AfD-Antrag für eine neue Russlandpolitik kontrovers debattiert
Die Beziehungen zu Russland bleiben weiter ein Streitpunkt zwischen den Fraktionen. Der Bundestag debattierte am Donnerstag, 31. Januar 2019, erstmals über einen Antrag der AfD-Fraktion (19/7427), die darin für eine neue Russlandpolitik wirbt und dabei auf „Kooperation statt Konfrontation“ setzt.
AfD will „Wandel durch Annäherung“
Armin-Paulus Hampel (AfD) sprach sich für ein Ende der Sanktionspolitik aus: „Wandel durch Annäherung ist der richtige Weg.“ Deutsche Unternehmen hätten Milliardensummen durch die Sanktionen verloren, die Planbarkeit des Russlandgeschäfts sei beeinträchtigt.
Die Sanktionen stünden auch in anderen Bereichen im Weg: So lasse sich etwa im Nahen Osten kein Einverständnis mit Russland mehr erreichen, das in dieser Konfliktregion ein einflussreicher Akteur sei. „Nur gemeinsam mit Russland werden wir ein friedliches Europa gestalten“, schloss Hampel.
CDU/CSU: Russland verletzt internationale Regeln
Dr. Johann David Wadephul (CDUCSU) warnte davor, den „Bock zum Gärtner zu machen“. Die Verschlechterung des deutsch-russischen Verhältnisses liege nicht in einer fehlenden Empathie hierzulande, sondern in Ereignissen wie der russischen Krim-Annexion.
„Russland verletzt fortgesetzt internationale Regeln. Das können wir nicht einfach hinnehmen.“ Deutschland habe ein Interesse an einem stabilen Russland. „Mit der Kreierung immer neuer Konflikte in Nachbarstaaten“ sei Stabilität aber nicht möglich. „Wir erwarten ein Umdenken in Moskau.“
FDP: Russland muss sich bewegen
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) erinnerte an das Ende der deutschen Blockade Leningrads vor 75 Jahren. „Wir sind dem russischen Volk im Gedenken an dieses Kriegsverbrechen verbunden.“
Man komme aber nicht an der Tatsache vorbei, dass 2014 mit der Krim mitten in Europa wieder ein Territorium unter Anwendung von Gewalt einem Staat entrissen wurde. Die EU habe mit „gezielten und maßvollen Sanktionen“ geantwortet. „Russland muss sich hier bewegen“, sagte Lambsdorff.
SPD: Spannungen und Belastungen abbauen
Auch Dr. Rolf Mützenich (SPD) sprach davon, dass man über die Annexion der Krim und Russlands Rolle im Syrien-Konflikt nicht einfach hinwegsehen könne. Man dürfe sich auch keine Illusionen darüber machen, dass die russische Führung im Inneren mit Repressionen und außerhalb mit der Stiftung von Unsicherheit agiere, weil sie offenbar glaube, den russischen Staat auf diese Weise sicherer zu machen.
Trotzdem müsse es darum gehen, Spannungen und Belastungen im deutsch-russischen Verhältnis abzubauen, wo immer das möglich ist, sagte Mützenich.
Linke will „realistischere Russlandpolitik“
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) erinnerte an den „verbrecherischen Raub- und Vernichtungskrieg“ Deutschlands und den Preis, den die Völker der Sowjetunion dafür zahlten. Man brauche keine Ratschläge von einer Fraktion, deren Vorsitzender die zwölfjährige Nazi-Diktatur als „Vogelschiss“ der deutschen Geschichte bezeichne.
Bartsch warb für ein Ende der Sanktionen und mehr Realismus in der Russlandpolitik. Bundeskanzler Willy Brandt habe im Zuge der Ostpolitik mit Sowjetführer Leonid Breschnew gesprochen. „Der war doch auch kein lupenreiner Demokrat.“
Grüne: Anschleimen an eine lupenreine Autokratie
Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die AfD-Forderungen als „billiges Anschleimen an eine lupenreine Autokratie“. Zu einer Freundschaft gehörten Respekt und gemeinsame Werte. „Und dazu gehören für uns die Menschenrechte, deren Allgemeingültigkeit von Russland heute infrage gestellt wird.“
Einer Verbesserung der Beziehung stünden weder mangelnder Wille noch fehlende Empathie in Deutschland im Wege, sondern die Politik der russischen Führung.
Antrag der AfD
Der Bundestag überwies den Antrag zur federführenden Beratung in den Auswärtigen Ausschuss. Die Abgeordneten fordern darin unter anderem den Ausbau der wirtschaftlichen Kooperation, die Stärkung von Städtepartnerschaften und eine Weiterentwicklung des Deutsch-Russischen Jugendaustauschs zu einem Jugendwerk. Die Bundesregierung solle außerdem im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) darauf dringen, einen Vertrag über die Sicherheit in Europa mit Russland auszuarbeiten.
Eine weitere Forderung zielt auf die Wiederaufnahme Russlands in bi- und multinationale Dialogformate, aus denen das Land nach der Ukrainekrise ausgeschlossen wurde oder die eingefroren wurden: „Dazu zählen beispielsweise die deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die EU-Russland-Gipfeltreffen, der Nato-Russland-Rat oder die Gruppe der Acht (G8).“ (ahe/31.01.2019)