Regierung erntet viel Kritik für angebliches Rüstungsabkommen mit Frankreich
Die Bundesregierung hat für ein angebliches Geheimabkommen mit Frankreich zum Export von gemeinsamen produzierten Rüstungsgütern, über das das Magazin „Der Spiegel“ berichtet hatte, im Bundestag viel Kritik einstecken müssen. In einer am Donnerstag, 21. Februar 2019, auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anberaumten Aktuellen Stunde warf die Grünen-Abgeordnete Katja Keul der Koalition vor, sich „den schlechtesten aller Vorschläge“ zu eigen gemacht zu haben, indem man vereinbare, sich beim Export von Kriegswaffen in Drittstaaten gegenseitig nicht im Wege zu stehen. Deutschland hat im Vergleich zu Frankreich deutlich striktere Beschränkungen für Rüstungsexporte.
Grüne: Existenz des Abkommens nicht länger leugnen
Die Bundesregierung hatte derartige Vereinbarungen bereits zuvor zurückgewiesen und lediglich von einer „ersten politischen Verständigung“ gesprochen, die Mitte Januar mit den Franzosen zu Papier gebracht worden sei.
Keul forderte die Bundesregierung auf, die Existenz des Abkommens nicht länger zu leugnen. Sie erinnerte an das 1972 zwischen den Verteidigungsministern beider Länder geschlossene und nach ihnen benannte Schmidt-Debré-Abkommen, in dem bereits damals vereinbart worden war, dass „keine der beiden Regierungen die andere Regierung daran hindern wird, Kriegswaffen oder sonstiges Rüstungsmaterial, das aus einer gemeinsam durchgeführten Entwicklung oder Fertigung hervorgegangen ist, in Drittländer auszuführen oder ausführen zu lassen“.
CDU/CSU: Wir sind auf Kooperationen angewiesen
Nach Ansicht von Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) schon damals der „richtige Ansatz“: „Wir sind auf Kooperationen angewiesen“, sagte er und nannte eine höhere Konvergenz in der Außen- und Sicherheitspolitik „essenziell“. Bei den gemeinsam mit Frankreich geplanten Rüstungsgütern – Kampfpanzer und ein Kampfflugzeug – müsse man sich über die Endverwendung verständigen.
„Die deutsche Exportkontrolle ist keine Schwäche“, betonte demgegenüber Katja Keul. Zwar sei gegen eine engere Kooperation der Streitkräfte in Europa grundsätzlich nichts einzuwenden, aber die Menschenrechtslage in den Empfängerländern müsse bei Rüstungsexporten berücksichtigt werden.
AfD: Der „wahre Geist“ des Freundschaftsvertrages
Nach Ansicht von Norbert Kleinwächter (AfD) zeigt sich nun „der wahre Geist“ des im Januar in Aachen geschlossenen deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, als dessen Zusatz das mutmaßliche Zusatzabkommen verhandelt worden sein soll. Der Vertrag diene vor allem französischen Interessen, „die knallhart gegen die deutschen gestellt werden“, urteilte er.
Deutschland zahle erhebliche Mittel für die Entwicklung von Systemen und stelle Know-how zur Verfügung. „Und das verkauft Frankreich dann in Länder, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten werden“. Kleinwächter verwies darauf, dass 40 Prozent der französischen Rüstungsexporte in den Nahen Osten gehen.
Linke spricht von „Geheimdiplomatie“
Sevim Dağdelen (Die Linke) nannte es ein „Unding“, dass die Bundesregierung den Abgeordneten das Dokument vorenthalte und sprach von „Geheimdiplomatie“. Ziel sei es offenbar, „bestehende Rüstungsexportrichtlinien zu schleifen, damit gemeinsam produzierte Kriegswaffen leichter in alle Welt exportiert werden können“.
Bestehende Restriktionen, besonders Lieferungen in Kriegs- und Krisengebiete betreffend, würden so einfach hinweggefegt. „Das ist ein Angriff auf das Friedensgebot des Grundgesetzes“, urteilte Dağdelen.
FDP verlangt europaweite Harmonisierung
Für die FDP verlangte Sandra Weeser Aufklärung und eine europaweite Harmonisierung beim Export von Rüstungsgütern. „Wir müssen für unsere restriktive Linie werben und die Debatte offensiv führen“, forderte sie.
Zugleich mahnte sie an, dass Rüstungsunternehmen auf Verlässlichkeit und Planbarkeit angewiesen seien und Entscheidungen daher nicht nach politischer Stimmungslage getroffen werden dürften. Der Großen Koalition warf Weeser vor, versäumt zu haben, einen schlüssigen Kurs in der Rüstungspolitik vorzulegen.
SPD: An deutschen Rüstungsexportgrundsätzen festhalten
Florian Post (SPD) forderte die Bundesregierung auf, weiter an den deutschen Grundsätzen festzuhalten. So sollten Waffenexporte in Kriegs- und Spannungsgebiete auch in Zukunft unterbleiben und verboten werden und sensible Rüstungsgüter auch nicht nach Saudi-Arabien geliefert werden.
Diese Position sei die Konsequenz der SPD aus der deutschen Geschichte und ihrer friedenspolitischen Überzeugung. „Unsere Grundsätze können wir nicht einfach über Bord werfen“, hielt er Joachim Pfeiffer entgegen und grenzte sich damit auch vom Koalitionspartner ab.
Die SPD hatte zuletzt auch gefordert, den von der Bundesregierung bis 9. März verhängten Stopp für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zu verlängern, von dem auch europäische Gemeinschaftsprojekte wie der Eurofighter oder der Tornado betroffen sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich die Entscheidung darüber aber noch offen gelassen. (joh/21.02.2019)