Aktuelle Stunde

„Aufrüstung des Irans und der Golf­region verhindern“

Die Oppositionsfraktionen reagieren mit Unverständnis auf das Agieren der Bundesregierung angesichts der Verschärfung der Konflikte in Nahost nach den Anschlägen auf saudi-arabische Ölanlagen. In einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur „Haltung der Bundesregierung zur Eskalation in der Golfregion“ bestand am Mittwoch, 25. September 2019, indes Einigkeit, dass es weiter darum gehen müsse, ein atomare Aufrüstung des Irans und der gesamten Region zu verhindern und dass die Aufkündigung des Atomankommens durch die USA ein gravierender Fehler gewesen sei.

Grüne: Von der Bundesregierung kommt wenig

Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim UN-Gipfel in New York an der Seite der Präsidenten der USA, Frankreichs und des britischen Premiers darauf festgelegt habe, dass der Iran hinter den Drohnenanschlägen im Osten Saudi-Arabiens stehe.

Von der Bundesregierung komme mit Blick auf die bedrohliche Eskalation am Golf ansonsten wenig: Keine Initiative im UN-Sicherheitsrat – dafür aber Forderungen aus der Union, die Blockade deutscher Waffenexporte nach Saudi-Arabien zu lockern.

CDU/CSU: Jede Menge Indizien und Plausibilitäten

Jürgen Hardt (CDU/CSU) verteidigte die Positionierung der Bundesregierung gegenüber dem Iran – es gebe für dessen Urheberschaft jede Menge Indizien und Plausibilitäten. Einen „gerichtsfesten Beweis, eine ‚smoking gun‘“ werde man schwerlich finden, weil der Iran keine Untersuchungen auf seinem Territorium zulasse.

Als wichtige Basis für diplomatische Stabilisierungsversuche nannte Hardt den Konsens von Deutschland, Frankreich und Großbritannien, ein neues Abkommen mit dem Iran anzustreben, das über die Verhinderung von dessen atomarer Aufrüstung hinausgehe.

AfD: Deutschland hat Einfluss auf den Iran verloren

Armin-Paulus Hampel (AfD) beklagte, dass Deutschland seinen traditionell „massiven guten Einfluss“ auf den Iran offenbar verloren habe. Die Bundesregierung sitze in New York am Katzentisch, während der französische Präsident mit nationalen Alleingängen die Initiative an sich reiße.

In den Zeiten der Regierung Helmut Kohls (CDU) und Hans-Dietrich Genschers (FDP) sei Deutschland noch „global Player“ gewesen, sagte Hampel: „Heute sind wir nur noch global Payer“.

SPD: Zu einem „neuen Verhandlungsansatz“ kommen

Thomas Oppermann (SPD) führte die Eskalation in der Golfregierung auf die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA zurück. Die „Strategie des maximalen Drucks“ von US-Präsident Donald Trump habe zu einem „sicherheitspolitischen und diplomatischen Desaster ersten Ranges“ geführt.

Es sei in diesem Kontext wichtig, dass Trump am Vortag in New York signalisiert habe, auf militärische Mittel zu verzichten. Es müsse für Deutschland, Frankreich und Großbritannien nun darum gehen, am Konzept des Atomabkommens mit dem Iran festzuhalten und zu einem „neuen Verhandlungsansatz“ zu kommen.

FDP: Iran ein „aggressiver Staat“ 

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) bezeichnete den Iran als „den aggressiven Staat“ im Nahen und Mittleren Osten: Die iranische Führung stütze schiitische Kräfte in Syrien und die Huthis im jemenitischen Bürgerkrieg, sie betreibe ein ballistisches Raketenprogramm, arbeite an der atomaren Bewaffnung und bestreite das Existenzrecht Israels.

Als „unverständlich“ bezeichnete Lambsdorff die Untätigkeit der Bundesregierung und insbesondere die Tatsache, dass Merkel nicht wie ihre Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien und wie der iranische Präsident in der UN-Generalversammlung gesprochen habe.

Linke warnt vor Schuldzuweisungen 

Sevim Dağdelen (Die Linke) warnte vor einseitigen Schuldzuweisungen: Für die Bundesregierung stehe der Schuldige bereits fest – „ohne Belege, ohne Beweise“. Seit Jahren seien Huthis in der Lage, aus dem Jemen heraus mit Drohnen saudi-arabisches Territorium anzugreifen. Die Bundesregierung bleibe die Antwort schuldig, warum die Täterschaft der Huthis nicht genauso plausibel sein soll wie die behauptete iranische. 

Als „unglaublich“ bezeichnete es Dağdelen, dass die Bundesregierung wie die USA Saudi-Arabien „uneingeschränkte Solidarität“ zugesichert habe. Diese Solidarität gelte „blutigen Schlächtern in Riad“. (ahe/25.09.2019)

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