Geschichte

6. November 1918: Bekannt­gabe der letzten Wilson-Note

Gelbes mit schwarzer, altdeutscher Schrift bedrucktes Papier, das mit einem Stempel versehen ist
Schwarzweißfotografie von neun Männern in Matrosenuniform hinter einem aus den Angeln gerissenen Gittertor
Schwarzweißfotografie von sechs in die Kamera blickenden Männern in Matrosenuniform vor einem geöffneten Gefängnistor

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Reichskanzler Max von Baden unterrichtet das deutsche Volk in einem Aufruf vom 6. November über die letzte Note des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson und die Abreise der deutschen Delegation. (Bundesarchiv)

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Revolutionäre Matrosen nach der Erstürmung des Marine-Militärgefängnisses in Wilhelmshaven am 6. November 1918 (Bundesarchiv)

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Matrosen nach der Gefangenenbefreiung bei der Demonstration am 6. November in Wilhelmshaven (Bundesarchiv)

Mittwoch, 6. November 1918

Aufgrund eines am Vormittag im Kriegskabinett gefassten Beschlusses reist die deutsche Waffenstillstands-Delegation unter Führung des parlamentarischen Staatssekretärs Matthias Erzberger (Zentrum) am Nachmittag von Berlin ins Alliierte Hauptquartier in Compiègne (Nordfrankreich, Département Oise), um über den Waffenstillstand zu verhandeln. 

Am 11. November kommt es zum Abschluss des Abkommens über die Einstellung der Kriegshandlungen. Reichskanzler Max von Baden unterrichtet das deutsche Volk in einem Aufruf über die letzte Note des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson und die Abreise der deutschen Delegation. Er warnt vor Unruhen und disziplinlosem Verhalten, da dies den Erfolg der Verhandlungen ernstlich gefährden könne. Er appelliert an die Deutschen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und „die bisher gewahrte Ordnung“ aufrechtzuerhalten.

Waffenstillstand ohne jede Verzögerung abschließen

Reichstagsfraktion und Parteiausschuss der Mehrheitssozialdemokratischen Partei fordern in einem gemeinsamen Beschluss, den Waffenstillstand ohne jede Verzögerung abzuschließen. Des Weiteren verlangen die Mehrheitssozialdemokraten eine Amnestie für militärische Vergehen und Straffreiheit für disziplinarische Vergehen der Mannschaften. Sie beharren auf einer weiteren unverzüglichen Demokratisierung der Regierung und der bundesstaatlichen Verwaltungen. 

Zudem erklären sie sich mit den von der Parteileitung unternommenen Schritten in der Kaiserfrage einverstanden und verlangen eine schnelle Regelung derselben. In einem in Berlin verteilten Flugblatt, in dem die Beschlüsse der Mehrheitssozialdemokraten mitgeteilt werden, sowie in einem weiteren Aufruf wird die Arbeiterschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgerufen. Die Partei warnt vor gewaltsamen Aktionen und dem Sturz der Regierung, da sie den Frieden und die Versorgung der Bevölkerung gefährdeten. 

Stattdessen ruft sie die Arbeiter zur Einigkeit, Besonnenheit und Disziplin auf. Nur so ließen sich die Ziele der Mehrheitssozialdemokratie, die Sicherung des Friedens und die friedliche Entwicklung zu Demokratie und Sozialismus, erreichen.

Besprechung der Kaiserfrage

Gegen Mittag kommen der stellvertretende Chef der Obersten Heeresleitung General Wilhelm Groener sowie Vertreter der mehrheitssozialdemokratischen Reichstagsfraktion und der Freien Gewerkschaften in der Reichskanzlei zu einer Besprechung über die Kaiserfrage zusammen. 

Der Vorsitzende der Mehrheitssozialdemokratischen Partei Friedrich Ebert führt hierzu aus, dass er und seine Partei bereit seien, sich mit einer Monarchie mit sozialem Einschlag und parlamentarischem System abzufinden. 

Deshalb rate er General Groener dringend, „die letzte Gelegenheit zur Rettung der Monarchie zu ergreifen und die schleunige Beauftragung eines der kaiserlichen Prinzen mit der Regentschaft zu veranlassen“. Nur so könne man „den Übergang der Massen in das Lager der Revolutionäre und damit die Revolution“ verhindern. 

Eberts Vorschlag wird abgelehnt

Ebert schlägt vor, dass der Kaiser spätestens am 7. November 1918 seine Abdankung bekanntgebe und – da der Kronprinz bei den Massen zu verhasst sei – einen anderen seiner Söhne mit der Regentschaft beauftrage.

Groener reagiert auf den Vorschlag Eberts schroff ablehnend. Eine Abdankung des Kaisers sei für ihn indiskutabel, da diese den kämpfenden Soldaten den Obersten Kriegsherrn und damit den autoritativen Halt nähme. Zudem sei keiner der Prinzen bereit, die Regentschaft zu übernehmen. Mit der Feststellung, dass sich unter diesen Umständen jede weitere Erörterung erübrige und die Dinge ihren Lauf nehmen müssten, beendet Ebert die Unterredung.

Aufstand für den 11. November geplant

Die Revolutionären Obleute in Berlin beschließen den Aufstand für den 11. November. Liebknechts Antrag, den Aufstand bereits am 8. November zu beginnen, wird abgelehnt.

Allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht für Männer

Nachdem aufständische Arbeiter in Bremen zum Generalstreik aufgerufen haben, beschließt die bürgerliche Stadtregierung im Eilverfahren die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts für Männer. Das von sozialdemokratischer Seite geforderte Wahlrecht für Frauen wird abgelehnt. 

Arbeiter- und Soldatenrat wird gebildet

Auch in Lübeck übernehmen Arbeiter und Soldaten die öffentliche Gewalt ohne Widerstand. Ein Arbeiter- und Soldatenrat aus Unabhängiger Sozialdemokratischer Partei (USPD) und Linksradikalen wird gebildet. In Schwerin besetzen revolutionäre Soldaten das Waffendepot sowie das Post- und Telegrafenamt. Ein Arbeiter- und Soldatenrat wird gebildet. 

Im Großherzogtum Oldenburg konstituiert sich nach Matrosendemonstrationen in Wilhelmshaven/Rüstringen ein Soldatenrat. In Hamburg und Lübeck haben die Aufrührer die Macht übernommen. Auch aus Hannover werden Unruhen gemeldet. (ww/06.11.2018)

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