Kein Rückhalt für AfD-Antrag gegen Islamismus
Ein Vorstoß der AfD-Fraktion für ein „verstärktes und effektiveres Vorgehen gegen die Ausbreitung des Islamismus in Deutschland“ ist am Donnerstag, 13. Februar 2020, im Bundestag auf klare Ablehnung der restlichen Fraktionen gestoßen. Sowohl aus den Reihen der Koalition als auch der anderen Oppositionsfraktionen wurde der AfD vorgeworfen, mit ihrem Antrag (19/17126), der erstmals auf der Tagesordnung des Plenums stand, Ängste schüren zu wollen. Der Bundestag überwies den Antrag im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat.
AfD: Islamistischer Terror größte Gefahr
Der AfD-Abgeordnete Martin Hess hielt dagegen der Bundesregierung vor, sie sei offensichtlich „nicht willens, unsere Bürger vor islamistischen Terroristen effektiv zu schützen“, obwohl der islamistische Terrorismus die „größte Gefahr für die Sicherheit“ der Bürger sei.
Dies zeige die „verheerende Migrationspolitik“ der Bundesregierung, aber auch ihr Umgang mit dem fundamentalistischen Islam, sagte Hess. Statt diesen mit aller Härte zu bekämpfen, lasse sie ihn „nahezu ungehindert“ in Deutschland agieren. So lasse sie zu, dass sich die Muslimbruderschaft immer weiter in Deutschland ausbreite, fügte Hess hinzu und forderte, aufgrund der „Staatsfeindlichkeit von Muslimbrüdern und ihren Organisationen“ diese sofort zu verbieten.
CDU/CSU: Koalition bei Islamismus-Bekämpfung „hellwach“
Christoph de Vries (CDU/CSU) entgegnete, mit ihrem Antrag widme sich die AfD erneut „einem ihrer Lieblingsthemen: der vermeintlichen Islamisierung und dem Schutz des Abendlandes davor“. Dabei verwechsle sie den Islam mit Islamismus und mache alle Muslime zu Islamisten. Dies sei „Unsinn“. Die große Mehrheit der rund 4,5 Millionen Muslime lebe hier „in Frieden und Freundschaft unter uns“.
Auch sei die Koalition bei der Bekämpfung des Islamismus „hellwach“, fügte de Vries hinzu und verwies auf einen entsprechenden Stellenaufwuchs bei den Sicherheitsbehörden und das Verbot von neun islamistischen Organisationen in den vergangenen zehn Jahren.
FDP: Entstehungsgründe von Extremismus trockenlegen
Stephan Thomae (FDP) betonte, jeder Extremismus sei von Übel, „egal, ob von rechts, von links oder islamistisch motiviert“. Extremismus sei aber immer „mehrdimensional“, weshalb es für seine Bekämpfung auch immer mehrdimensionale Konzepte brauche. Auch komme es darauf an, die „Entstehungsgründe von Extremismus trockenzulegen“.
Auf diese Entstehungsgründe müsse man gesellschaftspolitische Antworten finden und „nicht in erster Linie sicherheitspolitische“. Der AfD-Antrag sei „zu reaktiv“ und „zu eindimensional“ für ein komplexes Problem, das auch komplexe Antworten erfordere. Dies leiste die AfD-Vorlage nicht und sei deshalb schlecht.
SPD: Behörden haben Islamisten auf dem Radar
Uli Grötsch (SPD) bekräftigte, die Koalition bekämpfe jede Form von Extremismus gleichermaßen. Auch wenn der Rechtsextremismus mit mehr als 24.000 Extremisten das höchste Personenpotenzial habe, hätten die Sicherheitsbehörden ebenso die Islamisten „natürlich auf dem Radar“.
Grötsch betonte zugleich, dass auch die AfD ein „Prüffall des Verfassungsschutzes“ sei. In diesem Jahr werde man erfahren, ob die Beweise ausreichen, damit auch ihr Bundesverband „ein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz wird“. Dies würde er für richtig halten, denn „allein durch demokratische Wahl wird man noch nicht zum Demokraten“.
Linke: Lieblings-Wahnvorstellung der AfD
Ulla Jelpke (Die Linke) bezeichnete eine „angeblich drohende Islamisierung Deutschlands“ als „Lieblings-Wahnvorstellung der AfD“ und rief dazu auf, Islamfeindlichkeit ebenso wie Antisemitismus und andere Formen des Rassismus zu bekämpfen.
Mit Blick auf die Muslimbruderschaft sagte sie, diese sei eine „äußerst unsympathische Vereinigung“, die in ihrer Ablehnung der pluralen Demokratie, „ihrem patriarchalen Familienbild und ihren reaktionären Moralvorstellungen“ dem durchschnittlichen AfD-Mitglied näher stehe als den demokratischen Vorstellungen der Mitte der Gesellschaft. Solange ihre Anhänger sich in Deutschland jedoch an die hiesigen Gesetze hielten, gelte auch für sie die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit.
Grüne: Gravierende Defizite dringend anpacken
Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) attestierte der AfD eine „geistige Vollverschleierung“. Zugleich betonte sie, dass der Islamismus und der Rechtsextremismus zu den größten Bedrohungen für die innere Sicherheit zählten. Deshalb sei es „wichtig und richtig, dass entsprechende Bestrebungen wirklich eingehend analysiert werden“.
Dabei müsse man die „zum Teil gravierenden Defizite in diesem Bereich“ dringend anpacken, doch brauche man dazu keinen „weiteren Heuchel-Antrag der AfD“. Darin versuche die AfD, „ihren Ausländerhass mit scheinbarer Religionskritik, wenn auch nur sehr schlecht, zu überdecken“ und fordere Dinge, die teilweise schon Realität seien wie etwa die Beobachtung der Muslimbrüder. (sto/13.02.2020)
„Muslimbruderschaft beobachten“
Die AfD fordert die Bundesregierung unter anderem auf, die Muslimbruderschaft in Deutschland, ihre Ableger, Tätigkeiten und Netzwerke verstärkt zu beobachten. Dies solle auch Maßnahmen gegen die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG), die ehemals Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) und nachgeordnete Organisationen, beinhalten, deren bundesweite Einflussnahme präziser erfasst und analysiert werden solle.
Aufgrund der gesammelten Erkenntnisse sollten Verbote dieser Organisationen verstärkt geprüft und umgesetzt werden, schreibt die Fraktion. Den Moschee-Verband Ditib will sie im Hinblick auf etwaige verfassungswidrige staatspolitische Ziele und Netzwerkstrukturen zur Muslimbruderschaft ebenfalls umfassender analysieren, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen.
Austauschprogramm mit Israel vorgeschlagen
Die Fraktion regt darüber hinaus eine tiefergehende bilaterale Sicherheitskooperation mit Israel zur Bekämpfung von islamistischem Terrorismus im Bereich der jeweiligen innerstaatlichen Gefahrenabwehr an. Dazu solle es eine jährliche bilaterale Sicherheitskonferenz mit Vertretern israelischer und deutscher Polizei- und Sicherheitsbehörden des Bundes unter Einbeziehung der entsprechenden Länderbehörden geben, um Erfahrungen in der Bewertung von inneren Sicherheitslagen auszutauschen und islamistischen Terrorismus und Gefährder effektiver bekämpfen zu können.
Die AfD empfiehlt zudem den Aufbau eines dauerhaften Austauschprogramms zwischen israelischen und deutschen Polizei- und Sicherheitsexperten und Regierungsvertretern, um die praktische Schulung im Umgang mit inländischen islamistischen Szenen zu verbessern, auch im Hinblick auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. (sto/13.02.2020)