Bundestag will Standort mit nationaler Tourismusstrategie stärken
Der Bundestag will den Standort Deutschland mit einer nationalen Tourismusstrategie stärken. Einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und SPD (19/11088) nahm er am Donnerstag, 27. Juni 2019, an. Gegenstand der Debatte waren auch die Eckpunkte der Bundesregierung für eine nationale Tourismusstrategie (19/9810) sowie Anträge der AfD (19/10169), der FDP (19/7899) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/11152). Während die Anträge der AfD und der FDP auf Empfehlung des Tourismusausschusses (19/11196) abgelehnt wurden, überwies das Parlament den Antrag der Grünen zur federführenden Beratung an den Tourismusausschuss.
Koalitionsantrag angenommen
Der Bundestag fordert die Bundesregierung mit Annahme des Koalitionsantrags unter anderem auf, die Koordinierung der Tourismuspolitik sowie tourismusrelevanter Vorhaben zwischen den Bundesressorts zu verstärken und dafür auch einen Staatssekretärsausschuss einzurichten. Intensiviert werden soll die Koordination der Tourismuspolitik sowie tourismusrelevanter Vorhaben von Bund und Bundesländern über die jeweiligen Bund-Länder-Ausschüsse.
Die Bundesförderung für die Deutsche Zentrale für Tourismus, die im Ausland für das Reiseland Deutschland wirbt, soll auf dem aktuellen Niveau verstetigt werden. Dabei sollen möglichst auch neue Auslandsmärkte erschlossen werden, heißt es in dem Beschluss.
Anträge der AfD und FDP abgelehnt
Die AfD wollte mit ihrem Antrag (19/10169), den alle anderen Fraktionen ablehnten, eine nationale Tourismusstrategie für mehr Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze erreichen. Sie wollte die Bundesregierung unter anderem auffordern, eine solche Tourismusstrategie für mehr Wirtschaftswachstum und sichere Arbeitsplätze vorzulegen, die den Ausbau des Incoming-Tourismus nach Deutschland als Schwerpunkt festlegt, günstige Rahmenbedingungen schafft und Wachstumshindernisse beseitigt.
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt wurde zudem der FDP-Antrag mit dem Titel „Nationale Tourismusstrategie mittelstandsfreundlich gestalten – Bürokratie abbauen“ (19/7899). Um Abhilfe zu schaffen, wollten die Liberalen auf beherzten Bürokratieabbau setzen und empfahlen etwa, für jede neu eingeführte Regelung zwei bestehende zu streichen. Überdies wollten sie Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz lockern und Vorschriften zur Arbeitszeit besser auf die Bedürfnisse des Gastgewerbes abstimmen.
Antrag der Grünen
„Nationale Tourismusstrategie fair, sozial, ökologisch und klimafreundlich gestalten“ lautet der Titel des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen (19/11152). Die Grünen wollen den klima- und umweltfreundlichen Tourismus fördern, indem Fördermittel vorrangig für Tourismusprojekte sowie für die Erstellung und Umsetzung von Tourismuskonzepten vergeben werden, die sich am Umwelt- und Klimaschutz orientieren.
Konzepte des sanften Tourismus sollten bevorzugt behandelt werden. Den Ausbau von nachhaltigen Tourismusangeboten will die Fraktion durch Bundesmittel fördern. Auch sollten die finanziellen Rahmenbedingungen für energetische Sanierungen, die zum Einsparen von Betriebsmitteln führen, verbessert werden. Unternehmen wollen die Grünen beim ökologischen Wandel unterstützen und den Klima- und Ressourcenschutz vorantreiben, indem attraktive Bedingungen für energieeffiziente Investitionen und erneuerbare Energien eingeführt werden.
Nationale Tourismusstrategie der Bundesregierung
Der gesellschaftliche Wert der Reisebranche geht in den Augen der Bundesregierung über ihre Bedeutung als Wirtschaftsfaktor hinaus. In der Unterrichtung einer „Nationalen Tourismusstrategie“ heißt es, Tourismus sei ein Instrument des kulturellen Austauschs, der Völkerverständigung und damit letztlich auch der Friedenssicherung. Die Bundesregierung sieht die Nationale Tourismusstrategie als Beitrag, um im Rahmen ihrer Kompetenzen die Wettbewerbsfähigkeit des mittelständisch geprägten Reisesektors zu stärken.
Die Tourismuswirtschaft trage mit 6,8 Prozent zur inländischen Gesamtbeschäftigung und mit 3,9 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt in Deutschland bei, heißt es in der Unterrichtung. Sie zähle rund drei Millionen Mitarbeiter und erziele eine direkte Wertschöpfung von 105 Milliarden Euro. Die indirekten Effekte etwa durch den Einkauf von Lebensmitteln durch die Gastronomie oder den Bedarf an Handwerkerleistungen beliefen sich auf zusätzlich 76 Milliarden Euro beziehungsweise 1,25 Millionen Erwerbstätige. Im Jahr 2015 hätten Reisende in Deutschland 287 Milliarden Euro ausgegeben, ausländische Besucher allein 40 Milliarden. Insbesondere in ländlichen Räumen könne der Reiseverkehr maßgeblich zur Stärkung der Wirtschaftskraft sowie zum Erhalt öffentlicher Infrastruktur beitragen.
Fachkräftemangel und Digitalisierung als Herausforderung
Benannt werden in der Unterrichtung auch Probleme und Herausforderungen, insbesondere der Fachkräftemangel, unter dem die Branche zu leiden hat, und die fortschreitende Digitalisierung. Die Autoren verweisen auf ein Zehn-Punkte-Programm zur Fachkräftesicherung im Gastgewerbe, das die Wirtschaftsministerkonferenz im Juli 2018 beschlossen habe.
Die Verfügbarkeit von schnellem Internet und flächendeckender Mobilfunkversorgung nicht zuletzt in ländlichen Räumen sei ein „Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismusstandorts Deutschland“. (wid/vom/eis/sas/27.06.2019)