Befragung der Bundesregierung

Hubertus Heil: Gesetzliche Renten­versiche­rung in sta­biler Ver­fassung

Die Bundesregierung sieht die gesetzliche Rentenversicherung in stabiler Verfassung. „Die gute Lage in Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt hat eine positive Wirkung auf die Rentenfinanzen“, sagte der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil (SPD), der den Rentenversicherungsbericht 2018 in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 28. November 2018, vorgestellte. Mit dem nun im Bundeskabinett beschlossenen Rentenversicherungsbericht informiert die Bundesregierung jährlich über die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Renten steigen 2019 erneut

„Auch im kommenden Jahr werden sich die Renten deutlich erhöhen“, kündigte Heil an. Konkret sollen sie dem Bericht zufolge zum 1. Juli 2019 um mehr als drei Prozent steigen. „Davon werden rund 20 Millionen Menschen profitieren“, sagte der Bundesarbeitsminister. 

Die Nachhaltigkeitsreserve in Höhe von voraussichtlich 38 Millionen Euro zum Jahresende sei ein „ordentliches Polster“ und so groß wie nie zuvor.

„Sicherungslinien wirken“

Die Finanzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in den kommenden Jahren sie maßgeblich vom kürzlich beschlossenen Rentenpaket geprägt, so Heil. „Die Modellrechnungen zeigen, dass die beiden Sicherungslinien, die wir mit dem Rentenpakt einführen, wirken. Bis zum Jahr 2025 beugen sie beim Sicherungsniveau einem Absinken unter 48 Prozent vor und verhindern beim Beitragssatz ein Überschreiten der Marke von 20 Prozent“, erklärte der SPD-Politiker. Mit der Grundrente für Geringverdiener und der Absicherung von Selbstständigen seien 2019 weitere rentenpolitische Reformen geplant.  

Demografische Herausforderungen bleiben

Längerfristig jedoch blieben die demografischen Herausforderungen bestehen, betonte der Minister. Nach 2025 wird der Beitragssatz den Modellrechnungen zufolge weiter bis auf 22,1 Prozent im Jahr 2030 steigen. 

Zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2032 soll er 22,5 Prozent betragen. Das Sicherungsniveau vor Steuern wiederum sinkt ab 2026 unter 48 Prozent. 44,9 Prozent beträgt es voraussichtlich zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2032.

AfD fragt nach Rentenniveau von 55 Prozent

Uwe Witt, Obmann der AfD im Ausschuss für Arbeit und Soziales, verwies auf aktuelle Daten einer Studie, der zufolge 63 Prozent des Einnahmen in Seniorenhaushalten aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammten, nur 22 Prozent aus der privaten Altersvorsorge. „Wäre es nicht angesichts dieser Zahlen nötig, das Sicherungsniveau auf 55 Prozent zu erhöhen?“, wollte der Abgeordnete wissen. 

Diese Meinung teilte der Minister nicht: „55 Prozent wären nicht zu finanzieren.“ Heil gab zudem zu bedenken, dass solche Statistiken nicht widerspiegelten, in welchen Verhältnissen die Menschen lebten und ob sie etwa über Wohneigentum verfügten.

FDP sieht Mehrbelastungen durch Rentenpaket

Johannes Vogel, Rentenexperte der FDP, zeigte sich skeptisch, ob das Rentenniveau über das Jahr 2032 hinaus wie von der Regierung prognostiziert zu halten sei. „Durch das Rentenpaket kommt es zu Mehrbelastungen, die dazu führen werden, dass die Haltelinie dann reißt“, hielt Vogel dem Minister vor und fragte: „Welche Maßnahmen schlagen Sie dann vor?“ 

Heil antwortete, dass die Bundesregierung rechtzeitig Vorschläge vorlegen werde. Klar sei, dass diese nicht allein die Rentenversicherung betreffen werden, sondern auch den Arbeitsmarkt. Bislang aber belege der Bericht deutlich, dass bis 2025 das Rentensicherungsniveau stabil sei. „Die Sicherungslinien halten.“

Linke zweifelt an Belastbarkeit der Modellrechnungen

Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, kritisierte die Annahmen, die den Modellrechnungen des Rentenberichts zugrunde gelegt wurden: „Das voraussichtliche Rentenniveau in den Jahren 2024 bis 2027 von 53 Prozent ist nur zu halten unter der Annahme, dass die Riester-Rente eine Rendite von vier Prozent bringt. Halten Sie dies wirklich für realistisch?“, hielt er dem Bundesminister Heil vor. 

Dieser stellte klar, dass es sich hier um Prognosen handele, denen man grundsätzlich „mit Vorsicht“ begegnen müsse. Modellrechnungen basierten aber nun einmal immer auf Annahmen, die regelmäßig überprüft werden müssten. Dies tue die Bundesregierung. Die Prognosen halte er deshalb für „solide“.

Mehr ältere Beschäftigte

Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Fraktion, erkundigte sich nach den Ergebnissen des gleichzeitig mit dem Rentenversicherungsbericht im Kabinett beschlossenen Dritten Berichts zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre: „Wie hat sich die Erwerbstätigkeit älterer Menschen entwickelt – und wurden die Erwartungen der Bundesregierung hier übertroffen?“ 

Dies bejahte Heil. Die Erwerbstätigenquote in der Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen sei seit 2000 stärker gestiegen als in allen anderen EU-Ländern, und zwar von 20 Prozent auf gut 58 Prozent im Jahr 2017. „Das ist bemerkenswert“, so der Minister.

Flexiblere Übergänge in den Ruhestand  

Markus Kurth, Sprecher für Rentenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, verwies angesichts der gestiegenen Zahl von älteren Erwerbstätigen darauf, dass vielen von diesen Arbeitnehmern nur in Teilzeit oder als Minijobber arbeiteten. „Dadurch zahlen sie weniger oder gar nichts in die Rentenversicherung ein“, kritisierte Kurth. „Was sagen Sie dazu?“ 

Heil betonte, es sei zunächst einmal ein „großer Erfolg von Rot-Grün“, dass überhaupt heute mehr ältere Menschen in Beschäftigung seien und so ihre Rente verbessern könnten. Es brauche allerdings flexiblere Übergänge in den Ruhestand.  

„Modellrechnungen auf Basis aktueller Daten und Beschlüsse“

Kerstin Tack, Obfrau der SPD im Ausschuss für Arbeit und Soziales, wollte vom Bundesarbeitsminister wissen, inwieweit in die Modellrechnungen auch aktuelle Maßnahmen der Bundesregierung mit einbezogen worden seien. 

Auch dies bestätigte Heil: Die Modellrechnungen basierten auf aktuellen Daten und Beschlüssen wie etwa dem Rentenstärkungs- oder dem Qualifizierungschancengesetz. (sas/28.11.2018)

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