2018 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Laut Einzelplan 10 des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung (19/1700) stehen im laufenden Jahr dem Haus der neuen Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) rund 6,01 Milliarden Euro und damit 6,43 Millionen Euro mehr als im Jahr 2017 zur Verfügung. Die erst kürzlich ernannte Ministerin will damit die Ernährungskompetenz steigern, das Tierwohl verbessern, die Digitalisierung in der Agrarwirtschaft voranbringen und die Stärkung ländlicher Räume erreichen. Die Opposition forderte allerdings mehr Gestaltungswillen ein, denn das Budget verharre nahezu auf dem Niveau des Haushalts 2017.
Regierung setzt auf Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation
Hans-Joachim Fuchtel (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär für Ernährung und Landwirtschaft, hob hervor, dass die neue Bundesregierung mehr Geld in die Bereiche Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation für den ländlichen Raum durch das neue Programm zur Digitalisierung der Landwirtschaft investiere. Zusätzlich stehe der Haushalt in der Pflicht, rund 1,5 Milliarden Euro aufgrund von möglichen Einschränkungen im kommenden EU-Agrarhaushalt zu kompensieren.
Der Staatssekretär betonte, dass die Forschung zur Ernährung „tatkräftig ausgebaut“ werde und sich das Ministerium für eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung einsetze. „Der Anteil von Zucker und Fett muss klar sein“, sagte Fuchtel, der im Gespräch mit der Wirtschaft und den Produzenten auf freiwillige Lösungen setzt. Darüber hinaus werde für die Absicherung der Landwirte Sorge getragen, die mit fast vier Milliarden Euro einen bedeutenden Teil des Gesamtbudgets ausmache.
AfD bemängelt Verschwendung von Mitteln
Die überproportional ansteigenden Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich des Ministeriums und seiner untergeordneten Forschungseinrichtungen sowie Behörden kritisierte Dr. Birgit Malsack-Winkemann (AfD) scharf. Ein ineffizientes Geflecht von externen Forschungsaufträgen, rund 50 Millionen Euro Ausgaben für Messen und Aufklärung sowie teuren Forschungsprogrammen von zweifelhaftem Nutzen kreidete die Abgeordnete der Regierungskoalition an.
So sei der Mehrwert des Bundesprogrammes Ländliche Entwicklung mehr als fraglich, weil es in die Kompetenzen der Bundesländer eingreife. Mit dem Steuergeld sollen Zukunftskonzepte gefördert werden, doch tatsächlich würden in der Praxis Kaninchenställe und die Restaurierung alter Traktoren bezahlt. „Gute Geschäftsideen sollten sich aus eigener Kraft durchsetzen, wie es dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft entspricht“, mahnte Malsack-Winkemann.
SPD will Reduktionsstrategie für Fett und Zucker
Als Daueraufgabe begreifen die Sozialdemokraten den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. „Das bleibt ein ernstes Thema“, sagte Ursula Schulte (SPD). Ein Großteil davon entfalle auf die privaten Haushalte. Deshalb sei es notwendig, an der Ernährungs- und Verbraucherbildung festzuhalten. Der Griff zu Fertigprodukten werde immer selbstverständlicher und schade der Gesundheit vieler Menschen.
Deshalb sei auch die Entwicklung einer Reduktionsstrategie für Fett und Zucker im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden. „Noch hat die Industrie die Chance, die Reduktion freiwillig anzugehen“, sagte Schulte. Ansonsten könnte die Zuckersteuer kommen. Darüber hinaus sei vereinbart, dass bis zum Jahr 2019 ein Nährwertkennzeichnungssystem eingeführt werde, das die Verbraucher verstehen.
FDP kritisiert ineffizienten Einsatz der Steuergelder
Eklatante Schwächen im Haushalt monierte Ulla Ihnen (FDP), „denn die Quantität der Mittel steht über der Qualität der Maßnahmen“. Das Agrarministerium leiste sich „exorbitant teure Informationskampagnen“, die zweifelhaft seien. Ob durch die Millionen für die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ weniger Lebensmittel weggeworfen worden seien, sei nicht klar.
Die Abgeordnete kritisierte auch Ausgaben für die Förderung von Projekten zur ausgewogenen Ernährung in der Subsahara. „Ob diese Aufgabe nicht im Entwicklungsministerium besser aufgehoben sei“, fragte sie rhetorisch in Richtung Regierungskoalition. Auch die zivile Notfallreserve verschlinge jedes Jahr Millionen Euro, ist aber Ihnens Meinung nach gemessen an heutigen Erfordernissen nutzlos.
Linke moniert bürokratische Hemmnisse
Dass die Landwirtschaft nicht mehr ohne Subventionen funktioniert, stellte Heidrun Bluhm (Die Linke) fest. Die Landwirte und der ländliche Raum seien auf Hilfen angewiesen, doch das Geld komme nur zäh und zu langsam an. „Die Bundesländer rügen zu Recht die fehlende Flexibilität, die die Verwendung der Mittel erschwert“, sagte Bluhm mit Blick auf den damit verbundenen bürokratischen Aufwand.
Auch dass nur zwei Milliarden Euro von den insgesamt sechs Milliarden für die Förderung der ländlichen Räume übrig blieben, sei kein Ruhmesblatt. Dringend notwendig sei es, die Mittel schnell zur Verfügung zu stellen. Es brauche mehr Geld zur Lösung der drängendsten Probleme.
Grüne: Nachhaltige Landwirtschaft braucht mehr Geld
Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) zählte die Bundesregierung an, weil diese rund 1,5 Milliarden Euro für Investitionen in den ländlichen Raum verspreche. „Aber im Haushalt ist davon nichts zu sehen“, sagte der Abgeordnete. Sollte zudem etwas erreicht werden, wären allein 3,5 Milliarden Euro für den Umbau der Nutztierhaltung nötig, damit diese nachhaltiger werde und den Ansprüchen des Tierschutzes genüge.
„Die nachhaltige Landwirtschaft braucht mehr Geld“, kritisierte Ostendorff die für den Sonderrahmenplan Ländliche Entwicklung vorgesehenen Mittel von nur zehn Millionen Euro. „Das wird nicht reichen, um die Probleme auf dem Land zu lösen“, stellte er fest.
CDU/CSU: Leben auf dem Land attraktiver machen
Der Kritik der Opposition entgegnete Gitta Connemann (CDU/CSU), dass die Union sich immer stark für den ländlichen Raum gemacht habe und verlässlicher Partner sei. „Das Land ist weder Idylle noch ein Niemandsland“, sagte sie. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland lebe dort. Nur wenn das Leben auf dem Land attraktiver werde, könne die Landflucht gestoppt werden.
Die zahlreichen unterschiedlichen Programme verteidigte Connemann, denn für die vielen unterschiedlichen Regionen und deren Probleme brauche es maßgeschneiderte Lösungen. Auch die Informationskampagnen erklärte die Abgeordnete. Diese seien notwendig, aufgrund zunehmend verzerrter Bilder in der Öffentlichkeit vom Leben auf dem Land und Arbeiten in der Landwirtschaft. Einer Entfremdung zwischen Stadt- und Landbevölkerung müsse entgegengewirkt werden.
Landwirtschaftliche Sozialpolitik
Der Löwenanteil der Ausgaben des Ministeriums entfällt auf die landwirtschaftliche Sozialpolitik mit 3,95 Milliarden Euro (2017: 3,92 Milliarden Euro). Dazu zählen unter anderem die Alterssicherung der Landwirte mit 2,31 Milliarden Euro (2017: 2,34 Milliarden Euro), die Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte mit 1,41 Milliarden Euro (2017: 1,45 Milliarden Euro) und die Unfallversicherung der Landwirte mit 178 Millionen Euro (wie 2017). 765 Millionen Euro sind wie im Vorjahr als Bundesanteil an der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ vorgesehen.
Für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Ernährung sind 116,58 Millionen Euro vorgesehen (2017: 111,87 Millionen Euro), davon entfallen 99,54 Millionen Euro (2017: 94,25 Millionen Euro) auf das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Für Maßnahmen der Marktordnung und der Notfallvorsorge hat Ministerin Klöckner 162,14 Millionen Euro eingeplant (2017: 168,66 Millionen Euro). Davon entfallen 139,78 Millionen Euro auf die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2017: 146,6 Millionen Euro). Maßnahmen der Nachhaltigkeit, der Forschung und Innovation schlagen mit 374,4 Millionen Euro zu Buche (2017: 312,07 Millionen Euro), internationale Maßnahmen mit 73,9 Millionen Euro (2017: 75,18 Millionen Euro).
Behörden und Forschungsinstitute
Für das Julius-Kühn-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Quedlinburg im Harz, sind 94,34 Millionen Euro eingestellt (2017: 91,03 Millionen Euro). Das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Ostsee-Insel Riems, kann auf 111,72 Millionen Euro hoffen (2017: 106,74 Millionen Euro). 63,08 Millionen Euro (2017: 56,36 Millionen Euro) soll das Max-Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe erhalten.
Für das Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei in Braunschweig, sieht der Etatentwurf 85,05 Millionen Euro vor (2017: 96,51 Millionen Euro). 61,73 Millionen Euro sollen an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Braunschweig gehen (2017: 51,89 Millionen Euro), 20,66 Millionen Euro an das Bundessortenamt in Hannover (2017: 20,98 Millionen Euro). (eis/sas/vom/15.05.2018)