Parlament

Roman Müller-Böhm be­tont die digitale Kompo­nente in der Gesellschaft

Ein junger, korpulenter Mann mit weißem Hemd und Krawatte geht an einem Gebäude vorbei.

Roman Müller-Böhm (FDP), jüngster Bundestagsabgeordneter (DBT/Melde)

Bereits zur Bundestagswahl 2009 stellte sich Roman Müller-Böhm die Frage: Wen soll ich wählen? Damals war er 16 Jahre jung und noch gar nicht wahlberechtigt. Trotzdem wollte er testen, wen er wählen würde, wenn er dürfte. Die Antwort gab ihm der Wahlomat. Dort sah sich der Essener die Wahlprogramme der Parteien an und stutzte bei der Frage: Stimmen Sie der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung zu? „Meine Antwort war natürlich nein. Ich fand es skandalös, dass Bewegungsmuster der Bürger komplett gespeichert werden sollten“, erinnert sich Müller-Böhm. Für den Schüler war es ein Punkt, der ihn motivierte, sich politisch zu engagieren. Er entschied sich für die FDP mit ihrem Bürgerrechtsprofil und sagt: „Es war die richtige Entscheidung.“ Stimmt offensichtlich, denn der 26-jährige Roman Müller Böhm ist heute der jüngste Abgeordnete im deutschen Parlament.

Im Jugendstadtrat von Mülheim an der Ruhr

Politische Fragestellungen debattierte Roman Müller-Böhm schon am Gymnasium mit seinen Mitschülern. „Damals war es allerdings eher so, dass sich junge Leute zwar für Politik interessierten, aber von Parteien fühlten sie sich eher abgestoßen“, sagt der Politiker.

Ihn interessierte beides, deshalb wurde wer nicht nur FDP-Mitglied, sondern 2010, mit gerade einmal 18 Jahren, Mitglied im Jugendstadtrat von Mülheim an der Ruhr.

Jurastudium und Praktikum im Bundestag

Als Kind wollte Roman Müller-Böhm Polizist werden. Er fand es spannend, mit einem Polizeiauto unterwegs zu sein. Dieser Wunsch hat sich nicht erfüllt. Er studiert seit 2012 Rechtswissenschaften in Bochum.

Fünf Jahre später kandidierte er für den Deutschen Bundestag und sagt: „Die parlamentarischen Abläufe kannte ich relativ gut, denn ich hatte beim heutigen parlamentarischen Geschäftsführer Marco Buschmann ein Praktikum absolviert.“

Jüngster Abgeordneter im Parlament

Worauf er sich nicht vorbereiten konnte und was ihn, wie er sagt, „geflasht“ hat, war der hohe mediale Ansturm, mit dem er als jüngster Bundestagsabgeordneter umgehen musste. „Einerseits musste ich erst einmal realisieren, dass ich es in den Bundestag geschafft hatte. Und dann gab es die vielen Medienanfragen, die ich kaum bewältigen konnte.“

Eine weitere Herausforderung für Roman Müller-Böhm war die Tatsache, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Berlin verorten musste. Hinzu kam, dass er plötzlich Verantwortung für die Mitarbeiter seines Abgeordnetenbüros übernehmen musste. „Als 24-jähriger hatte ich damit natürlich keine Erfahrungen“, sagt Müller-Böhm.

Das Thema In-vitro-Fleisch liegt ihm am Herzen

Kann der jüngste Bundestagsabgeordnete in der Halbzeit der Legislaturperiode schon eine erste Bilanz ziehen? Ist es ihm gelungen, Themen und Schwerpunkte zu setzen, die die Partei mitträgt?

„Besonders am Herzen liegt mir das Thema In-vitro-Fleisch, also Fleisch aus dem Labor, um Massentierhaltungen zu verringern. In den vergangenen Legislaturperioden war das Thema im Bundestag nicht präsent. Das hat sich geändert, weil ich es immer wieder thematisiert habe. In dieser Legislaturperiode gibt es viele Ausarbeitungen vom Wissenschaftlichen Dienst zu In-vitro-Fleisch, und das, finde ich, ist ein Erfolg“, sagt Müller-Böhm.

Austausch mit anderen Abgeordneten im Parlament

Hilfreich und konstruktiv findet der FDP-Politiker die Austauschrunden der jungen Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen. „Ein solcher Austausch führt dazu, dass die Jungen, die konkrete Vorstellungen haben, wie perspektivisch Abläufe im Parlament verändert beziehungsweise verbessert werden können, die Prozesse zukünftig lenken können. Es braucht zwar Zeit, aber wir sind ja alle jung genug“, sagt Roman Müller-Böhm.

Er fügt hinzu: „Mit einiger Wahrscheinlichkeit sind die Jungen von heute später einmal in größerer politischer Verantwortung. Und da ist menschliches Vertrauen untereinander förderlich im besten Sinn.“

„Akzeptieren, wenn es keine Mehrheiten gibt“

Der bewegteste Moment im Plenum war für Müller-Böhm die die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestags. Er sagt: „Dieses Gefühl wird so schnell nicht übertroffen.“ 

Es gab aber auch Situationen, die den Politiker frustriert haben – zum Beispiel, wenn ein Projekt gut läuft und nicht verlängert wird, weil es andere politische Entscheidungen gibt. „Ich kämpfe immer mit Herzblut für meine Projekte, aber ich bin auch Demokrat, und in einer Demokratie muss man akzeptieren, wenn es keine Mehrheiten gibt“, sagt Müller-Böhm.

Digitale Komponente in der Gesellschaft

Was Roman Müller-Böhm besonders bedauerlich findet, ist die Tatsache, dass die Regierungsparteien im Deutschen Bundestag offensichtlich noch immer nicht „auf dem Schirm“ haben, wie wichtig die digitale Komponente in der Gesellschaft ist.

„Die haben die Veränderungen von offline zu online offenbar komplett verschlafen. Aber vielleicht ist es auch eine Frage des Alters. Jüngere Menschen sind einfach affiner, was das reale Leben im digitalen Zeitalter betrifft.“

Für ein Wahlrecht ab 16 Jahren

Die Tatsache, dass es im Deutschen Bundestag nur 1,9 Prozent Abgeordnete unter 30 gibt, findet Roman Müller-Böhm nicht hinnehmbar. „Wir brauchen dringend junge Menschen, die sich für Parteipolitik interessieren. Und die sollten, wie ich, tatsächlich eine Chance bekommen, im Bundestag ihre jungen Ideen einzubringen.“ 

Der FDP-Politiker spricht sich deshalb für ein Wahlrecht ab 16 Jahren aus, auch wenn er dafür in der eigenen Partei noch keine Mehrheit findet. Aber er ist optimistisch. „Das muss sich noch ein bisschen entwickeln, aber dieser gesellschaftliche Bewusstseinswandel wird kommen.“ (bsl/26.08.2019)

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