Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 11. Oktober 2018, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt.

Europäisches Forstinstitut: Der Bundestag hat der Finanzierung einer Niederlassung des Europäischen Forstinstituts (EFI) in Bonn mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/die Grünen gegen die Stimmen von AfD und FDP bei Enthaltung der Fraktion Die Linke zugestimmt. Die Bundesregierung hat dazu einen Gesetzentwurf (19/2858) vorgelegt, der das Abkommen vom 7. Dezember 2017 zwischen der Regierung und dem EFI über die Errichtung eines Büros in der Bundesrepublik auf eine gesicherte rechtliche Grundlage stellt. Darüber hinaus sollen die Rechte und Befugnisse des Instituts sowie seines Personals und der Delegationen seiner Mitglieder in Deutschland geregelt werden. Die Bundesregierung verpflichtet sich darin, in den nächsten zehn Jahren die Grundfinanzierung für das Büro von jährlich 250.000 Euro bereitzustellen. Außerdem sollen die Miet- und Unterhaltskosten für die Liegenschaft von rund 125.000 Euro jährlich sowie eine Sekretariatskostenpauschale von bis zu 50.000 Euro jährlich für das Büro übernommen werden. Das Land Nordrhein-Westfalen habe sich zudem verpflichtet, zu den Ausgaben der Herrichtung der anzumietenden Räumlichkeiten in Bonn einen finanziellen Beitrag in Höhe von bis zu 40.000 Euro zu leisten. Das EFI hat seinen Hauptsitz in Finnland und arbeitet das Forschungswissens in Europa im Bereich Wald und Umwelt für die Mitgliedstaaten und die europäischen Entscheidungsträger auf. Es ist eine internationale Organisation mit 26 Mitgliedsländern. Das EFI unterhält mehrere Büros in ganz Europa. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (19/4591) zugrunde.

Reform des Markenrechts: Die Abgeordneten haben mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linksfraktion gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der AfD und Grüne der Reform des Markenrechts zugestimmt. Die Bundesregierung hat dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Angleichung der Markenrechtsvorschriften (19/2898) vorgelegt. Die europäische Markenrechtsreform und das Markenrechtsmodernisierungsgesetz verfolgen danach das Ziel, ein kohärentes System von nationalen und EU-weiten Markenrechten zu etablieren. Oberstes Ziel sei das ausgewogene Nebeneinander von EU-Marke und nationaler Marke, heißt es in dem Entwurf. Weiter soll die Eintragung von Marken erleichtert und die wachsende Produktpiraterie effektiv bekämpft werden. Dazu musste die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Zusammen mit dem Entwurf übersandte die Bundesregierung als Anlagen die Stellungnahmen des Nationalen Normenkontrollrates und des Bundesrates sowie die Gegenäußerung des Bundesregierung zur Bundesratsstellungnahme. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (19/4879) zugrunde.

Steuerabkommen mit Tunesien: Der Bundestag hat mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Grüne bei Enthaltung der Linksfraktion dem Steuerabkommen mit dem nordafrikanischen Staat Tunesien zugestimmt. Dazu hatte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Februar 2018 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (19/4464) eingebracht. Doppelbesteuerungen würden bei grenzüberschreitender wirtschaftlicher Betätigung ein erhebliches Hindernis darstellen, heißt es in dem Entwurf. Beschlossen wurde unter anderem eine Reduzierung der Quellensteuer bei Dividenden und Schachtelbeteiligungen in bestimmten Fällen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zugrunde (19/4861).

Abschaffung der Hofabgabeklausel: Die Hofabgabeklausel soll nach dem Willen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Linken endgültig abgeschafft werden. Ein entsprechender Antrag beider Fraktionen (19/4856) wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen in den Landwirtschaftsausschuss überwiesen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirtinnen und Landwirte (sogenannte Hofabgabeklausel) endgültig und vollumfänglich streicht.

Freihandelsabkommen mit Singapur: Das Freihandelsabkommen der EU mit dem Stadtstaat Singapur (Ratsdokumente 1973 / 18, 7966 / 18) soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fair nachverhandelt werden. Auch Investitionsschutzabkommen sollen demnach abgelehnt werden. Dazu haben die Abgeordneten dem Bundestag einen Antrag (19/4849) vorgelegt, der mit der Mehrheit der Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen zur weiteren Beratung in den Wirtschaftsausschuss überwiesen und damit nicht direkt abgestimmt wurde. Die Bundesregierung solle die Unterzeichnung des Handelsabkommens im Rat der EU solange ablehnen, bis sichergestellt ist, dass es kein separates Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Singapur gibt, das Investor-Staat-Schiedsgerichte enthält. Auch müsse sichergestellt sein, dass der Pariser Klimavertrag im Handelsabkommen verankert wird, sodass ein Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen dazu führt, dass der Handelsvertrag gekündigt werden kann oder bei Nichteinhaltung gesetzlich verbindlicher Vorschriften des Pariser Klimaabkommens Sanktionen möglich sind. Sichergestellt werden müsse ebenso, dass das Nachhaltigkeitskapitel im Handelsabkommen mit Sanktionen bewehrt ist, sodass die darin enthaltenen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards besser durchgesetzt werden können.

Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht: Der Bundestag hat die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (19/4882) über die Abgabe einer Stellungnahme und die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten zu den Verfassungsbeschwerden 2 BvR 1685 / 14 und 2 BvR 2631 / 14 vor dem Bundesverfassungsgericht bei Enthaltung der Linksfraktion von den übrigen Fraktionen angenommen. Die Beschwerden richten sich gegen die EU-Verordnung Nr. 1024/2013 zur Einrichtung eines einheitlichen Benkenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM-VO), das zur Zustimmung ermächtigende Bundesgesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank vom 25. Juli 2013, die EU-Verordnung Nr. 806/2014 zur Einrichtung eines einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM-VO) und andere Sekundärrechtsakte der Bankenunion. Der Bundestag beschloss, in den Streitverfahren eine Stellungnahme abzugeben und den Bundestagspräsidenten zu bitten, einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen.

Überprüfung von Kohlendioxid-Einsparungen: Die Mehrheit des Bundestages hat mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP gegen die Stimmen der Linksfraktion und der Antragsteller gegen einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/3830) gestimmt, der die Bundesregierung auffordert, unverzüglich und wie gesetzlich vereinbart die Kohlendioxid-Einsparungen durch stillgelegte Kraftwerke zu überprüfen. Die Bundesregierung habe bestätigt, dass sie bis 30. Juni 2018 keine derartige Prüfung vorgenommen habe – obwohl dies so im Energiewirtschaftsgesetz verankert sei, begründen die Abgeordneten den Antrag. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zugrunde (19/4877).

Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag stimmte neun Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern zu, die beim Bundestag eingegangen und dort bereits beraten worden sind. Die Beschlussempfehlungen beziehen sich auf die Sammelübersichten 93 bis 101 des Petitionsausschusses (19/457319/457419/457519/457619/457719/457819/457919/458019/4581).

Reifendruckkontrollsysteme für Pkw

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, Reifendruckkontrollsysteme für Pkw nur noch dann zuzulassen, wenn auch ein Wechsel der für das Reifendruckkontrollsystem benötigten Batterie möglich ist. Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 26. September 2018 verabschiedete Beschlussempfehlung sieht vor, die Petition dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur „als Material“ zu überweisen.

Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. Außerdem soll die Vorlage den Fraktionen des Bundestags zur Kenntnis gegeben werden, da sie nach Ansicht des Petitionsauschusses „als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint“.

Praxis des Verschweißens der Batterie in der Kritik

Die Petition wird damit begründet, dass durch die heutige Praxis des Verschweißens der Batterie in den Sensoren ein Batteriewechsel unmöglich sei. Dadurch müsse jedes Mal – wenn die Batterie leer ist – ein neuer Sensor gekauft werden, auch wenn dieser gar nicht kaputt ist, schreiben die Petenten. Dies sei teuer und schade der Umwelt.

Wie der Petitionsausschuss in der Begründung zu der mehrheitlich verabschiedeten Beschlussempfehlung schreibt, müssen neu zugelassene Pkw seit November 2014 mit einem präzisen System zur Überwachung des Reifendrucks ausgerüstet sein, dass den Fahrer im Interesse eines optimalen Kraftstoffverbrauches und der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr warnt, wenn es in einem Reifen zu einem Druckverlust kommt. Die entsprechende Vorschrift lege nicht fest, ob Batterien in dem Sensor auswechselbar sein müssen, was bedeute, „dass es grundsätzlich zulässig ist, die Sensoren so zu gestalten, dass die Batterien ausgetauscht werden können“, heißt es in der Vorlage.

Batterieloses System ist technisch möglich

Um aber Wassereinflüsse auf die Funktion des Reifendruckkontrollsystems zu verhindern, müssten die Reifendrucksensoren absolut dicht sein, schreiben die Abgeordneten. Um diese Dichtheit zu erreichen würden die Batterien in den Sensoren daher meist vergossen. „In Hinblick auf die Verkehrssicherheit ist die Dichtheit der Sensoren zur Funktionsaufrechterhaltung höher zu werten als der Aspekt, die Sensoren so zu gestalten, dass Batterien austauschbar sind“, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Darin macht der Petitionsausschuss jedoch auch darauf aufmerksam, dass es bereits Systeme gebe, beispielsweise mittels einer Transponder-Technik im Sensor, die ganz ohne Batteriewechsel auskämen. „Technisch möglich ist ein batterieloses System also, so dass das Dichtungsproblem gelöst wäre“, urteilen die Parlamentarier. Pkw-Halter erhielten damit eine nachhaltige Lösung, die nicht nur Geld und Aufwand sparen, sondern auch unnötigen Müll vermeiden könne. (vst/hau/eis/11.10.2018)

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