Sport

Lob für Spitzensport­för­derung und Kritik am Zustand der Sportstätten

Eine Frau wirft einen Speer.

Die Sportpolitik der Bundesregierung stand in der Anhörung auf dem Prüfstand. (© picture alliance)

Während einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses unter Vorsitz von Dagmar Freitag (SPD) am Mittwoch, 5. Juni 2019, zum 14. Sportbericht der Bundesregierung (19/9150) gab es von den geladenen Experten Lob für den geplanten Mittelaufwuchs im Sport und ein grundsätzlich positives Feedback zum Stand der Reform der Spitzensportförderung. Kritik wurde hingegen am Zustand der Sportstätteninfrastruktur für den Breitensport geübt.

„Nationale Strategie zu Großveranstaltungen klären“

Christian Sachs vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) betonte die herausragende gesellschaftliche Bedeutung des Sports. Um dieser Bedeutung gerecht zu werden, müssten die Rahmenbedingungen für Vereine und die ehrenamtlich Tätigen verbessert werden, forderte der Leiter des Hauptstadtbüros des deutschen Sports.

Stichworte hierbei seien Bürokratieabbau, die Stärkung des Ehrenamts und die „längst überfällige Bundesförderung der Sportstätteninfrastruktur für den Breitensport und für vereinseigene Sportstätten“. Klarheit, so Sachs, müsse auch bei der nationalen Strategie zu Sportgroßveranstaltungen geschaffen werden. Nur ein partnerschaftliches Vorgehen könne hier zu Erfolgen bei den Bewerbungen führen, mahnte er an.

„Reform der Spitzensportförderung ein Meilenstein“

Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), sagte, der Sportbericht zeige, dass sich der paralympische Spitzensport hinsichtlich des Leistungsniveaus und der zunehmenden Professionalisierung auf Augenhöhe mit dem olympischen Sport bewege. Gerade für den paralympischen Sport sei die begonnene Reform der Spitzensportförderung „ein Meilenstein“.

Die Gleichstellung sei ein positives Signal für die gesamtgesellschaftliche Inklusionsdebatte, befand er. Dass es dennoch weiterhin Unterschiede beim Anteil der sporttreibenden Menschen mit und ohne Behinderung gebe, sei auch auf die fehlende Barrierefreiheit der Sportstätten zurückzuführen, sagte der DBS-Präsident.

Machtmissbrauch im Sport

Aus Sicht der Athletenvertreterin Manuela Schmermund vom Verein Athleten Deutschland fehlt der Punkt „Machtmissbrauch im Sport“ in dem Bericht. Die Athletenvertreter würden an dem Thema dranbleiben, kündigte sie an.

Was die Spitzensportreform angeht, so forderte die Sportschützin und Goldmedaillengewinnerin bei den Paralympischen Spielen, mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Athleten einzugehen – beispielsweise bei der Auswahl der Bundesstützpunkte. Nur so könne der Ansatz der Reform, die Athleten in den Mittelpunkt der Bemühungen stellen zu wollen, umgesetzt werden.

Athletenförderung nach der Karriere

Ingo Weiss, Sprecher der Konferenz Spitzenverbände im DOSB, bewertete es positiv, dass im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) auch an einer Athletenförderung „nach der Karriere“ gearbeitet werde.

Ein sehr wichtiges Thema für die Spitzenverbände sei die Schaffung einer effizienten Stützpunktstruktur. Unabdingbar sei auch eine nationale Strategie für Sportgroßveranstaltungen sowie die Förderung der nichtolympischen Verbände, sagte Weiss.

Probleme bei der Sportstätteninfrastruktur

Andreas Michelmann, Sprecher von Teamsport Deutschland, der Interessengemeinschaft der fünf größten Mannschaftssportverbände (Basketball, Eishockey, Fußball, Handball und Volleyball), beklagte Probleme bei der Sportstätteninfrastruktur. Als nach dem Erfolg der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft (Silbermedaille bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang) die Kinder in die Eishallen gedrängt hätten, habe sich schnell gezeigt, dass die Kapazitäten bei Weitem nicht ausreichten.

Michelmann plädierte auch für eine Korrektur bei „Jugend trainiert für Olympia“. Es bringe beiden Seiten nichts, wenn normale Schulen und Sportförderschulen sich miteinander im Wettkampf gegenüberstehen. Das sei für die eine Seite frustrierend und für die andere Seite wenig motivierend.

„Epochaler Schritt bei der unmittelbaren Athletenförderung“

Dr. Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe, sprach vor dem Ausschuss von einem „epochalen Schritt“, der bei der unmittelbaren Athletenförderung gelungen sei. Als Olympiakader oder Paralympics-Kader eingestufte Athleten würden rückwirkend zum 1. Januar 2019 monatlich 800 Euro statt bislang 300 Euro erhalten, olympische und paralympische Perspektivkader statt 300 Euro 700 Euro.

Im Blick behalten werden müsse aber auch die duale Karriere ebenso wie die Altersversorgung der Athleten. Gleichzeitig wünschte sich Ilgner mehr Initiativen des Bundes zur Förderung des Sportstättenbaus, „auch für den Breiten- und Schulsport“.

Sanierungsstau bei Schwimmbädern und Sporthallen

Ein wichtiger Punkt ist das auch aus Sicht von Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Derzeit sei ein Sanierungsstau bei Schwimmbädern und Sporthallen zu verzeichnen.

Er begrüße es, dass sich der Bund für eine bedarfsgerechte Infrastruktur einsetzen wolle. Geholfen wäre den Kommunen aber auch schon damit, wenn die Förderprogramme übersichtlicher gestalten würden, sagte Lübking. 

Mehr als eine Milliarde Euro für die Sportförderung

In den Jahren 2014 bis 2017 wurden nach Angaben der Bundesregierung 1,16 Milliarden Euro an Bundesmitteln für die unmittelbare und mittelbare Sportförderung bereitgestellt, schreibt die Bundesregierung in ihrem Bericht. Sport habe in Deutschland einen hohen Stellenwert: „Er stellt einen zentralen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens dar.“

Dies gelte sowohl für den Spitzensport als auch den Breitensport. Sport biete Menschen jeglichen Alters sinnvolle Freizeitangebote. Für einen Großteil der Bevölkerung gehöre aktives Sporttreiben zu einer gesundheitsbewussten Lebensgestaltung.

Gesellschaftliche Funktionen des Sports

Auch der Spitzensport leistet nach Ansicht der Bundesregierung insgesamt einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Wertedebatte. Erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler hätten vor allem für Kinder und Jugendliche oftmals Vorbildfunktion und stünden für Leistungswillen, Ausdauer, Fairness und Teamgeist. Sportliche Erfolge bei internationalen Sportgroßveranstaltungen und ein positives Auftreten der Spitzensportlerinnen und -sportler förderten das Ansehen Deutschlands.

Der Sport sei zudem zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor erwachsen, der Umsatz und Wertschöpfung erzeuge und Arbeitsplätze schaffe. „Dem Sport kommen damit diverse gesellschaftliche Funktionen zu, die in ihrer Bedeutung kaum hoch genug eingeschätzt werden können“, urteilt die Regierung.

„Den Spitzensport erfolgreicher machen“

Zu den sportpolitischen Schwerpunkten im Berichtszeitraum 2013 bis 2017 zählt sie unter anderem die Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, die vom Bundesinnenministerium (BMI) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) auf den Weg gebracht und in einer dafür eingerichteten Projektstruktur unter Einbeziehung der Länder und von externen Experten erarbeitet worden sei. Ziel der Neustrukturierung sei es, den Spitzensport zukünftig erfolgreicher zu machen, Erfolgspotenziale für Podiumsplätze bei Olympischen, Paralympischen und Deaflympischen Spielen, Weltmeisterschaften und World Games zu erkennen und gezielter zu fördern.

Im Sportbericht wird auch auf das vom ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zusammen mit dem Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Sporthilfe vorgestellte Projekt „BMI-Sprungbrett“ verwiesen. Damit sei ein weiterer Mosaikstein im Gefüge der nachaktiven Athletenförderung geschaffen worden, heißt es. Der Bund unterstütze damit erstmalig – neben den vorhandenen Sportförderstellen – unmittelbar die Athletenförderung. Mit diesem Projekt könnten erfolgreiche Spitzensportlerinnen und Spitzensportler nach ihrer Karriere eine finanzielle Unterstützung erhalten, um ihre Ausbildung abzuschließen.

Kampf gegen Doping und Spielmanipulation

Im Berichtszeitraum seien zudem weitergehende strafrechtliche Regelungen beim Kampf gegen Doping und Spielmanipulation geschaffen worden. Das Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport sei am 18. Dezember 2015 in Kraft getreten, das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches (Strafbarkeit von Sportwettbetrug und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) am 19. April 2017, heißt es in dem Bericht.

Als weitere sportpolitische Schwerpunkte werden die Sicherung der Finanzierung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) und die Stärkung der Gleichstellung und Inklusion im internationalen Sport angeführt. (hau/05.06.2019)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Christian Sachs, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Leiter des Hauptstadtbüros des Deutschen Sports
  • Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS)
  • Annett Chojnacki-Bennemann, Leiterin des Hauptstadtbüros des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS)
  • Manuela Schmermund, Athletenvertreterin
  • Ingo Weiss, Sprecher der Konferenz der Spitzenverbände im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB)
  • Dr. Michael Ilgner, Stiftung Deutsche Sporthilfe
  • Uwe Lübking, Deutscher Städte- und Gemeindebund

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