Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 23. April 2020, über folgende Vorlagen entschieden:

Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht: Der Bundestag stimmte einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zur Beschlussfassung über den Beitritt des Deutschen Bundestages zu den Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 2480/10, 2 BvR 421/13, 2 BvR 786/15, 2 BvR 756/16 und 2 BvR 561/18 (Europäisches Patentamt) vor dem Bundesverfassungsgericht (19/18737) zu. Dafür stimmten CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, dagegen stimmte die AfD. Die Linke enthielt sich. Damit wurde beschlossen, dass der Bundestag den fünf Streitverfahren beitritt. Mit den Verfassungsbeschwerden gehen zahlreiche europäische Unternehmen unmittelbar gegen Entscheidungen des Europäischen Patentamtes und mittelbar gegen das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente, dessen Ausführungsordnung sowie die Verfahrensordnungen der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes vor. Der Bundestag hatte in diesem Verfahren am 18. November 2019 eine Stellungnahme abgegeben, nachdem das Bundesverfassungsgericht ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte.

Abgesetzt: Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz: Von der Tagesordnung abgesetzt wurde die Abstimmung über einen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (19/17137). Die Fraktion will mit dem Entwurf Druck für ein Ende des Solardeckels machen. In ihrem Gesetzentwurf halten die Abgeordneten daran fest, den Solardeckel zu streichen. „Um den absehbaren Markteinbruch bei der Neu-Installation von Photovoltaik im Segment bis 750 kWp abzuwenden, soll der 52 GW-Deckel vor dessen Erreichen ersatzlos gestrichen werden“, erklären die Abgeordneten. Dies habe zur Folge, dass die bereits geltenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes unverändert weiter gelten, heißt es in dem Gesetzentwurf weiter.

Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag stimmte 15 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen waren und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelt sich um die Sammelübersichten 510 bis 524 (19/17850, 19/17851, 19/17852, 19/17853 (abgesetzt), 19/17854, 19/17855, 19/17856, 19/17857, 19/17858, 19/17859, 19/17860, 19/17861, 19/17862, 19/17863, 19/17864).

„Passagiere bei Airline-Insolvenzen abzusichern“

Darunter befindet sich auch eine öffentliche Petition mit der Forderung, dass alle Passagier-Airlines, die auf deutschen Flughäfen starten oder landen, den vom Kunden bezahlten Ticketpreis auf ein Treuhänderkonto (Anderkonto) einzahlen müssen und erst auf diesen Betrag zurückgreifen dürfen, „sobald die Beförderung erfolgt ist“. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass im Falle einer kurzfristigen Streichung eines Fluges, die Passagiere, die im Insolvenzrecht nur nachrangig nach anderen Gläubigergruppen bedacht würden, auf den bereits bezahlten Ticketkosten sitzen blieben. Läge dieser Betrag aber auf einem Anderkonto, würde das Geld nicht zur Insolvenzmasse gezählt und der Verbraucher wäre abgesichert, heißt es in der Eingabe.

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 11. März 2020 verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz als Material zu überweisen, „soweit geprüft werden soll, ob zur Gewährleistung des Schutzes der Fluggäste bei Insolvenzen von Luftfahrtunternehmen eine Rechtssetzungsinitiative erforderlich ist“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

Pauschalreisende sind abgesichert

In der Begründung zu ihrer Beschlussempfehlung machen die Abgeordneten darauf aufmerksam, dass diejenigen, die eine Pauschalreise buchen, über die Festlegungen in der EU-Pauschalreiserichtlinie 2015/2302 für den Fall einer Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert sind. Bereits gezahlte Kundengelder würden erstattet, sofern die vereinbarten Reiseleistungen aufgrund der Insolvenz nicht erbracht werden. Soweit eine Personenbeförderung geschuldet ist, leisteten die Reiseveranstalter auch Sicherheit für die Rückbeförderung der Reisenden. Einen solchen Schutz würden Fluggäste, die nicht im Rahmen einer Pauschalreise befördert werden, sondern ihre Tickets frühzeitig mit Vorauszahlung direkt bei den Fluggesellschaften gebucht haben, derzeit nicht genießen, schreibt der Petitionsausschuss.

Die Europäische Kommission habe in der Vergangenheit bereits untersucht, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Luftbeförderungen außerhalb einer Pauschalreise zu verbessern, heißt es weiter. Dabei habe sie auch eine dem Pauschalreiserecht vergleichbare obligatorische Insolvenzsicherung in die Überlegungen einbezogen. Zuletzt sei aber der Vorschlag einer dem Pauschalreiserecht vergleichbaren Regelung zurückgestellt worden. Stattdessen seien verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Durchsetzung des geltenden Rechts vorgeschlagen worden.

Hinterlegungspflicht mit Vor- und Nachteilen

Was den in der Petition enthaltenen Vorschlag angeht, die Fluggesellschaften zur Hinterlegung des Kaufpreises bis zur Erbringung der Flugleistung zu verpflichten, so ist der aus Sicht des Ausschusses geeignet, „die Insolvenzrisiken für Fluggäste auszuschließen oder zumindest zu minimieren“. Eine derartige Hinterlegungspflicht nähme den Fluggesellschaften allerdings die Möglichkeit der Vorfinanzierung des laufenden Geschäfts aus den Einnahmen aus den Ticketverkäufen.

Hierdurch entstünde die Notwendigkeit einer anderweitigen Finanzierung, welche mit Kosten verbunden wäre. Die Belastung mit solchen Kosten würde zu Nachteilen im Wettbewerb mit Fluggesellschaften führen, welche die Einnahmen aus den Ticketverkäufen zur Finanzierung des laufenden Geschäfts verwenden können.

„Wettbewerbsnachteile durch europäische Lösung vermeiden“

Zwar ließe sich nach Auffassung des Petitionsausschusses eine gewisse Wettbewerbsneutralität dadurch herstellen, dass die Verpflichtung zur Kaufpreishinterlegung, wie in der Petition vorgeschlagen, ausnahmslos für alle Tickets verbindlich gemacht würde, die Flüge von deutschen Flughäfen oder zu deutschen Flughäfen betreffen.

Wie schwer diese Belastung für die betroffenen Gesellschaften im Ergebnis wiegt, hinge dann aber auch davon ab, ob und in welchem Umfang Linien außerhalb Deutschlands bedient werden, „bei denen mangels entsprechender Regularien im Ausland die aus der Hinterlegungspflicht resultierenden Wettbewerbsnachteile nicht entstünden“. Solche Wettbewerbsnachteile sollten nach den Vorstellungen der Parlamentarier durch eine europäische Lösung vermieden werden.

(vom/hau/ste/23.04.2020)

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