Stopp-Signale gegen den Einsatz von Kindersoldaten
Weltweit werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen zwischen 250.000 und 300.000 Kinder in bewaffneten Konflikten als Soldaten, Spione, Nachrichtenübermittler oder Träger missbraucht. Eine alarmierende Situation. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages (Kiko) hat Abgeordnete aller Fraktionen sowie Parlamentsmitarbeiter deshalb dazu eingeladen, am Dienstag, 11. Februar 2020, dagegen ein Stopp-Signal zu setzen – mit einem blutroten Handabdruck auf weißem Papier.
Hintergrund der Aktion ist der jährlich begangene sogenannte Red Hand Day am 12. Februar. 2002 trat an diesem Tag das Fakultativprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention in Kraft, das die Beteiligung von Kindern unter 18 Jahren an bewaffneten Konflikten verbietet.
„Kinder sind keine Soldaten“
Matthias Seestern-Pauly (FDP), der derzeitige Vorsitzende der Kinderkommission, unterschrieb seinen Handabdruck mit der Zeile „Kinder sind keine Soldaten“, bevor er ihn mit einer Wäscheklammer an eine auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes gespannte Leine klemmte. Sabine Zimmermann (Die Linke), Vorsitzende des Familienausschusses und damit des Hauptausschusses der Kiko, forderte auf ihrem Papier „Kinder brauchen Schule und Frieden“.
Neben Vertretern aller Fraktionen sowie den Mitgliedern der Kinderkommission bekannte auch Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey blutrote Farbe gegen den Einsatz von Kindersoldaten. Ihre Forderung: „Kindern ihre Kindheit“.
Höchste Zahl in Myanmar
Nach Angaben der Vereinten Nationen werden Kindersoldaten in über 20 Ländern rekrutiert. Dabei würden sie sowohl für die Zwecke staatlicher Armeen als auch für jene anderer bewaffneter Gruppierungen in Kampfhandlungen entsandt werden. In Myanmar wird mit geschätzten mehreren Zehntausend die höchste Zahl der Kindersoldaten vermutet. In Kolumbien soll die Zahl der Missbrauchsfälle bei circa 14.000 liegen. Weitere Konflikte, an denen Minderjährige beteiligt sind, sind etwa jene in Syrien, in Afghanistan, in Somalia oder Mali.
Die Folgen des Einsatzes von Kindersoldaten sind verheerend. Neben den akuten lebensbedrohlichen Risiken und körperlichen Verletzungen sehen sich minderjährige Kämpfer vor allem auch schweren und lebenslangen psychischen Schäden, sexueller Gewalt oder Bildungsdefiziten ausgesetzt.
Mädchen in bewaffneten Konflikten
Nach Ansicht des Deutschen Bündnis Kindersoldaten – ein Bündnis mehrerer Kinderhilfsorganisationen, darunter Unicef – müssten insbesondere Mädchen, die für bewaffnete Konflikte rekrutiert würden, zukünftig stärker öffentlich in den Blick genommen werden. Zwar sei die Datenlage schwer einzuschätzen, man müsse aber davon ausgehen, dass sich der Anteil von Kindersoldatinnen insgesamt zwischen fünf und 20 Prozent bewege, sagte Lydia Berneburg von Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
Für Mädchen sei die Lage vor allem deshalb besonders problematisch, weil sie verstärkt sexueller Gewalt ausgesetzt würden. Zudem seien auch die Reintegrationsprogramme nicht ausreichend auf Mädchen spezialisiert, und oft fiele der Ausstieg aus den Kampfgruppen schwer, weil etwa durch die Geburt von Kindern neue Abhängigkeiten entstünden, so Berneburg. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen für das Jahr 2018 liegt die absolute Zahl verifizierter Mädchen in bewaffneten Konflikten mit 351 in Nigeria derzeit weltweit am höchsten.
Im Bundestag fand die Aktion Rote Hand auf Einladung der Kiko in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Die gesammelten Handabdrücke sollen später der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Kinder und bewaffnete Konflikte, Virginia Gamba, zugeleitet werden. (ste/11.02.2020)