Opposition übt scharfe Kritik an Etat-Planungen der Bundesregierung
Die Oppositionsfraktionen haben zum Auftakt der Beratungen zum Bundeshaushalt 2020 scharfe Kritik an den Etat-Planungen der Bundesregierung geübt. In der Allgemeinen Finanzdebatte am Dienstag, 10. September 2019, kritisierten die Redner von AfD, FDP, Die Linke sowie Bündnis 90/Die Grünen mit teils sehr unterschiedlicher Gewichtung unter anderem die geplanten Ausgaben für Investitionen, das Festhalten an der sogenannten schwarzen Null und die Steuerpolitik. Die Haushaltspolitiker der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stellten sich grundsätzlich hinter den Entwurf der Bundesregierung, akzentuierten aber auch Differenzen in Bereichen wie Steuer-, Haushalts- oder Klimapolitik. Zuvor hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) den Haushaltsentwurf (19/11800) eingebracht und die mittelfristige Finanzplanung (19/11801) vorgestellt.
AfD befürchtet „Milliardendesaster für die Steuerzahler“
Für die AfD-Fraktion sagte Peter Boehringer, dass es sich nicht um eine seriöse Haushaltsplanung handle. Von einer „vollständigen und realistischen Abbildung“ aller Belastungen und Risiken sei man weit entfernt. Boehringer nannte unter anderem die Risiken einer konjunkturellen Abkühlung, Rückstellungen für „Eurorettungsrisiken“ und Integrationskosten.
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses monierte zudem, dass der Solidaritätszuschlag nicht vollständig abgeschafft werden soll, obwohl dessen verfassungsrechtliche Grundlage wegfalle. Damit riskiere die Bundesregierung „ein Milliardendesaster für die Steuerzahler“. Wie auch die übrigen Redner der Opposition kritisierte Boehringer, dass die Quote der Ausgaben für Investitionen im Verhältnis zu den Gesamtausgaben tatsächlich sinke.
FDP: Regierung schaut nicht in die Zukunft
Von Seiten der FDP-Fraktion kritisierte Otto Fricke, dass Scholz, der sich um den Vorsitz der SPD bemüht, keine Haushaltsrede gehalten habe, sondern quasi eine Rede für eine SPD-Regionalkonferenz. Der Bundesregierung warf er vor, die Risiken der konjunkturellen Entwicklung zu negieren. Die Regierung schaue nicht in die Zukunft, sondern nur in die Gegenwart, das sei katastrophal für das Land, sagte Fricke.
Der haushaltspolitische Sprecher der Liberalen betonte, es sei zwar gut und richtig, dass der Staat investiere, aber neun Zehntel des Investitionen kämen tatsächlich von Privaten und Unternehmen: „Es ist am Ende der Private, der dieses Land nach vorne bringt.“ Fricke mahnte zudem an, auch über Verzicht in der Haushaltsplanung nachzudenken, statt immer nur zu fragen, wo mehr ausgegeben werden könne.
Linke wirbt für andere Steuer- und Finanzpolitik
Für eine grundsätzlich andere Steuer- und Finanzpolitik warb Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke). Die Bundesregierung bedrohe die „Sicherheit der Menschen in diesem Land“. Es werde zu viel für Rüstung ausgeben, aber „zu wenig für Investitionen und viel zu wenig für Soziales“. Die haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion nannte die Schuldenbremse „ökonomischen Unsinn“.
Die Koalition habe sich mit dem Festhalten an der schwarzen Null selbst „an Armen und Beinen gefesselt“. Diese Fesseln müssten gelöst werden. Lötzsch warf der Regierung zudem vor, dass im Entwurf weder für den Klimaschutz noch für die Grundrente Vorsorge getroffen werde. Das sei ein „Armutszeugnis“.
Grüne wollen „Offensive für Klimaschutz und Digitalisierung“
Für Bündnis 90/Die Grünen warf Sven-Christian Kindler der Bundesregierung vor, „Stückwerk“ vorgelegt zu haben. So fehle etwa der Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds. Auch auf die Risiken eines ungeregelten Brexits sowie anhaltender Handelskonflikte gebe der Etat keine Antworten. Wie auch andere Redner wies der Grünen-Abgeordnete darauf hin, dass der Entwurf nur ausgeglichen sei, weil auf eine Rücklage zurückgegriffen werde. Ansonsten „wären Sie völlig blank gewesen“, sagte Kindler in Richtung des Finanzministers.
Der Grünen-Haushälter warb für einen Vorschlag seiner Fraktion, die Schuldenbremse zu ergänzen, um unter bestimmten Bedingungen Kredite für Investitionen aufnehmen zu können. Die aktuell niedrigen Zinsen müssten genutzt werden, um eine „Offensive für Klimaschutz und Digitalisierung“ über Kredite zu ermöglichen. Es müsse jetzt investiert werden, statt sich an die schwarze Null zu klammern, forderte Kindler.
CDU/CSU: Schwarze Null ist eine Errungenschaft
Lobende Worte für den Haushaltsentwurf fand hingegen Andreas Jung (CDU/CSU). Mit dem Etat werde in „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ investiert – in Wohnen, in gleichwertige Lebensverhältnisse, Pflege und Familien. Die Investitionen stiegen auf ein Rekordniveau, hielt Jung der Opposition entgegen. Zudem müsse man sich auch damit befassen, wie die zur Verfügung gestellten Mittel abfließen können.
Jung stellte sich fest hinter die Haushaltspolitik der vergangenen Jahre. Die schwarze Null sei eine Errungenschaft und „Ausdruck von Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion. Mit Bezug auf die Steuerpolitik sagte Jung, dass die Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags für seine Fraktion nur ein erster Schritt sein könne. Handlungsbedarf benannte er zudem bei der Unternehmensbesteuerung und verwies auf Initiativen seiner Fraktion.
SPD spricht von „Rekordinvestitionen“
Sehr zufrieden mit dem Entwurf zeigte sich der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs. Es sei ein „solider Haushalt, er ist vernünftig, er ist ehrlich, er ist transparent“. Klimaschutz, Digitalisierung, Wohnungsbau, gleichwertige Lebensverhältnisse und Kohleausstieg gehe die Koalition an, betonte Kahrs.
Es könne aber nicht angehen, mahnte der Sozialdemokrat, dass der Bund in Vorleistung gehe „und die Länder nichts machen“. Deswegen sei es richtig, dass der Bund prüfe, wie die Länder etwa mit den Mitteln im Bereich des sozialen Wohnungsbaus verfahren. Auch Kahrs verteidigte die Investitionsplanung der Koalition. Es seien „Rekordinvestitionen“. „Wir investieren ein Drittel mehr als in der letzten Wahlperiode“, sagte der Sozialdemokrat.
Höhere Steuereinnahmen erwartet
Konkret ging es in der Debatte um den Einzelplan 08 (Bundesministerium der Finanzen), Einzelplan 20 (Bundesrechnungshof), Einzelplan 32 (Bundesschuld) und Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) der Haushaltsentwurfs. Im Einzelplan 08 sind Ausgaben in Höhe von 7,42 Milliarden Euro (2019: 7,18 Milliarden Euro) vorgesehen. Knapp die Hälfte davon sind Personalausgaben (3,8 Milliarden Euro). Der Einzelplan 32 sieht die Summe von 16,55 Milliarden Euro (2019: 18,38 Milliarden Euro) für den Schuldendienst vor. Im Einzelplan 60 finden sich die geplanten Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben, die laut Vorlage bei 328,02 Milliarden Euro (2019: 325,8 Milliarden Euro) liegen.
Der Haushaltsausschuss wird die Einzelpläne nach aktueller Planung zwischen dem 25. September und dem 13. November beraten. Anfang November 2019 wird zudem die für den Bundeshaushalt 2020 maßgebliche Steuerschätzung vorliegen. Die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses mit allerletzten Korrekturen ist für den 14. November vorgesehen. Die zweite und dritte Lesung des Haushaltsgesetzes in der Ausschussfassung ist vom 25. bis zum 29. November terminiert. (scr/10.09.2019)