Wirtschaft

Kontroverse um „Fair Play“ in der digitalen Welt

Wer heutzutage ins Internet geht, beginnt seine Reise zumeist zuerst auf Plattformen wie Google oder Facebook oder beginnt seinen Einkauf bei Amazon, wer Nachrichten verschickt, schreibt zumeist mit WhatsApp. US-Konzerne beherrschen den digitalen Markt. Monopolbildungen durch die Giganten verhindern und Fair Play“ in der digitalen Welt schaffen will die FDP-Fraktion mit einem Antrag (19/8264), der am Donnerstag, 14. März 2019, erstmals im Bundestag beraten wurde.

FDP: Selbstaufgabe des Parlamentarismus in Deutschland

„Wettbewerb ist das konstituierende Prinzip der sozialen Marktwirtschaft“, stellte Michael Theurer (FDP-Fraktion) fest, der der Regierung vorwarf, mit einer europäischen Ministererlaubnis die Schaffung  von Großkonzernen in Europa ermöglichen und die Fusionskontrolle auf europäischer Ebene aushöhlen zu wollen.

Theurer sprach von einer „Selbstaufgabe des Parlamentarismus“ in Deutschland. Im US-Senat seien die Konzernchefs vorgeladen worden. Mark Zuckerberg, der Chef von Facebook, habe Rede und Antwort stehen müssen: „Sehen wir eigentlich den zunehmenden Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen in der digitalen Wirtschaft einfach tatenlos zu?“, fragte Theurer, der der Koalition vorwarf, den Trend zu monopolartigen Plattformen nicht ernst genug zu nehmen: „Die Netzwerkökonomie tendiert offensichtlich zum Monopol“, so der FDP-Abgeordnete, der sich für eine europäische Kontrolle der großen Player aussprach.

CDU/CSU: Innovative Start-ups nicht überfordern

Den Untätigkeitsvorwurf wollten die Koalitionäre nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben bereits Veränderungen vorgenommen und auf die Veränderungen in der Digitalwirtschaft reagiert“, sagte Matthias Heider (CDU/CSU), der weitere Maßnahmen angekündigte. „Es geht hier nicht nur um Globalisierung und Digitalisierung. Es geht auch um die Unterscheidung zwischen Kommerzialisierung und der Nutzung des freien Netzes für private Zwecke. Anspruchsvoller kann ein wettbewerbsrechtlicher Rahmen nicht sein“, sagte Heider.

Einige Akteure seien so mächtig geworden, dass sie ihre Marktmacht möglicherweise missbrauchen würden. Da müsse entgegengewirkt werden. Innovative Start-ups dürften aber durch die Regulierung nicht überfordert werden.

AfD will „deutsches Google und deutsches Amazon“

„Ich will ein deutsches Google und ein deutsches Amazon“, forderte Enrico Komning (AfD), der eine niederschmetternde Bilanz der deutschen Digitalwirtschaft zog. Warum von den Giganten keiner seinen Sitz in Deutschland habe, fragte er und beklagte ungünstige Bedingungen und starke Regulierung. Neue Geschäftsmodelle müssten sich am Markt behaupten können, und man dürfe mit dem Ordnungsrahmen nicht über das Ziel hinausschießen.

Komning erinnerte daran, dass digitale Dominanz nicht ewig sei. Fälle wie IBM und AOL zeigten, wie es gehen könne, wenn digitale Entwicklungen verschlafen würden. Das deutsche Unternehmen Zalando sei ein Beispiel, dass Internet-Handel auch in Konkurrenz zu Amazon möglich sei. Komning plädierte für Freiheit im Netz: „Ich glaube, dass das Aufhalten von Datenströmen genauso unsinnig ist wie das Aufhalten von Flüssen. Die Daten suchen sich ihren Weg.“

SPD: Starker Trend zu Monopolen

„Wir sind in der digitalen Wirtschaft nicht so schlecht aufgestellt, wie uns manche glauben machen wollen“, konterte Falko Mohrs (SPD). Die Politik müsse den digitalen Wandel gestalten und Spielregeln schaffen: „Wir erleben einen starken Trend zu Monopolen.“

Vermittler seien oft zugleich Anbieter, die Grenzen zu anderen Wettbewerbern seien nicht durchlässig. Wer über „Fair Play“ rede, müsse aber auch über Steuern reden, verlangte Mohrs: „Wir müssen dafür sorgen, dass auch digitale Unternehmen und nicht nur die kleinen, ehrlichen Handwerksbetriebe und Mittelständler die Steuern zahlen.“

Linke: Große Konzerne, große Steuerschlupflöcher

Die Besteuerung von Internetkonzernen war auch ein Stichwort für Anke Domscheit-Berg (Die Linke). Giganten wie Facebook mit WhatsApp, Google und Amazon habe es noch nie zuvor gegeben.

„Nicht nur die Konzerne sind groß, sondern auch die Steuerschlupflöcher“, so die Abgeordnete, die darauf hinwies, dass die Technik-Giganten nicht einmal zehn Prozent Steuern in Europa zahlen würden. Eine europäische Digitalsteuer finde aber keine Mehrheit.

Grüne: Steuerfall Google „ein Skandal“

Wie Domscheit-Berg griff auch Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grüne) den Steuerfall Google auf. Das Unternehmen habe 2017 20 Milliarden Euro von Europa auf die Bermuda-Inseln verschoben, ohne einen Cent Steuern zu zahlen: „Das ist ein Skandal. Da müssen wir ran“, forderte Janecek.

Auch die Lage der Arbeitnehmer bei Amazon müsse angesprochen werden: Tarifverträge lehne das Unternehmen des reichsten Mannes der Welt ab.

Antrag der FDP überwiesen

Fair Play in der digitalen Wirtschaft herstellen“ lautet der Titel des FDP-Antrags, den der Bundestag im Anschluss zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwies. In der digitalen Wirtschaft sei ein Ungleichgewicht entstanden, heißt es in dem Antrag. „Die Monopolisierungs- und Konzentrationstendenz der großen Digitalkonzerne weist darauf hin, dass sich der digitale Markt über den Wettbewerb voraussichtlich nicht mehr selbst regulieren wird“, schreiben die Abgeordneten.

Die Bundesregierung solle einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Kartellbehörden befähigen soll, strategische Behinderungen durch marktmächtige Unternehmen zu verhindern. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die deutschen Start-ups und Unternehmen im Wettbewerb mit großen Digitalkonzernen zu stärken, zum Beispiel durch die Erleichterung von Gründungen und durch die Einführung eines Wagniskapital-Gesetzes. Auch das europäische Kartellrecht solle weiterentwickelt werden.

Antrag der Grünen abgelehnt

Der Bundestag lehnte dagegen einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/1852) auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (19/4777 Buchstabe b) ab, in dem ein neuer ordnungspolitischer Rahmen für digitale Plattformen und einen besserer Datenschutz gefordert wird. 

Die bisherigen regulatorischen Maßnahmen auf Bundesebene reichten nicht aus, den vielfältigen Problemlagen gerecht zu werden, den Grundrechtsschutz für Nutzer sicherzustellen sowie einen funktionierenden Wettbewerb auf fairen digitalen Märkten zu garantieren, begründeten die Abgeordneten ihren Antrag. Darin wollten sie die Bundesregierung auffordern, mit detaillierten Maßnahmen den Wettbewerb auf digitalen Märkten zu stärken und entsprechende Regelungen auch auf EU-Ebene durchzusetzen. (hle/14.03.2019)

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