Familie

Von kirchlicher Jugendar­beit zu gesamt­gesell­schaft­lichem Engage­ment

Abbildung religiöser Symbole: Halbmond, Kreuz und Davidstern

Der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ befasste sich mit dem „Ehrenamtlichen Engagement in Kirchen und religiösen Verbänden“. (picture-alliance/Godong)

Die Jugendarbeit der Kirchen und religiösen Verbände bildet ein bedeutendes Nachwuchspotenzial für ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft insgesamt. Das haben Experten am Mittwoch, 4. März 2020, bei einem Fachgespräch im Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement unter der Leitung von Alexander Hoffmann (CDU/CSU) unterstrichen. Es handelt sich um einen Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

„Große Probleme bei der Anwerbung Ehrenamtlicher“

Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, machte gleichwohl klar, dass es große Probleme bei der Anwerbung Ehrenamtlicher gebe. Manche treibe die Sorge um, Verantwortung tragen zu müssen. Häufige Fragen seien: Was darf ich? Was muss ich? Und vor allem: Was muss ich lassen?

Hinzu komme Zeitmangel. Und leichter sei es natürlich, jemandem Entlohnung anbieten zu können, statt sagen zu müssen: Dafür kriegst du nichts. Er selbst mit seinen rund 70 Jahren habe bisher keinen Nachfolger gefunden: „Von den Jüngeren hat keiner den Mumm.“

„Erstattung von Ausgaben ermöglichen“

Rainer Hub von der Diakonie Deutschland hob auf die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie einerseits und dem Ehrenamt andererseits ab: „Das Engagement ist das schwächste Glied. Da wird am ehesten abgespeckt.“

Zwar sei unbestritten, dass der unentgeltliche Einsatz zum Ehrenamt gehöre. Doch sollte es die Möglichkeit geben, Ausgaben zu erstatten. Dies sei gerade bei kleineren Organisationen schwierig. Da brächten manche noch ihr Geld mit. Hub verwies auf den hohen Altersdurchschnitt bei den Ehrenamtlichen. Vor allem 30- bis 50-Jährige fehlten.

Bundesweite Ehrenamtlichenkarte vorgeschlagen

Dr. Christiane Metzner (Amt für kirchliche Dienste der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) legte ein Augenmerk auf den Einsatz von Ehrenamtlichen gerade im ländlichen Raum: „Da ist nichts. Aber wir sind da.“ Ob Kultur und Sport, ob Bastelnachmittage: Dies ermögliche die Teilhabe an der Gemeinschaft, zumal solche Angebote kostenlos seien. Besuchsdienste leisteten viel gegen Vereinsamung bei Alten und Kranken.

Metzner machte sich stark für ein Recht auf Sonderurlaub, wie es das bei der Freiwilligen Feuerwehr gebe, und drehte ihre Überlegungen weiter bis hin zu einer bundesweiten Ehrenamtlichenkarte, mit der etwa die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos genutzt werden könnten.

Engagement sehr breit aufgestellt und unverzichtbar“

Dr. Noreen van Elk (Kommissariat der deutschen Bischöfe) sagte, überproportional viele Ehrenamtliche kämen aus dem kirchlichen Bereich. Das habe etwas mit der christlichen Sozialethik, mit dem Gebot der Nächstenliebe und mit Solidarität zu tun.

Das Engagement sei sehr breit aufgestellt und unverzichtbar für die Gewährleistung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Bei aller Eigenleistung und Eigenverantwortlichkeit der Ehrenamtlichen müsse der Staat aber auch Hilfestellung leisten.

„Jugend ist gewillt, Verantwortung zu übernehmen“

Ina Wittmeier (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) strich heraus, dass die Jugend gewillt und in der Lage sei, Verantwortung zu übernehmen. So könnten schon 14-Jährige in den Kirchenvorstand gewählt werden. Andere engagierten sich in jungen Jahren als Teamer in der Jugendarbeit. Sie forderte, das Mindestalter für die Jugendleiterkarte von 16 auf 14 Jahre zu reduzieren. Natürlich sei es schwierig, Beruf, Familie, Freizeit und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. So werde derzeit nach neuen Möglichkeiten gesucht. Beispielsweise prüfe ihre Kirche, ob auch eine virtuelle Anwesenheit bei einer Kirchenvorstandssitzung ausreichend sein könne.

Warum der Platz von Ezgi Özcan, der Vertreterin von JUMA, leer blieb, konnte der Vorsitzende zunächst nicht klären. (fla/04.03.2020)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen (KdöR)
  • Rainer Hub, Diakonie Deutschland, Zentrum Engagement, Demokratie und Zivilgesellschaft
  • Dr. Christiane Metzner, Studienleiterin für das Ehrenamt im Amt für kirchliche Dienste der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
  • Ezgi Özcan, JUMA - jung, muslimisch, aktiv e. V.
  • Dr. Noreen van Elk, Kommissariat der deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Berlin, Jugendpolitik, Kinder- und Jugendschutz, Ehrenamt, Lebensschutz, Kultur, Ethische Fragen der Digitalisierung
  • Ina Wittmeier, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Ehrenamtsakademie

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