Befragung der Bundesregierung

Maas: Deutsche Initiative strebt Waffen­stillstand in Libyen an

In der Diskussion um eine stärkere Verantwortung Deutschlands und Europas in der Außen- und Verteidigungspolitik hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 6. November 2019, insbesondere auf die Bedeutung des Engagements in Nordafrika und insbesondere im Libyen-Konflikt bezeichnet. „Es ist ein Gradmesser, ob es uns als Europäer gelingt, die unmittelbare Nachbarschaft zu stabilisieren und dabei auch internationale Partner einzubinden“, sagte der Außenminister in seinem Eingangsstatement. In der einstündigen Befragung im Plenum dominierten anschließend jedoch insbesondere Fragen der Abgeordneten zu Maas' Haltung zu der von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vorgeschlagenen Schutzzone in Syrien.

Deutsches Engagement für Frieden in Libyen

Maas hatte zuvor betont, dass die Umbrüche 2011 in Nordafrika in Tunesien zu sehr unterschiedlichen Situationen in den Ländern geführt hätten. In Tunesien hätten sie eine „lebendige Demokratie“ hervorgebracht. Libyen hingegen sei heute ein „zerfallener Staat“. Die deutsche Außenpolitik ziele in Tunesien insbesondere darauf, die junge Demokratie in guter Regierungsführung sowie dem Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und Sicherheitskräften zu unterstützen. In Libyen gehe es in erster Linie um eine Befriedung der innersyrischen Konflikte, die sich zum einem „Stellvertreter-Konflikt“ ausgewachsen hätten, so Maas. Die Bundesregierung plane zu diesem Zweck eine Libyen-Konferenz, zu der Schlüsselstaaten eingeladen werden sollen. 

Als wichtigste Ziele nannte der Außenminister zum einen ein Waffenembargo, zum anderen die Vereinbarung eines Waffenstillstands als Grundlage für einen politischen Prozess. Mehrere Treffen hätten bereits stattgefunden, unter anderem mit den beteiligten Konfliktparteien. Diese deutsche, als „Berliner Prozess“ bezeichnete Initiative sei „in Libyen und in den Nachbarstaaten als hoffnungsvolles Zeichen aufgenommen worden“, so de Minister, dass sich die internationale Staatengemeinschaft unter der Führung von Deutschland daran beteilige, den Frieden in Libyen herzustellen.

Mehr als das deutsche Engagement in Libyen interessierte die Abgeordneten jedoch die Situation in Syrien und insbesondere die Uneinigkeit in der Bundesregierung hinsichtlich der von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vorgeschlagenen Schutzzone.

FDP kritisiert Maas-Auftritt in Ankara

So kritisierte Alexander Graf Lambsdorff (FDP) den Minister direkt, er habe in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu in Ankara mit seinen ablehnenden Äußerungen zum Schutzzonen-Vorschlag die Verteidigungsministerin „der Lächerlichkeit preisgegeben“ und „desavouiert“. Der Vorstoß Kramp-Karrenbauers sei zwar zeitlich nicht „glücklich“ gekommen, aber doch international als „willkommenes Lebenszeichen“ aufgenommen worden.

Diesen Vorwurf Lambsdorffs wies Maas zurück: Er habe lediglich auf Fragen von Journalisten geantwortet, ob der Vorschlag Kramp-Karrenbauers Teil seiner Gespräche mit dem türkischen Kollegen gewesen seien. Dies sei er aber nicht gewesen. Im Schwerpunkt sei es um andere Fragen gegangen.

CDU/CSU bittet Maas um Konkretisierung seiner Äußerung

Gisela Manderla (CDU/CSU) wollte zudem wissen, was der Außenminister gemeint habe, als er in der Pressekonferenz gesagt habe, dass die Schutzzonen-Initiative von vielen als „nicht realistisch“ eingeschätzt werde. „Bitte konkretisieren Sie das“, forderte die CDU-Abgeordnete Maas auf.

Dieser erklärte, er habe unter anderem mit den Partnern USA, Frankreich und Großbritannien gesprochen. „Diese wollten mehr Informationen zu dem Vorschlag. Die haben sie dann auch bekommen.“ Vor dem Hintergrund der Verhandlungen in Sotschi sei es aber zu dem Zeitpunkt in erster Linie um die Frage gegangen, wie ein politischer Prozess in Gang gebracht werden könne. Sicherheitspolitische Fragen hätten noch nicht im Fokus gestanden.

Grüne: Deutschland steht international katastrophal da

Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) wollte das nicht so stehen lassen. Wie zuvor schon die FDP kritisierte sie, dass Deutschland nun auf der „internationalen Bühne katastrophal“ dastehe. Sowohl der Außenminister wie auch die Verteidigungsministerin hätten sich innenpolitisch profilieren wollen und damit die deutsche Außenpolitik beschädigt. „In einer so schwierigen außenpolitischen Situation waren Ihre Äußerungen nicht geeignet, um Klarheit zu schaffen“, monierte Brugger.

Maas stellte in seiner Antwort klar, dass der Vorschlag einer Schutzzone tatsächlich international grundsätzlich auf großes Interesse gestoßen sei. Das Konzept sei nicht völlig neu. Allerdings habe es bislang keine internationale Verständigung dazu gegeben. Aus Sicht der Bundesregierung werde es darum gehen müssen, wie man humanitär und zivil helfen und sich auch sicherheitspolitisch beteiligen könne. Voraussetzung sei aber der politische Prozess.

Linke: Kurdische Selbstverwaltung gewährleisten

Helin Evrim Sommer (Die Linke) wollte von Maas wissen, wie die Bundesregierung hinsichtlich der Zusammensetzung des Verfassungskomitees, das eine neue Verfassung für Syrien ausarbeiten soll, darauf hinwirke, dass auch eine kurdische Selbstverwaltung gewährleistet werde.

Maas sagte, dass lange über die Zusammensetzung des Ausschusses gestritten worden sei, dass es aber nun erste Gespräche gebe und die Listen zur Zusammensetzung des Komitees akzeptiert worden seien. Die Situation bleibe aber weiterhin „volatil“. Deutschland unterstütze den Prozess organisatorisch und tausche sich regelmäßig mit dem UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, aus. Dieser prüfe, wie die „Kurdenproblematik“ eingebracht werden könne.

AfD: Rolle der USA nicht ausreichend gewürdigt

Kritik an Äußerungen des Außenministers übte auch die AfD, allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Vorschlag einer Schutzzone für Syrien. Armin-Paul Hampel monierte, Maas habe in einem Gastbeitrag, der in 26 EU-Staaten erschienen ist, zahlreichen Protagonisten für ihren Beitrag zu Wiedervereinigung und Mauerfall gedankt, aber die USA nicht ausdrücklich erwähnt.

Maas widersprach dieser Darstellung. „Da haben Sie den Beitrag nicht zu Ende gelesen“, hielt er dem Abgeordneten vor. Die wichtige Rolle der westlichen Alliierten und gerade der USA sei unbestritten. Mit dem Beitrag habe er aber auch den Beitrag von anderen Staaten wie Ungarn und Polen würdigen wollen. (sas/06.11.2019)

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