AfD steht mit Rückzahlungsforderung an Griechenland allein da
Mit ihrer Forderung an Griechenland, die letzte Kredittranche aus dem ESM-Programm (Europäischer Stabilitätsmechanismus) in Höhe von 15 Milliarden Euro wegen mangelhafter Erfüllung der Kreditauflagen zurückzahlen und den deutschen Anteil an den Hilfen dem Bundeshaushalt zukommen zu lassen, steht die AfD-Fraktion im Bundestag allein. In einer Debatte am Freitag, 10. Mai 2019, lehnten alle anderen Fraktionen die AfD-Forderung strikt ab. Ein Antrag der AfD-Fraktion (19/9961), in dem auch die Rücknahme der langfristigen Zinsstundungen für Griechenland sowie Laufzeitverlängerungen von Krediten und die Streichung weiterer Vergünstigungen gefordert wird, wurde an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
AfD: Schönfärberische Berichte der EU-Kommission
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Boehringer (AfD), sprach angesichts der günstigen Konditionen für Griechenland wie der Zins- und Tilgungsfreiheit bis 2032 und Laufzeitverlängerungen bis 2060 von Konkursverschleppung auf Kosten der deutschen Steuerzahler: „Kein Schuldner denkt auch nur ansatzweise daran, solche Kredite noch zu beachten geschweige denn zu bedienen.“ Kurz nach Zahlung der als Liquiditätshilfe bezeichneten letzten Tranche habe Griechenland den Reformkonsens aufgekündigt und die mit der Rückabwicklung wichtiger Maßnahmen begonnen. Selbst die „schönfärberischen“ Nachprogrammüberwachungsberichte der EU-Kommission würden Griechenland gravierende Versäumnisse bescheinigen.
Es sei „praktisch sicher, dass Griechenland das vereinbarte Ziel eines Primärüberschusses von 3,5 Prozent nicht einhalten werde. Boehringer sprach von der “grundlegend faschen Logik der EU, einem souveränen Land politische und planwirtschaftliche Fesseln anzulegen und dann auf wundersame Heilung der Volkswirtschaft zu hoffen, was in dem völlig unpassenden Euro-Währungskorsett einfach nicht gelingen kann„. Er erinnerte an “historische Analogien„ bis zurück zur Lateinischen Münzunion aus dem 19. Jahrhundert, deren Fortbestand Griechenland gefährdet habe.
CDU/CSU: Verantwortungslos und menschenfeindlich
Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) betonte, aufgrund der deutschen Geschichte könne “uns etwas mehr Demut„ gut tun. Die AfD habe offenbar nicht an die Auswirkungen gedacht, sollten ihre Forderungen umgesetzt werden: Die Menschen würden wieder an den Bankautomaten stehen und kein Geld mehr bekommen. Löhne, Gehälter und Renten könnten in Griechenland nicht mehr gezahlt werden: “Ihr Antrag ist verantwortungslos, und menschenfeindlich„, so Rehberg. Er habe zwar ein “gewisses Misstrauen„ angesichts der jüngsten Ankündigungen der Regierung Tsipras, aber er wolle zunächst den nächsten Bericht der europäischen Institutionen abwarten, “und dann können wir uns darüber im Haushaltsausschuss unterhalten„.
Handwerkliche Fehler warf Otto Fricke (FDP) der AfD-Fraktion vor. Die Gelder, die die AfD an den deutschen Haushalt zurückgezahlt haben wolle, seien von Deutschland nicht gezahlt worden, sondern die Mittel seien vom ESM am Kapitalmarkt aufgenommen worden. Darauf machten auch Redner von anderen Fraktionen aufmerksam. “Wollen Sie, dass der ESM Deutschland finanziert?„, fragte Fricke.
SPD: Primärüberschuss im Haushalt
“Arroganz und Überheblichkeit„ bescheinigte Sonja Amalie Steffen (SPD) der AfD. Die AfD wolle das “Zerrbild vom faulen Griechen krampfhaft aufrecht erhalten„.
Doch Griechenland dürfte 2018 zum dritten Mal in Folge einen Primärüberschuss im Haushalt in Höhe von 3,5 Prozent erzielt haben.
Linke: AfD sät Neid, Hass und Missgunst
“Nichts anderes als Stimmung zu machen, als Neid, Hass und Missgunst zwischen Menschen und Nationen zu säen„, warf Michael Leutert (Die Linke) der AfD-Fraktion vor.
Griechenland senke jetzt Steuern für das Hotel- und Gaststättengewerbe, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das habe Deutschland 2009 mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz auch getan. “Genau das macht Griechenland jetzt auch„, so Leutert.
Grüne: AfD versteht nichts von Europa
Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD-Fraktion vor, nichts von Europa zu verstehen. Sie habe nicht verstanden, dass gerade Deutschland von der Europäischen Union profitiere. Verträge seien einzuhalten, und die AfD wolle die geschlossenen Vereinbarungen mit Griechenland einseitig kündigen.
Was die Hilfen für Griechenland betreffe, müsse man wissen, dass die Menschen in Griechenland von vielen Zahlungen gar nichts gehabt hätten, weil davon besonders deutsche und französische Banken profitiert hätten. Auch das gehöre zur Wahrheit.
Antrag der AfD
Die AfD fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, die ihrer Ansicht nach mangelhafte Umsetzung der Kreditauflagen Griechenlands und damit die Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Finanzhilfen festzustellen und in den einschlägigen Gremien auf der Rückzahlung der letzten Tranche an den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und danach von diesem an den deutschen Staatshaushalt zu bestehen. Auch solle eine Rücknahme der langfristigen Zinsstundung der Kredite und der Laufzeitverlängerungen und Zinsvergünstigungen bei Krediten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) an Griechenland erwirkt werden.
Kein Schuldnerstaat sei in der Geschichte so großzügig behandelt worden wie Griechenland, heißt es zur Begründung. Die griechische Regierung habe keinen Zins auf die Rettungsgelder gezahlt, sondern im Gegenteil eine Prämie in Form eines effektiv negativen Zinssatzes erhalten. Die These, Deutschland habe von der Griechenlandrettung profitiert, sei daher eindeutig nicht haltbar, so die AfD. (hle/10.05.2019)