Regierungserklärung

Merkel stellt Bedingungen für Brexit-Aufschub

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel  (CDU) will dem britischen Wunsch nach einem Aufschub des Brexits unter Bedingungen entgegenkommen. Das Unterhaus müsse zum einen dem mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag in der kommenden Woche zustimmen, sagte sie am Donnerstag, 21. März 2019, vor dem Bundestag in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel am 21. und 22. März in Brüssel. Zum anderen müsse der Termin der Europawahl Ende Mai beachtet werden.

Zugleich brachte Merkel einen EU-Sondergipfel ins Gespräch, falls das britische Parlament dem Deal in den nächsten Tagen nicht zustimmt. Die britische Premierministerin Theresa May hatte einen Aufschub bis 30. Juni beantragt. Darüber wollen die Spitzen der EU beim Treffen des Europäischen Rates sprechen.

CDU/CSU: Tür für Großbritannien bleibt offen

Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der Unionsfraktion, betonte, die Tür für Großbritannien bleibe  offen. „Egal, was passiert, die Briten bleiben unsere Freunde.“

Tragisch nannte er, dass der Brexit den Europawahlkampf überschatte. Es gelte, die Diskussion in den kommenden Woche auf die Frage zu lenken, „welche Definition wir von Europa haben“ und wie man die EU weiterentwickeln wolle.

SPD schließt Verschiebung des Brexits nicht aus

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles schloss eine Verschiebung des Brexits ebenfalls nicht aus. „Sie beantwortet die Frage nach einem geordneten Brexit aber nicht“, betonte sie.

Nahles sprach von einem „akuten Versagen der britischen Politik“ und forderte die Abgeordneten im Unterhaus auf, auf die Opposition zuzugehen und eine überparteiliche Lösung zu suchen.  Wenn Regierung und Parlament keinen Weg fänden, sei ein zweites Referendum notwendig.

FDP für ein zweites Brexit-Referendum 

Für die FDP sprach sich auch Fraktionschef Christian Lindner für ein zweites Referendum aus. Dafür würden die Liberalen im Unterhaus schon lange werben. Angesichts des Chaos um den EU-Ausstieg Großbritanniens warnte er vor einem Schaden für die Glaubwürdigkeit der gesamten politischen Klasse. Zugleich bietet der Brexit seiner Ansicht nach auch die Chance auf eine Erneuerung der europäischen Politik und ihrer Institutionen. Hierfür fehlten jedoch die Initiativen der Bundesregierung, konstatierte Lindner.

Wie die Redner von Linken und Grünen kritisierte er in diesem Zusammenhang die ablehnende Antwort von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf die Reformvorschläge von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Besonders mit ihrem Vorschlag, einen deutsch-französischen Flugzeugträger zu bauen, setze sie die falschen Prioritäten, urteilten Lindner sowie die Fraktionschefs der Linken und Grünen, Dr. Sahra Wagenknecht und Dr. Anton Hofreiter

Linke: EU-Politik Gegenprogramm zu europäischen Werten

Wagenknecht ergänzte, mit dem Brexit ernteten Bundesregierung und EU nur, was sie selbst gesät hätten. So stelle die europäische Politik sich seit mehr als 30 Jahren als „Gegenprogramm zu den europäischen Werten“ dar.

Die EU sei nicht deshalb krank, weil mehr Menschen antieuropäische Parteien wählten, sondern weil auch die Bundesregierung „sich nicht mehr als Schutzmacht ihrer Wähler versteht“.

Grüne warnen vor Übergreifen des „Brexit-Dramas“ 

Anton Hofreiter warnte vor einem Übergreifen des „Brexit-Dramas“ auf die Wahlen zum Europäischen Parlament Ende Mai.

Eine Fristverlängerung könne es nur dann geben, wenn auch eine Idee dafür vorhanden sei, wofür man die zusätzliche Zeit nutzen wolle, sagte der Grünen-Fraktionschef.

AfD: Briten mehr Zeit für Brexit einräumen

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alexander Gauland forderte Merkel auf, das Brexit-Paket nochmals aufzuschnüren oder zumindest mit zusätzlichen Erklärungen zu versehen. Man müsse den Briten mehr Zeit für den Austrittsprozess einräumen.

Außerdem appellierte er an die Bundesregierung, sich in der EU dafür einzusetzen, dass Großbritannien der einseitige Austritt aus der umstrittenen Notfalllösung für Nordirland ermöglicht werde. Das Land brauche eine faire Chance und dürfe nicht für einen Weg bestraft werden, der in manchen Hauptstädten Europas für „politisch inkorrekt“ gehalten werde.

Entschließungsanträge der Grünen abgelehnt

Im Anschluss an die Aussprache lehnte der Bundestag zwei Entschließungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen ab. Im ersten (19/8605) wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU dafür einzusetzen, dass der Rat künftig im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) umgehend mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann. Die Beteiligungsrechte des Bundestages seien dabei zu wahren, indem der Bundestag die Bundesregierung vorab ermächtigt, einem solchen Beschluss im Europäischen Rat zuzustimmen. Alle übrigen Fraktionen lehnten diesen Entschließungsantrag ab.

Im zweiten Entschließungsantrag (19/8606) wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU dafür einzusetzen, dass der Rat künftig im Bereich der EU-Steuerpolitik schrittweise mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann. Auch hier solle es einer vorherigen Ermächtigung der Bundesregierung durch den Bundestag bedürfen, um einem solchen Beschluss im Europäischen Rat zuzustimmen. Die Grünen und Die Linke stimmten für den Entschließungsantrag, CDU/CSU, SPD und AfD lehnten ihn ab, die FDP enthielt sich. (joh/vom/sas/21.03.2019)

Marginalspalte