Verteidigungsausgaben sollen um zehn Prozent steigen
4,38 Milliarden Euro, mehr als für das Jahr 2018 geplant war, soll Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) 2019 ausgeben dürfen. 42,9 Milliarden Euro (2018: 38,52 Milliarden Euro) an Ausgaben sind in dem im Regierungsentwurf für den Haushalt 2019 (19/3400) enthaltenen Etat für Verteidigung des Einzelplans 14 enthalten, den der Bundestag am Mittwoch, 12. September 2018, in erster Lesung beraten hat.
Geteiltes Echo bei der Opposition
Die Ministerin und Vertreter der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD begrüßten den geplanten Anstieg der Verteidigungsausgaben um 4,38 auf insgesamt 42,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Auf Seiten der Oppositionsfraktionen stieß der Regierungsentwurf auf ein geteiltes Echo. Während die Linksfraktion den geplanten Anstieg scharf kritisierte, hält ihn die AfD für deutlich zu niedrig.
Die FDP hielt der Ministerin vor, dass das ausgegebene Ziel, 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben, in der mittelfristigen Finanzplanung nicht erreicht werde. Die Grünen wiederum bezweifelten, dass die für Beschaffungen veranschlagten Gelder ausgeben werden könnten.
Ministerin: Größte Herausforderungen stehen noch an
Von der Leyen betonte in der Debatte, dass die Erhöhung des Wehretats im kommenden Jahr zwar eine „wichtige Etappe“, aber „nicht der Schlusspunkt“ sei. Die größten finanziellen Herausforderungen für die Modernisierung der deutschen Streitkräfte stünden erst noch an. Die Modernisierung und die Finanzierung der Bundeswehr erfolge auf Grundlage des „Weißbuches der Bundeswehr“ von 2016 und des jüngst vorgelegten „Fähigkeitsprofils der Bundeswehr“.
Als Prioritäten bezeichnete die Ministerin die Ausstattung der Soldaten mit ihrer persönlichen Ausrüstung und die Digitalisierung. Bis 2023 soll erst mal wieder eine Heeresbrigade der Bundeswehr über eine Vollausrüstung verfügen, sagte von der Leyen. Diese werde dann den Führungsverband in der Nato-Speerspitze (VJTF) stellen. Von der Leyen erinnerte daran, dass die Panzerlehrbrigade 9, die im kommenden Jahr den Führungsverband in der Speerspitze bildet, sich ihre Ausrüstung zu einem großen Teil aus anderen Einheiten leihen musste, um ihre Aufgabe zu erfüllen. In den sich anschließenden Jahren sollen dann insgesamt acht Brigaden der Bundeswehr wieder über eine Vollausstattung verfügen.
AfD: Truppe in einem kritischen Zustand
Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Rüdiger Lucassen, hielt der Verteidigungsministerin zugute, dass im vorgelegten „Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“ schriftlich fixiert sei, dass die Bundeswehr derzeit „nicht verteidigungsfähig“ und „nicht bündnisfähig“ sei. Die Truppe sei noch immer in einem „kritischen Zustand“, es fehle Personal in einer Größenordnung von 18.000 Soldaten, es mangele an Ersatzteilen und Infrastruktur.
Lucassen hielt der Ministerin vor, dass das von ihr ausgegebene Ziel von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung in den kommenden Jahren nicht erreicht werde. Im kommenden Jahr werde zwar eine Quote von 1,3 Prozent erfüllt, aber gemäß der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes sinke die Quote bis 2022 wieder ab. Lucassen forderte die Regierung auf, das von der Nato ausgegebene Zwei-Prozent-Ziel umzusetzen.
FDP: Regierung erfüllt selbstgesetzte Ziele nicht
Auch der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein monierte, dass die Bundesregierung die von ihr selbst ausgegebenen Ziele bei der Finanzierung der Bundeswehr nicht erfülle. Entweder nehme die Regierung die deutsche Öffentlichkeit oder die Verbündeten in der Nato nicht ernst.
Anstatt ehrliche Aussagen über die Finanzierung der Truppe zu machen, würden „Nebelkerzen“ wie im Fall der Diskussion über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht gezündet. Dabei könne die Wehrpflicht keine der Probleme der Truppe lösen, sondern verursache nur neue, argumentierte Klein.
Linke: Mehr Aufrüstung bringt nicht mehr Sicherheit
Auf völlige Ablehnung stieß die Erhöhung des Wehretats bei der Linksfraktion. „Mehr Aufrüstung bringt nicht mehr Sicherheit“, sagte die haushaltspolitische Sprecherin Dr. Gesinde Lötzsch. Den 15 Milliarden Euro für Beschaffungen, Materialerhalt und Wehrforschung stünden im Bundeshaushalt lediglich elf Milliarden Euro an zivilen Investitionen gegenüber. Dies sei ein Irrweg.
Lötzsch erinnerte in ihrer Rede an den früheren deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der einen Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland gefordert habe und gegen eine deutsche Beteiligung am Krieg in Libyen gewesen sei. Heute würden solche Standpunkte nur von der Linken vertreten.
Grüne: Jede vierte Stelle im Beschaffungsamt vakant
Dr. Tobias Lindner, Haushalts- und Verteidigungspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen, bezweifelte, dass die für militärische Beschaffungen eingeplanten Gelder im Haushalt überhaupt ausgegeben werden könnten. Er verwies darauf, dass derzeit ein Viertel aller Stellen im Beschaffungsamt vakant seien.
Auch der Bundesrechnungshof habe in seinem Bericht Zweifel daran geäußert, dass die Gelder ausgegeben werden könnten. In den vergangenen Jahren seien immer wieder die Mittel für Beschaffungen nicht abgeflossen, sagte Lindner.
SPD: Prioritäten der Minister sind richtig
Der SPD-Verteidigungspolitiker Dr. Fritz Felgentreu und der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte, begrüßten die Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Die Steigerung des Wehretats um fast zehn Prozent diene dem Ziel einer vollausgestatteten Truppe sagte Felgentreu.
Die Prioritätensetzung von Ministerin von der Leyen sei richtig, allerdings müsse die Ministerin im kommenden Jahr dann auch „liefern“. Die SPD-Fraktion werde dies genau im Auge haben, kündigte Felgentreu an.
CDU/CSU: Koalition investiert in die Sicherheit des Landes
Henning Otte sagte, die Koalition investiere in die Sicherheit des Landes: „Sicherheit ist zwar nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts.“ Otte verwies auf die schlechte Sicherheitslage im Mittleren Osten und Afrika.
Deutschland müsse auch einen militärischen Beitrag leisten, um die Stabilität der Länder in diesen Regionen zu gewährleisten, etwa durch Ausbildungsmissionen. Wenn die Probleme in Afrika nicht gelöst würden, „dann kommen die Probleme zu uns“, prophezeite Otte.
Knapp 19 Milliarden Euro für Personalausgaben
Auf Personalausgaben entfallen im Etatentwurf 18,83 Milliarden Euro (2018: 17,9 Milliarden Euro), auf militärische Beschaffungen, Anlagen und ähnliches 15,31 Milliarden Euro (2018: 12,3 Milliarden Euro). 565 Millionen Euro sind für die Beschaffung des Großraumtransportflugzeugs A 400 M vorgesehen (2018: 680 Millionen Euro), 700 Millionen Euro für die Beschaffung des Schützenpanzers Puma (2018: 650 Millionen Euro), 400 Millionen Euro für die Beschaffung des Waffensystems Eurofighter (2018: 373 Millionen Euro) und ebenfalls 400 Millionen Euro für die Beschaffung des Nato-Hubschraubers 90 (2018: 280 Millionen Euro).
Für die Materialerhaltung in der Bundeswehr sieht der Etatentwurf 4,03 Milliarden Euro vor (2018: 3,37 Milliarden Euro), davon allein 2,31 Milliarden Euro für die Erhaltung von Flugzeugen, Flugkörpern, Flugrettungs-, Sicherheits- und sonstigem flugtechnischen Gerät (2018: 2,01 Milliarden Euro).
Gut fünf Milliarden Euro für die Unterbringung
Für die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten soll Ministerin von der Leyen 5,32 Milliarden Euro ausgeben können (2018: 5,23 Milliarden Euro), darunter 2,57 Milliarden Euro für Mieter und Pachten (2018: 2,58 Milliarden Euro) und 1,13 Milliarden Euro für Baumaßnahmen (2018: 1,04 Milliarden Euro).
Die internationalen Verpflichtungen der Bundeswehr, unter anderem für die Nato und für Auslandseinsätze, schlagen mit 1,61 Milliarden Euro zu Buche (2018: 1,51 Milliarden Euro). (as/hau/12.09.2018)