Kontroverse um Lockerung des Rüstungsexportstopps an Jemenkrieg-Staaten
Die „Haltung der Bundesregierung zur Lockerung des Rüstungsexportstopps an die am Jemenkrieg beteiligten Staaten“ hat am Freitag, 5. April 2019, den Bundestag in einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangten Aktuellen Stunde beschäftigt.
Grüne: Maximaler Schaden an allen Fronten
Eine Kriegsallianz bombardiere seit vier Jahren den Jemen, sagte Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Eingangsstellungnahme. Der vergangenes Jahr verhängte Exportstopp sei nun lediglich um ein paar Monate verlängert worden. Zudem dürften Bauteile weiter geliefert werden, versehen mit der Bitte, dass die Gesamtprodukte nicht ausgeliefert werden. Damit spiele die Bundesregierung nur auf Zeit, sagte Brugger.
Es sei extrem verlogen, diesen Zickzackkurs als Exportstopp zu bezeichnen. Die Politik sorge für maximalen Schaden an allen Fronten – so gebe es beispielsweise auch keine Planungssicherheit für Unternehmen oder Arbeitnehmer. Auch der Verweis auf die Bedeutung europäischer Zusammenarbeit sei unehrlich, denn das Europäische Parlament habe sich längst gegen Waffenexporte in Kriegsgebiete ausgesprochen.
CDU/CSU: Exportstopp uneuropäisch und gefährlich
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) hob vor allem auf die Bedeutung der europäischen Ebene ab. Es gehe um die Zuverlässigkeit deutscher Politik bei den europäischen Partnern. Dabei sei klar, dass der Jemenkrieg dringend beendet werden muss, sagte Pfeiffer. Gleichzeitig sei Saudi-Arabien von strategischer Bedeutung auf der arabischen Halbinsel.
Er plädierte dafür, bei der Modernisierung des Landes mitzuhelfen. Wenig klug sei es hingegen gewesen, dass Deutschland als einziges Land den Export von bereits genehmigten Gütern gestoppt hat, ohne sich mit Partnern in anderen europäischen Ländern und in den USA abzustimmen. Das sei uneuropäisch und gefährlich.
SPD: Verlängerung des Moratoriums richtig
Frank Junge (SPD) stellte sich hinter die Festlegung des Bundessicherheitsrats. Eine Verlängerung des Moratoriums sei richtig und notwendig. Die gewonnene Zeit könne und müsse genutzt werden, um Verhandlungen auf europäischer Ebene voranzutreiben. Natürlich strebe man nach gemeinsamen Richtlinien in der europäischen Rüstungspolitik, aber man sei noch nicht so weit. Es müsse akzeptiert werden, dass andere zu ihrer eigenen Einschätzung kommen.
Mit Blick auf die Herausforderungen im Inland merkte Junge an, er freue sich darüber, dass sich die Bundesregierung zu ihrer Verantwortung bezüglich der Boote von der Peene-Werft in Wolgast bekennt. Die Boote sind vom Exportstopp betroffen. Die Bundesregierung habe nun bekräftigt, dass andere Abnehmer für die Boote gefunden werden sollen.
AfD gegen zentralisierte Steuerung durch Brüssel
Die AfD-Fraktion verwies auf die unsichere Lage der Werft in Wolgast. Für Enrico Komning (AfD) verdeutlicht dies das unwirtschaftliche Verhalten der Bundesregierung. Unternehmen in der Rüstungsindustrie bräuchten Planungssicherheit.
Sein Fraktionskollege Rüdiger Lucassen ergänzte, man brauche in der Rüstung zwar internationale Kooperationen. Was die AfD nicht wolle, sei jedoch eine zentralisierte Steuerung durch Brüssel.
FDP für europäische transparente Exportrichtlinien
Bijan Djir-Sarai (FDP) zielte ebenfalls auf die seiner Ansicht nach inkonsequente Haltung der Bundesregierung ab. So sei nie beantwortet worden, was strategische Partnerschaft wirklich bedeute. Die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien sei jahrelang ignoriert worden, dabei habe es schon vor dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi zahlreiche Verstöße im Land gegeben.
Es sei höchste Zeit für europäische transparente Exportrichtlinien, bei der auch wirtschaftliche Fragen berücksichtigt würden. Unabgestimmte Alleingänge der Bundesregierung schadeten hingegen in jeder Hinsicht – so zeige man sich unzuverlässig, ohne jeglichen Druck auf Kriegsführer auszuüben.
Linke fordert konsequentere Regelungen
Die Fraktion Die Linke kritisierte die Bundesregierung scharf. Die Abgeordneten hatten zuvor einen Antrag (19/8965) in den Bundestag eingebracht, in dem sie konsequentere Regelungen fordern. Sevim Dağdelen (Die Linke) sagte, mit der Entscheidung des Bundessicherheitsrats öffne die Bundesregierung nicht die Hintertür, sondern die Vordertür – sie verwies auf Ausnahmeregelungen mit einem Volumen im dreistelligen Millionenbereich.
Dağdelen sprach darüber hinaus die Regelungen zu Post-Shipment-Kontrollen an. Seit 2017 habe es gerade einmal drei solcher Verbleibskontrollen gegeben. (pez/05.04.2019)