Auswärtiges

Deutsche Außen­politik welt­weit an 40 Mediations­projekten beteiligt

Die deutsche Außenpolitik ist derzeit weltweit an etwa 40 Mediationsprojekten beteiligt und gewinnt in diesem noch jungen Arbeitsfeld an Professionalität, so der Tenor des öffentlichen Fachgesprächs mit dem Titel „Friedensmediation - Wie kann Deutschland seine Fähigkeiten weiter ausbauen?“ des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ am Montag, 9. März 2020, unter dem Vorsitz von Ottmar von Holtz (Bündnis 90/Die Grünen).

Die Sitzung wird am Dienstag, 10. März, ab 15 Uhr zeitversetzt im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.

„Krisen vermeiden und entschärfen“

Wenn es gelinge, Konflikte schon im Keim zu ersticken, indem frühzeitig versucht wird, zu einem Interessenausgleich zu kommen, lasse sich in vielen Regionen der Welt ein Flächenbrand vermeiden, sagte von Holtz. Mediation sei dabei ein immer häufiger favorisiertes Mittel in der internationalen Politik, um Krisen zu vermeiden und zu entschärfen.

Nach einer ersten konzeptionellen Aufbauphase der Mediation als Instrument der Außenpolitik, gehe es jetzt in die Phase der Umsetzung und der Weiterentwicklung. Wie sich das Auswärtige Amt in dem neuen Arbeitsfeld aufstellt, erläuterte Heike Thiele, Beauftrage für Zivile Krisenprävention im Auswärtigen Amt. 2015 habe man begonnen ein Mediationsteam aufzubauen.

Deutschland wolle Friedensmediation im Zusammenwirken mit anderen erprobten Instrumenten zu einem „festen Bestandteil vorsorgender Außenpolitik“ weltweit machen. Dabei habe man den engen Austausch gesucht mit anderen Ländern, die auf dem Gebiet bereits über größere Erfahrung verfügen.

„Es braucht einen permanenten, strukturierten Austausch“

Dr. Julian Bergmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, warb dafür, das deutsche Engagement im Bereich der Mediation noch stärker in den europäischen Zusammenhang zu stellen und die Aktivitäten der Mitgliedstaaten untereinander und mit der EU noch besser zu verzahnen.

Alle leisteten wichtige Beiträge, die durch koordiniertes Vorgehen noch größere Wirkung entfalten könnten. Es brauche einen permanenten, strukturierten Austausch. Außerdem müsse die EU die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen wie der Afrikanischen Union und auch mit Nichtregierungsorganisationen ausbauen.

„Konfliktursachen und -dynamiken gründlich analysieren“

„Mediation für den Frieden ist nicht weniger als eine Investition in die Software der Geopolitik“, sagte Dr. Thomas Held, Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Friedensforschung. Die heutige Vielschichtigkeit und immer größere Komplexität von Konflikten erfordere aber gerade auch für eine aussichtsreiche Mediation eine gründliche Analyse der Konfliktursachen und -dynamiken.

Das sei ein breites Feld für interdisziplinäre Forschung. Es reiche von institutionellen Aspekten der Rolle der Europäischen Union über so praktische Fragen, wie weit und mit welchem Erfolg die Öffentlichkeit in die Friedensgespräche in Kolumbien einbezogen worden ist bis hin zu der Frage, ob, etwa in Syrien, Somalia oder Mali, nicht auch dschihadistische und salafistische Gruppierungen zu den Gesprächspartnern zählen müssen.

Held empfahl, den Bereich der Friedensmediation voranzubringen, indem sich die in diesem Bereich arbeitenden professionellen Strukturen, eine breite Palette von Disziplinen, intensiver vernetzen. Auch sollte dieser Bereich verstärkt gefördert werden. Dazu gehöre auch die auswärtige Kulturpolitik.

„Deutschland wird als Mediator ernst genommen“

„Deutschland wird international mittlerweile als Mediator wahr- und ernst genommen“, sagte Dr. Anne Holper vom Center for Peace Mediation der Europa-Universität Viadrina, die die „Initiative Mediation Support Deutschland“ vertrat, in der sich fünf Organisationen aus dem Bereich der Mediation zusammengeschlossen haben.

Die Schritte und Meilensteine der letzten Jahre bedeuteten aber auch, dass die Staatengemeinschaft jetzt genauer hinschaue, was Bundesregierung tu:e „Die Erwartungen sind hoch.“

„Zuwendungen schneller prüfen, Gelder rascher gewähren“

Christoph Lüttmann, Geschäftsführer und Mediator beim Berlin Center for Integrative Mediation, ebenfalls Vertreter der „Initiative Mediation Support Deutschland“, mahnte als Vertreter der Umsetzungsorganisationen an, die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen für Mediationsprojekte zu verbessern, sodass Zuwendungen schneller geprüft und Gelder rascher gewährt werden könnten.

Andernfalls sei die Wirksamkeit von Mediationsprojekten in Gefahr. Die Krisendynamik warte nicht auf einen Zuwendungsbescheid. Folgten auf einen Auftrag vom Auswärtigen Amt nicht in vertretbarer Zeit ein Vertrag und die finanzielle Ausstattung, hingen Organisationen wie seine „finanziell in der Luft“.

„Mediation löst einen Konflikt nicht vollständig auf“

Vorzeigbare Ergebnisse habe der Mediationsansatz beispielsweise in Kolumbien gebracht, so Thiele.  Dort sei man damit wichtige Schritte nach vorn gekommen. Mediation löse einen Konflikt letztlich nicht vollständig auf. Dafür müsse man auf die ganze Palette von Instrumenten setzen. Aber die Friedensmediation habe immerhin zu der Bereitschaft seitens der Konfliktparteien geführt, die Waffen ruhen zu lassen.

Weitergekommen sei die EU durch Mediation auch im Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo. Die Mediation habe dort zu einer Reihe von Abkommen geführt und zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung beigetragen, sagte Bergmann. 

Durch Mediation ließen sich häufig greifbare Ergebnisse mit geringerem finanziellen Aufwand erreichen als dies etwa mit militärischen Mitteln möglich sei, sagte Holper. Dadurch gewinne dieser Bereich, der allerdings politisch weniger sichtbar sei, an Ansehen.

„Ein Minimum an Gesprächsbereitschaft erforderlich“

Die Diskussionsrunde bewegte auch, inwieweit sich Terrorgruppen, die an zahlreichen Konfliktschauplätzen Angst und Schrecken verbreiten, in Mediationsprozesse einbezogen werden können, sei es die Taliban in Afghanistan oder der „Islamische Staat“ im Nahen Osten. Ob diese überhaupt Interesse am Dialog haben, fragte Renata Alt (FDP).

Es müsse auf Seiten der Terroristen schon ein Minimum an Gesprächsbereitschaft bestehen, so Bergmann. Es sei aber geboten, immer wieder genau hinzuschauen, so Held, und zu fragen: Gibt es vielleicht doch Akteure, die sich aus der Phalanx von Terroristen herauslösen lassen? Manchmal täten sich neue Möglichkeiten auf.

Damit auch Bundestagsabgeordnete sich in dem Bereich der Mediation stärker einbringen können, sei es nötig, dass das Auswärtige Amt den Parlamentariern einen möglichst umfassenden Überblick über alle laufenden Mediationsaktivitäten Deutschlands gebe. Darin waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. (ll/10.03.2020)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Dr. Julian Bergmann, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik
  • Dr. Thomas Held, Deutsche Stiftung Friedensforschung
  • Dr. Anne Holper, Center for Peace Mediation, Europa-Universität Viadrina, Initiative Mediation Support Deutschland
  • Christoph Lüttmann, Berlin Center for Integrative Mediation (CSSP), Initiative Mediation Support Deutschland

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