Befragung der Bundesregierung

Giffey: Wir haben den Auftrag, unsere Demokratie zu schützen

Gleichstellung, Elterngeldreform, Mobbingschutz, Kinderrechte im Grundgesetz und nicht zuletzt erneut Kritik am Bundesprogramm „Demokratie leben“ – das Spektrum der Fragen war breit, mit denen Dr. Franziska Giffey (SPD), Bundesministerin für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, am Mittwoch, 12. Februar 2020, in der Regierungsbefragung des Bundestages konfrontiert war. Die Ministerin hatte vor dem Hintergrund der Thüringen-Wahl in ihrem kurzen Statement zu Beginn der einstündigen Befragung die Wichtigkeit „verlässlicher und stabiler Regierungsarbeit“ betont. „Wir haben den Auftrag, unsere Demokratie zu schützen, Menschen zu beteiligen und dafür zu sorgen, dass der soziale Zusammenhalt in unserem Land erhalten bleibt“, sagte Giffey.

Ziel der Arbeit ihres Hauses sei es deshalb auch, der „Zivilgesellschaft den Rücken zu stärken“ – unter anderem zum Beispiel durch die Gründung einer Stiftung für Engagement und Ehrenamt. In der bevorstehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft werde die Bundesregierung neben Themen wie Gleichstellung, der Bekämpfung von Kinderarmut und Gewalt gegen Frauen bewusst auch einen Schwerpunkt auf das Thema Jugend und Demokratiebildung setzen, kündigte die SPD-Politikerin an, bevor sie den Abgeordneten Rede und Antwort stand.

AfD fragt nach Programm „Demokratie leben“

Mariana Herder-Kühnel (AfD) fragte anknüpfend an Giffeys Erwähnung der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen, ob die Ministerin „ausschließen“ könne, dass durch das Programm „Demokratie leben“ geförderte Organisationen und Vereine an den Demonstrationen gegen die „demokratische Wahl“ des FDP-Politikers Thomas Kemmerich beteiligt gewesen seien und „organisiert Druck“ gemacht hätten, um die Wahl „rückgängig zu machen“.

Giffey unterstrich in ihrer Antwort, dass die Bundesregierung der Überzeugung sei, dass die durch ihre Programme geförderten Vereine und Organisationen sich grundsätzlich gegen „jede Form von Gewaltausübung stellen“. Das Programm „Demokratie leben“ ziele explizit darauf, Demokratie zu stärken und Gewalt und Extremismus zu bekämpfen. „Dies ist eine klare Distanzierung von jeder Form von Gewalt.“

Linke kritisiert Umstrukturierung von „Demokratie leben“

Daran anschließend kritisierte Norbert Müller (Die Linke), dass durch die Umstrukturierung des Programms „Demokratie leben“ viele zuvor geförderte gute Modellprojekten nun keine Unterstützung mehr erhielten. Ein Grund dafür sei auch, dass viele dieser Projekte ursprünglich gar nicht zur Antragstellung aufgefordert worden seien, monierte Müller. Ein Nachmeldeverfahren sollte ihnen jedoch die Möglichkeit geben, doch noch Fördergelder zu beantragen. „Was sind die Ergebnisse dieses Verfahrens?“, fragte der Linken-Abgeordnete.

Giffey erklärte, dass alle Mittel, die im Rahmen der Förderung in Höhe 115,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen, inzwischen vergeben seien. 160 Modellprojekte und 300 Partnerschaften für Demokratie würden gefördert. „Wir haben nicht alle Projektanträge unterstützen können. Die Zahl von 1.000 Anträgen war einfach zu hoch“, räumte Giffey ein. 

CDU/CSU dringt auf mehr Mobbingbekämpfung

Maik Beermann (CDU/CSU) forderte eine noch stärkere Befassung mit dem Problem „Mobbing“. Er begrüßte in diesem Zusammenhang zwar, dass die Koalition 2019 das Budget für „Respektcoaches“ und „Anti-Mobbing-Profis“ erhöht habe, erkundigte sich aber, was die Bundesregierung darüber hinaus plane.

Giffey stimmte zu, dass Mobbing ein „Riesenthema“ sei. Die Bundesregierung habe mit dem angesprochenen Modellprogramm ein Zeichen gesetzt und verzeichne auch „gute Erfolge“. „Wir sind mit den Anti-Mobbing-Profis an über 200 Schulen in Deutschland in der Schulsozialarbeit unterwegs“. Allerdings sei die Bekämpfung von Mobbing „kein originäres Thema des Bundes“, so die Ministerin. „Wir können hier nur Impulsgeber sein und die Länder anreizen, in dem Feld mehr zu tun“. In der geplanten Novelle des Jugendmedienschutzgesetzes werde die Bundesregierung aber Mobbing im digitalen Raum in den Blick nehmen, versprach Giffey.

FDP erkundigt sich nach Elterngeldreform

Grigorios Aggelidis (FDP) fragte nach der geplanten Reform des Elterngeldes. „Wie erklären Sie den Eltern, die seit 2018 auf die versprochene Überarbeitung warten, warum sie bis heute immer noch nicht vorliegt?“

Giffey sagte, sie habe erst gerade die „erfreuliche Mitteilung“ erhalten, dass nach längeren Abstimmungen nun die Freigabe des Bundeskanzleramts vorliege. Der Entwurf könne nun in die Ressortabstimmung gehen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir im Frühling dieses Jahres auch damit ins Kabinett kommen“, betonte die Ministerin. Ziel sei eine „stärkere Flexibilisierung des Elterngeldes“.

SPD fragt nach EU-Gleichstellungsstrategie

Die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier wollte wissen, wie die Bundesregierung die von der neuen EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, angekündigte europäische Gleichstellungsstrategie unterstützen werde. „Wo setzen Sie Prioritäten?“, frage Breymaier.

Die Ministerin sagte, die Bundesregierung habe schon im Zuge der Vorbereitung der EU-Ratspräsidentschaft einen Schwerpunkt auf das Thema Gleichstellung gelegt. Dabei gehe es der Bundesregierung vor allem um zwei Themen, unterstrich Giffey: die Entgeltgleichheit sowie die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. „Hier arbeiten wir auch eng mit der zuständigen EU-Kommissarin zusammen.“

Grüne kritisieren Entwurf zu Kinderrechten im Grundgesetz

Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) griff die Kritik von Kinderrechtsverbänden und Verfassungsrechtlern an dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung auf und fragte nach der Haltung der Bundesfamilienministerin dazu: „Die Formulierung des Entwurfs fällt einerseits hinter die Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention zurück, andererseits hinter die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wie schätzen Sie die Formulierung ein – insbesondere im Hinblick auf die Vorrangstellung des Kindeswohls und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen?“

Giffey räumte ein, dass der Vorschlag ein „Kompromiss“ sei. Eine „weitergehende Formulierung“ sei zwar auch aus Sicht des Bundesfamilienministeriums „wünschenswert“ gewesen, aber es gebe unterschiedliche Positionen, so die Ministerin. Politik sei eben auch eine „Kunst des Möglichmachens“. (sas/12.02.2020)

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