Kontroverse Debatte über Entwicklungsförderung für Schwellenländer
Die Forderung der AfD-Fraktion, die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern wie Indonesien, Pakistan und Südafrika nicht weiter fortzusetzen und in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) darauf hinzuwirken, dass diesen Ländern ebenso wie Brasilien, China, Indien, Mexiko und der Türkei der Status eines Entwicklungslandes bei der nächsten DAC-Evaluierung (Development Assistance Committee) im Jahr 2020 aberkannt wird, stößt bei allen anderen Fraktionen im Bundestag auf Widerspruch. Das wurde bei der ersten Lesung des entsprechenden Antrags (19/8986) am Freitag, 5. April 2019, deutlich. Der Antrag wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.
AfD fordert Entwicklung in Eigenverantwortung
Markus Frohnmaier (AfD) sagte zur Beginn der Debatte, es sei der deutschen Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, warum mit eigenen Steuermitteln andere Wirtschaftsmächte zum eigenen Nachteil subventioniert werden sollen. „Diese Länder können ihre weitere Entwicklung in Eigenverantwortung bewältigen“, sagte Frohnmaier.
Mit Blick auf Indien, das die zweitgrößte Armee der Welt habe, über den fünftgrößten Militärhaushalt verfüge und ein eigenes Kernwaffenarsenal besitze, dem aber dennoch Zollbegünstigungen eingeräumt würden, sagte der AfD-Abgeordnete: „Wie kommt man auf die Idee, dass Deutschland auf Zolleinnahmen verzichten oder gar staatliche Aufgaben von potenten Wirtschaftsmächten übernehmen müsse.“
CDU/CSU: Zukunftsmärkte gemeinsam erschließen
Die AfD habe den Sinn und Zweck der Entwicklungszusammenarbeit nicht verstanden, entgegnete Stefan Sauer (CDU/CSU). Mit einem Verbot des Außenhandels mit Schwellenländern, den die AfD fordere, sei der deutschen Wirtschaft sicherlich nicht geholfen, da für sie gerade in der Zusammenarbeit mit Schwellenländern eine große Chance bestehe. „Schließlich gilt es, Zukunftsmärkte gemeinsam zu erschließen“, sagte Sauer.
Die großen Probleme der Zeit wie etwa der Klimaschutz, die Abfallvermeidung aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit Perspektiven in den ärmeren Ländern seien nur global zu lösen, betonte Sauer.
FDP: Wirtschaftskooperation, nicht Hilfszahlungen
Dr. Christoph Hoffmann (FDP) warf der AfD vor, Ressentiments schüren und Hass sähen zu wollen, indem versucht werde, den Eindruck zu erwecken, Deutschland verschenke Geld, was für die Armen in Deutschland benötigt würde. Die Wirklichkeit sei aber eine andere, betonte er. So seien beispielsweise im Jahr 2017 600 Millionen Euro an Entwicklungszusammenarbeitsmittel nach China geflossen, die Kredite dargestellt hätten, welche verzinst zurückgezahlt würden.
Die Entwicklungszusammenarbeit, so Hoffmann, habe eine strategische Komponente. Es gehe um wirtschaftliche Kooperation und nicht um Hilfszahlungen, wie die AfD zu suggerieren versuche.
SPD: Wirtschaftliche Perspektivlosigkeit bekämpfen
Dr. Sascha Raabe (SPD) sagte: „Wir machen Entwicklungszusammenarbeit, damit es allen Menschen auf der Welt gut geht, denn das ist in unserem Interesse.“ Es sei ihm unverständlich, wie gerade die AfD, die immer wieder über die Flüchtlingskosten rede, es nicht begreifen könne, dass es im deutschen Interesse sei, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit zu bekämpfen, sagte Raabe.
Mit Blick auf die für das Weltklima bedeutenden Regenwälder in Indonesien und Brasilien betonte der SPD-Abgeordnete, den Staaten müssten Entschädigungen angeboten werden, um eine Abholzung zu vermeiden. „Wir können doch Indonesien nicht sagen, ihr dürft eure Wälder nicht abholzen, aber auf dem wirtschaftlichen Schaden bleibt ihr alleine hängen“, sagte er.
Linke: Entwicklungszusammenarbeit zahlt sich aus
Aus Sicht von Helim Evrim Sommer (Die Linke) ist es ein Erfolg der Entwicklungszusammenarbeit, dass zumindest in einigen Boom-Regionen der Schwellenländer einen Aufschwung gibt. Das sei aber „kein Grund, die Füße hochzulegen“. Vielmehr sei es ein Ansporn und zeige, dass sich Entwicklungszusammenarbeit langfristig auszahle. Daher müsse sie stabilisiert werden. „Auf keinen Fall dürfen wir sagen: Job erfüllt und unsere Projekte schließen“, warnte die Linken-Abgeordnete.
Die AfD habe nicht verstanden, was deutsches Interesse ist, sagte Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen). Deutsches Interesse sei es, mit dafür zu sorgen, dass die weltweite Klimakrise bekämpft wird. Es sei richtig, dass Deutschland das nicht allein könne. Aber: „Zwanzig Prozent der Treibhausemissionen geschehen durch die kriminelle Abholzung der Regenwälder in Ländern wie Indonesien und Brasilien“, sagte Trittin. Die AfD fordere nun, das solle munter so weitergehen und man solle dagegen nicht investieren. Das sei aber keine Klimaschutzpolitik, so der Grünen-Abgeordnete.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Indonesien, Pakistan und Südafrika nicht weiter fortzusetzen und die Finanzierung laufender Projekte in diesen Staaten umzustellen, sodass diese ausschließlich von den jeweiligen Partnerländern oder sonstigen lokalen Trägern finanziert werden.
Sollte die vollständige Eigenfinanzierung der laufenden Projekte verweigert werden, solle die Bundesregierung diese mit sofortiger Wirkung beenden, soweit dem keine rechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen. Auch sollten keine weiteren Zuwendungen an private Träger im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit den drei Staaten bewilligt werden.
Im Rahmen der EU solle die Regierung darauf hinwirken, dass Indien, Indonesien und Pakistan die durch EU-Verordnung gewährten Zollpräferenzen entzogen werden.
„Hinreichender Entwicklungs- und Modernisierungsgrad“
Zur Begründung heißt es unter anderem, unter den Kooperationsstaaten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit fänden sich Schwellenländer, die einen hinreichenden Entwicklungs- und Modernisierungsgrad erreicht hätten, um jede weitere politische, ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung ohne fremde Hilfe zu gestalten. Es widerspreche dem Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe, wenn die Nehmerseite grundsätzlich die Fähigkeiten und Voraussetzungen besitze, die mit den Entwicklungsleistungen verfolgten Ziele selbst zu erreichen. (hau/05.04.2019)