Breite Unterstützung für Kulturförderung im ländlichen Raum
Die Große Koalition will die Kultur im ländlichen Raum stärken. Damit ist die Opposition zwar einverstanden, bemängelte im Bundestag aber am Donnerstag, 31. Januar 2019, dass der dazu vorgelegte Antrag (19/7426), der zur Beratung in den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen wurde, zu unkonkret bleibe.
CDU/CSU: Jeder hat das Recht auf kulturelle Teilhabe
In ihrer Rede unterstrich die CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann, dass mit 40 Millionen Menschen mehr als die Hälfte der Einwohner Deutschlands in ländlichen Räumen lebe. Das Kulturleben dort sei „enorm“ und wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Antrag der Koalition habe das Ziel, unter Berücksichtigung der Kulturhoheit der Länder die Kultur im ländlichen Raum auszubauen und zu bewahren – denn jeder Mensch habe das Recht auf kulturelle Teilhabe, unabhängig davon, ob er in einer Millionenstadt oder einem Dorf mit 1.000 Einwohnern lebe. Motschmann sagte, es gebe dafür „superschöne Ideen“ wie etwa mobile Theater, Kino in Kirchen oder Fahrbibliotheken. Es sei ein Anliegen der Regierungskoalition, etwa das „Kinosterben“ zu stoppen, Kulturorte zu schaffen und Denkmäler zu bewahren.
SPD: Perspektivwechsel bei der Kulturförderung
Für die SPD betonte Martin Rabanus, der Antrag markiere ein neues Verständnis in der Bundeskulturpolitik, die sich lange auf die Hauptstadtförderung beschränkt habe. Damit komme man auch der Forderung nach gleichwertigen Lebensverhältnissen in Stadt und Land nach; dies sei ein „Signal“.
Aus Sicht seiner Partei sei Kultur ein „öffentliches Gut“, zu dem „alle Zugang haben müssen“. Man wolle die kulturellen Schätze der Regionen fördern und stärken und so die Lebensqualität außerhalb der Metropolen verbessern.
AfD: Ökonomisches Kulturverständnis
Der Antrag erhielt von den Oppositionsfraktionen sowohl Lob als auch Kritik. Dass es nun heiße, Deutschland sei eine Kulturnation, sei ein „erfreuliches Bekenntnis“, sagte für die AfD Dr. Götz Frömming.
Er warf der Koalition jedoch ein „ökonomisches Kulturverständnis“ vor: Mit dem „dämlichen“ Wort Kulturschaffende werde auf die Bedürfnisse einer bestimmten Klientel abgezielt, darauf deuteten auch „Signalwörter“ im Antrag wie Nachhaltigkeit, Integration und Teilhabe hin. Er aber lehne es ab, die Bevölkerung im ländlichen Raum „umerziehen“ zu wollen.
FDP: Problemanalyse fehlt
Für die FDP lobte Hartmut Ebbing, nach 20 Jahren, in denen die Bundeskulturförderung den Fokus auf „prestigeträchtige urbane Projekte“ gelegt habe, sei es zu begrüßen, dass nun der Blick auf den ländlichen Raum geweitet werde. Allerdings erinnere der Antrag der Koalition an eine „kunterbunte Patchwork-Decke“: Damit aber würden strukturelle Probleme nicht gelöst.
Die Koalition konzentriere sich auf Bestandssicherung, ohne die Gründe in den Blick zu nehmen, die die Probleme verursacht hätten. Zudem bemängelte Ebbing fehlende Neuerungen: So schrammten die Vorschläge zum Punkt Bibliotheken „an der Realität vorbei“: Gerade auf dem Land müssten digitale Angebote, die Menschen den Zugang zu Literatur online gewähren, verfolgt werden.
Linke will Staatsziel Kultur
Die Kulturpolitikerin der Linken Brigitte Freihold bemängelte, die Koalition lobe sich in ihrem Antrag zwar mehrfach selbst, komme aber über „fromme Wünsche“ nicht hinaus. Die kulturelle Teilhabe werde vielerorts durch Angehörige der engagierten Zivilgesellschaft gesichert, die an der institutionellen Förderung nicht teilhaben würden. Es sei aber wichtig, diese Menschen langfristig finanziell abzusichern.
Freihold sagte, es sei unabdingbar, das „Staatsziel Kultur“ in das Grundgesetz aufzunehmen. Nur dann werde die Kultur nicht wie bisher zu oft als freiwillige Aufgabe hinten anstehen.
Grüne fordern bessere Infrastruktur
Ein Plädoyer für eine bessere Infrastruktur auf dem Land hielt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Erhard Grundl. Das schönste Theater nütze nichts, wenn aus dem Dorf kein Bus dahin fahre. Die Kulturförderung von Union und SPD sei häufig lediglich eine „verkappte Wirtschaftsförderung“ – es könne aber nicht darum gehen, nur das zu fördern, was Touristen anziehe.
Stutzig mache ihn zudem der Satz im Antrag, die Regierung solle all das Geforderte „innerhalb es bestehenden Finanzrahmens“ tun. Das bedeute, dass all die Maßnahmen nicht mehr kosten dürften – und dies werde nicht funktionieren.
Petry: Berlin kennt Probleme auf dem Land nicht
Die fraktionslose Abgeordnete Dr. Frauke Petry sagte, die Regierung verwechsle einmal mehr „Rahmenbedingungen mit Raumplanung“, wenn sie in Berlin beschließen wolle, was für die Provinz am besten sei.
Dass aber aufgrund überzogener Vorschriften und Gesetze des Bundes vor Ort das Geld für nötige Dinge fehle, blende sie aus. Das Papier zeige, dass die Bundesregierung „keine Ahnung von den Sorgen und Nöten der Landbevölkerung“ habe.
Antrag von CDU/CSU und SPD
In dem Antrag der Koalitionsfraktionen heißt es, kulturelle Teilhabe gehöre zur „regionalen Daseinsvorsorge und der Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse“. Er fordert die Bundesregierung in insgesamt 17 Punkten auf, den ländlichen Raum zu stärken „ – etwa durch einen Austausch einer neuen Kultusministerkonferenz über Projektvorhaben, ein Konzept für ein Zukunftsprogramm Kino und die Stärkung so genannter “dritter Orte„.
Zudem sollen “innerhalb des bestehenden Finanzrahmens„ neue Kooperationsformen kulturpolitischer Partnerschaften entwickelt, bewährte Förderinstrumente weiter ausgebaut und der Zugang zur Kultur erweitert werden.
Möglichkeiten für neue Kooperationsformen prüfen
Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung auf, sich mit der Kultusministerkonferenz regelmäßig auszutauschen, um Projektvorhaben strategisch abzustimmen und dabei die Stärkung der ländlichen Räume als Schwerpunktthema aufzugreifen. Auch sollten weitere Möglichkeiten für neue Kooperationsformen kulturpolitischer Partnerschaften geprüft werden, um im Kulturbereich besser zusammenzuwirken.
Vorgeschlagen wird ferner ein Konzept für ein Zukunftsprogramm Kino, um diese auch außerhalb von Ballungsgebieten zu stärken und zu erhalten. Förderinstrumente wie der Bundeskulturförderfonds sollten ausgebaut und besser auf die Bedarfe der Kunst- und Kulturszene ausgerichtet werden. Die Fraktionen machen sich überdies für die Einführung eines von Bund und Ländern finanzierten Spielstättenförderungsprogramms stark, das kleinste und kleine Spielstätten bei notwendigen Investitionen unterstützen soll. (vst/sas/31.01.2019)