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Wie sechs Bundes­mi­nis­te­rien bürgerschaft­liches Engage­ment fördern

Im Seniorenzentrum unterhält sich Michael Erdmann mit einer Heimbewohnerin.

Wie man in einzelnen Bundesministerien über die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements nachdenkt, beschäftigte die Abgeordneten. (ZB - Fotoreport)

Um die nächsten Schritte der Bundesregierung und eine in Vorbereitung befindliche Kabinettsvorlage zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten zu begleiten, ließ sich der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 13. März 2019, die Engagementsstrategien weiterer sechs Ministerien erläutern (wie bereits in einer ersten Runde in der Sitzung am 13. Februar).

Befragt wurden Vertreterinnen und Vertreter der Bundesministerien für Gesundheit, für Wirtschaft und Energie, für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie des Bundesministeriums der Verteidigung und des Auswärtigen Amtes. Die Sitzung leitete stellvertretend Martin Patzelt (CDU/CSU).

Ehrenamtliche Arbeit in der gesundheitlichen Selbsthilfe

Dabei wurde erneut deutlich, was für eine breite Palette an Einsatzorten und an entsprechenden Förderungen für bürgerschaftliches Engagement in jedem der einzelnen Politikfelder der Fachministerien besteht. Der Mitglieder des Unterausschusses waren sich einig, diese umfassenden Aktivitäten von parlamentarischer Seite nach Kräften zu unterstützen.

Im Gesundheitswesen komme ehrenamtlichen Tätigkeiten als Ergänzung bestehender Aufgaben eine wichtige Rolle zu, etwa in der Hospiz- und Palliativversorgung, aber auch in der Aids- und Suchtselbsthilfe oder bei der Unterstützung an Rheuma oder psychisch Erkrankter, sagte Maria Becker vom Bundesministerium für Gesundheit. Im Bereich der gesundheitlichen Selbsthilfe fördere ihr Haus ehrenamtliche Arbeit in diesem Jahr mit rund 82 Millionen Euro.

Programme „Kulturweit“ und „Naturweit“ für Freiwillige

Das Auswärtige Amt ermögliche Jugendlichen zwischen 18 und 28 Jahren im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ein sogenanntes freiwilliges soziales Jahr im Ausland und trage auf diese Weise dazu bei, jungen Leuten lebenspraktische und berufliche Orientierung zu geben und sie an Tätigkeiten heranzuführen, die sie möglicherweise später beruflich ausüben, sagte Irmgard Maria Fellner vom Auswärtigen Amt.

So zähle das Programm „Kulturweit“ bereits 4.000 Alumni. 500 Freiwillige unterstütze das Amt dieses Jahr durch das mit 3,5 Millionen Euro ausgestattete Programm. Mit dem neuen Pendant „Naturweit“ seien nun erstmals 29 Freiwillige entsandt worden, die sich für den Erhalt von Weltnaturerbestätten engagierten. Auch das deutsche Auslandsschulwesen sei in den meisten Fällen ohne Freiwilligenarbeit gar nicht möglich, gab Fellner zu bedenken. „Da sind wir allen Engagierten sehr dankbar.“ In Bürgerdialogen und Jugendworkshops entfalte das Auswärtige Amt zudem auch im Inland Aktivitäten, um politisches Wissen zu vertiefen und Anreize zu schaffen, sich zu beteiligen.

Unterstützung durch einen Ideen-Wettbewerb

„Wir sind ein Exot beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie“, gab Dagmar Rothacher, Leiterin der dortigen Unterabteilung VII D, Arbeitsstab neue Bundesländer, über ihre Arbeitseinheit zu Protokoll. Aber eigenverantwortliches Handeln sei ein wesentlicher Faktor, um die Lebensqualität in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu verbessern. Der massive Wegzug nach der Wende und der demografische Wandel hätten in ganzen Landstrichen Bevölkerungszahlen und Wirtschaftskraft schrumpfen lassen.

In diesem Jahr werde man daher mit einem Ideen-Wettbewerb engagierten Bürgern unter die Arme greifen und die besten Ideen mit einer Auszeichnung sichtbar machen und ihnen mit einem Preisgeld die nötige Starthilfe geben. Kreative Ideen vor Ort versandeten allzu oft, sagte Rothacher. Große Förderprogramme gingen wegen der aufwendigen Antragstellung oft an kleinen Vereinen oder Einzelpersonen vorbei. 330.000 Euro seien für den Wettbewerb („Machen 2019“) vorgesehen.

„Klimaschutz und Nachhaltigkeitsinitiativen“

„Umweltpolitik ist ohne die Mitwirkung der Bevölkerung kaum denkbar“, sagte Dr. Korinna Schack vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Das Umweltministerium sei in dem klassischen Bereich der ökologischen Freiwilligendienste aktiv und fördere ehrenamtliche Projekte, die auf den Klimaschutz zielten oder Nachhaltigkeitsinitiativen.

Dabei konzentriere man sich auf Bürger vor Ort und die Umweltverbände. Das reiche von der Pflege von Naturflächen bis hin zu Anwohnern, die Kröten über die Straße helfen, erzählte Schack. Ein weitere Schwerpunkt sei, die Vernetzung der Ehrenamtlichen zu unterstützen. Allesamt seien dies Beiträge, um die Lebensqualität vor Ort nachhaltig zu verbessern.

Im Bereich der empirischen Sozialforschung finanziere man regelmäßig Umfragen über die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich ehrenamtlich zu engagieren. Die Ergebnisse zeigten, dass es noch ein hohes Potenzial zu heben gelte. Daher forsche man, wie man mit verbesserten Angeboten das Problem der Nachwuchsgewinnung angehen könne. Es gehe aber auch darum, neue Felder für ehrenamtliches Engagement aufzutun, die bislang nicht als solche erkannt oder bezeichnet wurden – von den Wohlfahrtsverbänden bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr.

Engagement vor allem im Sozialwerk der Bundeswehr“

Einen besonderen Zugang zum Thema Ehrenamt pflegt das Verteidigungsministerium, wie Eric Schnell vom Bundesministerium der Verteidigung erläuterte. „Wir unterstützen das ehrenamtliche Engagement unserer Beschäftigten vor allem mit dem Sozialwerk der Bundeswehr“, das als Verein von über 100.000 Bundeswehr-Mitarbeitern vor allem Kinder- und Jugendfreizeiten organisiert und einen Bundeszuschuss von 850.000 Euro pro Jahr erhält. Darüber hinaus überlasse die Bundeswehr dem Sozialwerk beispielsweise Gebäude samt Ausstattung, beispielsweise für die Geschäftsführung des Vereins.

Mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr sei zudem die Härtefall-Stiftung der Bundeswehr ausgestattet, die Angehörigen der Streitkräfte hilft, die durch Radarstrahlung Schaden genommen haben oder unverschuldet in Not geraten sind. Damit betreibe das Ministerium verschiedene Institutionen, die Ehrenamtlichen unterschiedliche Felder der Mitwirkung böten. Man kümmere sich außerdem um ausreichenden Versicherungsschutz der ehrenamtlich Tätigen und unterstütze diese mit entsprechenden Weiterbildungen.

„Richtschnur sind die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen“

„Richtschnur all dessen, was bei uns im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements gefördert wird, sind die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen“, betonte Dirk Schwenzfeier, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). „Die gesamte Gesellschaft ist gefordert, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Da greift die Engagementstrategie des BMZ.“

Bildung und persönliche Erfahrung seien unabdingbare Voraussetzung, um in diesem Sinne Verantwortung zu übernehmen. Daher fördere das Ministerium Austauschprogramme sowohl für Studenten als auch für Senioren und Schulwettbewerbe. Mit dem „Weltwärts“-Programm reisten junge Leute im Alter von 18 bis 28 ins Ausland. Man wolle für das Programm künftig noch stärker werben, beispielsweise in Berufsschulen, um den Kreis der Teilnehmer zu erweitern.

Über die bekannten Programme hinaus unterstütze das BMZ Kommunen, Landkreise, aber auch Vereine, Nichtregierungsorganisationen und einzelne  Philanthropen. Dazu stehe man mit Rat und Tat zur Seite, fördere finanziell und leiste gegebenenfalls auch personelle Unterstützung, so Schwenzfeier.

Die „Servicestelle für Kommunen“ solle eine engere Zusammenarbeit engagierter Bürger fördern. In Patenschaften zwischen deutschen und ausländischen Städten vermittelten deutsche Kommunen Know-how im Bereich öffentlicher Dienstleistungen. Etwa 700 kommunale Projekte unterstütze man momentan in diesem Zusammenhang durch Beratung, von Sicherheitsfragen bis zu Anbahnungsreisen und Entsendungen. (ll/14.03.2019)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Maria Becker, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Leiterin der Unterabteilung 42 „Prävention“
  • Annette Chammas, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Leiterin des Referats Z 32 „Bürgerschaftliches Engagement, weltwärts, Engagement Global“
  • Irmgard Maria Fellner, Auswärtiges Amt (AA), Beauftragte für Auswärtige Kulturpolitik
  • Marina Klug, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Leiterin des Referats VII D 3 „Demografiepolitik“
  • Dr. Korinna Schack, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Referat G II 1 „Gesellschaftspolitische Grundsatzfragen, Strukturwandel, Berichte“
  • Eric Schnell, Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), Leiter des Referats P III 1 „Soziale Grundsatzfragen; Sozialdienst der Bundeswehr, Fürsorgeangelegenheiten; Wohnungsfürsorge; Beihilfe“

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