Finanzkrisen-Debatte: Warnungen vor der nächsten Krise
„Das internationale Finanzsystem ist zehn Jahre nach der Krise immer noch weit von Stabilität entfernt.“ Dies stellte Jörg Cezanne (Die Linke) in einer Finanzdebatte des Deutschen Bundestages am Freitag, 28. September 2018, fest. Und Cezanne blieb mit seiner Meinung in der Debatte nicht allein, auch wenn Redner der anderen Fraktionen zum Teil ganz andere Vorstellungen von der Stabilisierung hatten.
Linke: Regulierungen sind dringend geboten
Cezanne wies darauf hin, dass allein 2016 in Deutschland rund 3,2 Millionen neue Finanzprodukte im Bereich Schuldtitel, strukturierte Produkte und Zertifikate auf den Markt gebracht worden seien. „Das kann nicht so bleiben“, verlangte er.
Dass Schattenbanken wie der amerikanische Finanzkonzern Blackrock immer größer würden, sei „gefährlich und muss einschränkt werden“. Weitere Maßnahmen zur Regulierung seien daher „dringend geboten“.
Grüne: Finanzkrise ist nicht vorbei
Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, trotz der vielen Regulierungsmaßnahmen sei die Finanzkrise nicht vorbei – auch nicht in Deutschland. Er erinnerte an die derzeit laufenden Bemühungen zur Stabilisierung der NordLB.
Finanzkrisen könnten immer auch zu politischen Verwerfungen führen, warnte Schick. Es seien zwar wichtige Maßnahmen getroffen worden wie die Bankenunion, aber die Großbanken seien seit der Krise weiter gewachsen und die Menge an intransparenten Finanzprodukten habe weiter zugenommen.
CDU/CSU fordert Ende der Niedrigzinspolitik
Antje Tillmann (CDU/CSU) erinnerte, dass 40 Gesetze seit der Krise auf den Weg gebracht worden seien, um die Anleger besser zu schützen. Die Finanzinstitute seien zu höheren Eigenkapitalquoten verlasst worden, notleidende Kredite seien abgebaut worden. Aber die Unterschiede zwischen den Ländern seien noch zu groß.
Sie forderte, dass Banken Staatsanleihen mit Eigenkapital zu unterlegen müssten und würdigte die Bemühungen für die Einlagensicherung. Tillmann sprach sich zudem für ein Ende der Niedrigzinspolitik aus.
SPD fordert Maßnahmen zur Bankenregulierung
Metin Hakverdi (SPD) erinnerte: „Die Finanzkrise hat uns damals kalt erwischt.“ Die wichtigste Lehre aus der Krise laute, dass nicht einzelne Nationalstaaten mit den Problemen fertig werden könnten, sondern dies nur in europäischer und globaler Zusammenarbeit erfolgreich geschafft werden könnte.
Wenn Populisten behaupten würden, dass Nationalstaaten mit den Problemen fertig werden würden, „dann ist das Unsinn“. Hakverdi forderte weitere Maßnahmen zur Bankenregulierung.
AfD prophezeit eine Rezession mit folgender Depression
Stefan Keuter (AfD) sagte, der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, habe die heutige Situation als noch gefährlicher als vor zehn Jahren bezeichnet. Für Deutschland bauten sich durch Niedrigzins- und Geldmengenpolitik gigantische Risiko- und Haftungsrisiken auf, die Sparer hätten gigantische Verluste zu tragen.
Er prophezeite eine Rezession mit folgender Depression. Doch statt jetzt als Vorsorge für schlechte Zeiten zu sparen, verballere die Regierung das Geld. „Diese Regierung hat komplett versagt“, erklärte Keuter.
FDP: Mehr Regulierung habe nichts sicherer gemacht
„Wir haben in den letzten Jahren Wirtschaftswachstum mit noch mehr Schulden produziert“, erklärte Frank Schäffler (FDP). Mehr Regulierung habe nicht dazu geführt, dass Sparkassen und Bausparkassen sicherer geworden seien. Es gebe heute viel größere Probleme als vor zehn Jahren.
„Wenn wir das Problem nicht lösen, stehen wir am Vorabend der nächsten Finanzkrise“, sagte Schäffler, der ein Ende der Anleihekäufe der EZB und höhere Zinsen forderte. Das sei der einzige Weg, um aus der Krise herauszukommen.
Antrag der Linksfraktion
Der Bundestag überwies zwei Anträge von Oppositionsfraktionen an die zuständigen Ausschüsse. Die Federführung übernimmt der Finanzausschuss. Die Fraktion Die Linke fordert in ihrem Antrag (19/4241) umfangreiche Regulierungsmaßnahmen, um l eine erneute Finanzkrise zu verhindern. So wird gefordert, die Verhandlungen über die Einführung einer europäischen Finanztransaktionsteuer auf den Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten noch in diesem Jahr zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Auf EU-Ebene soll sich die Bundesregierung für die Einführung eines Finanz-TÜV für Finanzprodukte einsetzen.
Zudem verlangt die Fraktion, den Mindestlohn auf mindestens zwölf Euro anzuheben. Alle Banken sollen nach dem Vorbild von Sparkassen und Genossenschaftsbanken auf ein solides, auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und Realwirtschaft bezogenes Geschäftsmodell ausgerichtet werden. Im Antrag genannt werden die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, einfache und sichere Sparinstrumente sowie die Finanzierung öffentlicher und privater Investitionen. Das riskante Investmentbanking sowie das Kapitalmarktgeschäft sollen abgetrennt und abgewickelt beziehungsweise ganz eingestellt werden.
Antrag der Grünen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert ein Bündel von Maßnahmen, um eine neue Finanzkrise zu verhindern. In ihrem Antrag (19/4052) wird besonders eine stärkere Fusionskontrolle verlangt, damit verhindert wird, „dass Kreditinstitute zu groß zum Scheitern werden. Sind sie bereits zu groß, sollen sie entflochten werden.“
Weitere Forderungen sind die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Entschleunigung des Handels, die Schaffung eines geordneten Staateninsolvenzverfahrens sowie die Ausbremsung finanzmarktgetriebener Immobilienspekulationen. Förderpolitik und Kapitalanlagen des Bundes sollen auf die Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet werden. (hle/28.09.2018)