Parlament

Debatte zum Internatio­na­len Frauen­tag im Zeichen von Chancen­gleichheit

Die Verwirklichung von Chancengleichheit von Frauen und Männern – das haben anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März nahezu alle Fraktionen im Rahmen einer Vereinbarten Debatte am Freitagmorgen, 6. März 2020, gefordert. Dabei legten die einzelnen Rednerinnen allerdings unterschiedliche Schwerpunkte. So drangen einige auf ein Paritätsgesetz im Bundestag, andere verlangten, Gewalt gegen Frauen stärker zu bekämpfen.

Ministerin: Bund soll mit gutem Beispiel vorangehen

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) stellte zum Auftakt der Debatte in ihrer Rede die Arbeit der Bundesregierung in den Mittelpunkt: So sei etwa die „ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie“ gerade in die Kabinettsabstimmung gegangen. „Zum ersten Mal gibt es eine solche Strategie, die in allen Ressorts abgestimmt wird“, betonte Giffey. Das sei wichtig, denn „Gleichstellung ist nicht nur ein Thema für das Frauenministerium, sondern für alle, die in der Regierung Verantwortung tragen.“

Dass weiterer Handlungsbedarf bestehe, zeige auch die noch immer geringere Repräsentanz von Frauen in Politik und Wirtschaft. Im Bundestag liege der Frauenanteil bei nur 31,2 Prozent. „Das sind 14 Frauen weniger als in der letzten Legislaturperiode – und das, obwohl wir insgesamt 79 Abgeordnete mehr haben.“ Das Vorhaben eines Paritätsgesetzes für den Bundestag unterstütze sie deshalb, sagte die Ministerin. Mehr Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft zu bringen, sei zudem das Ziel eines neuen Gesetzentwurfs. Danach sollen in Firmen, die dem Bund gehören, Führungspositionen künftig fifty-fifty mit Frauen und Männern besetzt werden. „Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen.“

AfD: Frauen vor Gewalt schützen

Mariana Harder-Kühnel (AfD) stellte klar, es gehe ihrer Fraktion um Gleichberechtigung im Sinne gleicher Chancen – nicht um Gleichstellung. Deutlich sprach sich die Abgeordnete auch gegen Frauenquoten aus: Chancengleichheit bedeute nicht, dass der Staat „in typischen Männerberufen, in sämtlichen Gremien und Parlamenten in sozialistischer Manier eine Quote von 50 Prozent erzwingen muss“, sagte Harder-Kühnel.

Der Bundesregierung und den anderen Fraktionen hielt sie vor, „Phantomdebatten“ über „gendergerechte Sprache oder Unisex-Toiletten“ zu führen. „Sie machen Frauen da zu Opfern, wo sie gar keine sind, aber schweigen da, wo Frauen zunehmend zu Opfern werden“, so die AfD-Politikerin. Sie forderte, Frauen besser vor Gewalt zu schützen. Frauen müssten „angstfrei und auch ohne männliche Begleitung“ abends auf die Straße gehen können.

CDU/CSU: Chancen der Digitalisierung für Frauen nutzen

Nadine Schön (CDU/CSU) forderte, die 20er-Jahre zum „Jahrzehnt der Frauen“ zu machen. Der Anteil von Frauen in Politik und den oberen Etagen der Wirtschaftsunternehmen müsse weiter steigen. Erste Erfolge gebe es bereits: durch feste oder flexible Quoten sei der Anteil an Frauen in Führungsgremien um 50 Prozent gestiegen. Daher setze die Union weiter auf eine Kombination beider Instrumente, so Schön.

Die Digitalisierung biete zudem große Chancen für die Frauen: „In der digitalen Welt werden Fähigkeiten, wie Teamfähigkeit oder vernetztes Denken, die gerade Frauen zugeschrieben werden, besonders wichtig.“ Trotzdem seien aber bei der Gründung von Start-ups oder in der Führung von Technologieunternehmen unterrepräsentiert. Schön plädierte dafür, Frauen noch stärker zu unterstützen – das beginne im Bereich der Bildung in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und reiche bis zur Förderung von Frauen als Gründerinnen und Investorinnen.

FDP fordert besseres „Talentmanagement“

Nicole Bauer (FDP) betonte als „Vertreterin einer Generation von Chancenverwirklichern“, es gehe bei dem Thema Gleichstellung nicht um ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander der Geschlechter. Ob Familie oder Führungsposition – viel zu oft müssten sich Frauen und Männer entscheiden. Die FDP aber wolle „echte Wahlfreiheit“ ermöglichen.

Um Frauen zu fördern, brauche es insbesondere ein „gutes Talentmanagement“. „Strategisches Befördern statt wohlmeinendem Fördern“ sei die Devise, so die Liberale. So entstehe ein „Talentpool“, aus dem Unternehmen und auch Parteien schöpfen könnten. „Hätten wir eine solche nachhaltige Lösung, bräuchten wir heute nicht über Parität und Quoten zu diskutieren.“

Linke: Statt „Alibipolitik“ besser Benachteiligungen abschaffen

Sabine Zimmermann (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, „Alibipolitik“ zu betreiben. Statt grundlegende Arbeitsmarktveränderungen anzugehen und etwa mit einem höheren Mindestlohn sowie besserer Bezahlung in sozialen Berufen für höhere Einkommen zu sorgen, kümmere sich Ministerin Giffey um „ein paar Dutzend Frauen, die sie in Konzernvorstände“ holen wolle. Das nütze aber der großen Mehrheit der Frauen nichts, kritisierte Zimmermann.

Frauen blieben weiterhin auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. „Sie verdienen rund 20 Prozent weniger und haben etwa 50 Prozent geringere Alterseinkünfte.“ Oft lägen ihre Renten sogar im Armutsbereich. Das müsse die Bundesregierung ändern, wenn es ihr „wirklich ernst“ sei mit der Gleichstellung, verlangte die Linken-Abgeordnete.

Grüne: Antifeminismus bedroht offene Gesellschaft

Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) geißelte den wiedererstarkten Rechtspopulismus und Antifeminismus. „Rechtsextreme sehen in Gleichberechtigung und Emanzipation eine Gefahr für eine Ordnung, in der Männer privilegiert und Frauen unterdrückt werden.“ Deswegen stellten sie sich gegen Geschlechtergerechtigkeit. „Das hören wir in den Reden der AfD dauernd. Diese Reden triefen von einem völkischen Familienbild“, sagte Dörner und warnte: „Antifeminismus ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr für unsere offene Gesellschaft.“

Doch die Gleichberechtigung gehöre zum Kern der demokratischen Gesellschaft. Der Schutz und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen seien nicht verhandelbar. „Frauen gehören ebenso selbstverständlich in die Führungsetagen wie in die Parlamente“, unterstrich die Abgeordnete. Sie drang darauf, im Rahmen der Wahlrechtsreform für Parität im Bundestag zu sorgen. Dass kein gemeinsamer Vorschlag auf dem Tisch liege, sei ein „Trauerspiel“.

SPD: Parität im Bundestag schaffen

Hier knüpfte Josephine Ortleb für die SPD an: Ihre Fraktion habe einen Vorschlag gemacht, der die „Tür“ für die Parität durch das Wahlrecht geöffnet habe. „Wir wollen zur nächsten Bundestagswahl nur Parteien zulassen, deren Landeslisten paritätisch abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt sind“, erklärte Ortleb.

Auch die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen nehme die SPD ernst, betonte Ortleb und verwies auf den Ausbau von Frauenhäusern, besseren Opferschutz und eine „breite Aufklärungskampagne“. Mit ihrer Politik mache die SPD klar: „Frauen gehören dazu, haben eine Stimme genauso im Vorstand wie im Parlament. Frauen sind keine Objekte der Gewalt. Wir sind stark und selbstbestimmt.“ (sas/06.03.2020)

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