Befragung der Bundesregierung

Minister Scheuer: Liefer­ketten und Versorgung aufrechterhalten

Ob das Tragen von Schutzmasken in Bus und Bahn, Hilfen für Seeleute oder die geplante Ausweitung des Zugverkehrs in Deutschland – die Corona-Krise und der Umgang mit den Folgen der Pandemie dominierten erneut auch die Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 22. April 2020. „Wir arbeiten intensiv daran, Lieferketten aufrecht zu erhalten, die Versorgung in den Supermärkten zu sichern und insbesondere ein stabiles Grundangebot an öffentlichen Verkehrsmitteln bieten zu können“, erklärte der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer (CSU), zu Beginn der eineinhalbstündigen Befragung.

Schutzartikel für Deutschland aus China

Ein Mann im Anzug mit Brille steht in der Regierungsbank im Plenarsaal und spricht in das Mikrofon

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn während der Regierungsbefragung (DBT/Melde)

Aktuell erarbeite sein Haus gemeinsam mit der Bahn, aber auch mit kommunalen Verkehrsbetrieben Szenarien, wie der Verkehr ab Mai schrittweise wieder „hochgefahren“ werden könne, so Scheuer, der gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ins Plenum gekommen war, um den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit sei zudem die Beschaffung von Schutzausrüstung.

„Heute rollt der erste Zug mit Schutzartikeln an Bord von China nach Deutschland“, sagte Scheuer. Es sei der erste Transport dieser Art auf dem Landweg; geplant seien ab sofort wöchentliche Lieferungen für Deutschland, aber auch für Italien, kündigte der Verkehrsminister an, bevor er sich den Fragen der Abgeordneten widmete.

Diesel-Fahrverboten in Städten

Als erster Fragesteller forderte Dr. Dirk Spaniel, verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, ein Ende der Diesel-Fahrverbote in Städten wie etwa Stuttgart. Trotz coronabedingt gesunkenem Verkehrsaufkommen seien die Schadstoffwerte vielerorts nicht gesunken. „Dennoch werden die Fahrverbote nicht infrage gestellt. Die Deutsche Umwelthilfe fordert, sie weiter aufrechtzuerhalten“, monierte Spaniel und fragte Minister Scheuer, ob es angesichts dessen richtig sei, dass die Organisation weiterhin mit Bundesmitteln gefördert werde.

Scheuer betonte in seiner Antwort, dass die Deutsche Umwelthilfe keine Gelder aus seinem Etat erhalte. Dass die Messwerte trotz weniger Verkehr nicht gesunken seien, müsse man sich tatsächlich genauer ansehen, räumte der CSU-Politiker ein. Doch momentan fehle wegen Corona die Zeit, um das „in der Tiefe“ zu tun.

Unterstützung für Seeleute

Uwe Schmidt (SPD), Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, wies auf die Bedeutung der insgesamt 1,6 Millionen Seeleute in der Handelsschifffahrt hin, die einen wichtigen Beitrag dazu leisteten, um internationale Logistikketten aufrechtzuerhalten. Doch gerade der Crewwechsel sei angesichts hoher Sicherheitsauflagen eine Herausforderung. Vom Verkehrsminister wollte der Abgeordnete deshalb wissen, wie dieser auf internationale und europäische Regierungen einwirke, um unter anderem den Status von Seeleuten als „systemrelevant“ anzuerkennen und die Quarantänevorschriften für die Seeleute zu lockern. „Damit würde die Rückführung der Seeleute in ihre Heimatländer gewährleistet“, erklärte der Abgeordnete aus Bremerhaven.

Scheuer betonte, es gebe aktuell „keine Auffälligkeiten“ beim Crewwechsel. Die Bundesregierung stehe abgesehen davon aber international im Dialog mit der Internationalen Schifffahrt-Organisation IMO sowie den Regierungen anderen Staaten. National halte die Bundesregierung außerdem Kontakt mit den Häfen und Hafenstädten – nicht nur wegen der Frachter, sondern auch der Kreuzfahrtschiffe. „Wir wollen eine Lösung finden, die die Gesundheitsbehörden nicht überfordert, aber die Seeleute schützt“, sagte Scheuer.

Ausweitung des Zugverkehrs

Daniela Ludwig (CDU/CSU) bat den Verkehrsminister um nähere Details zur geplanten Wiederausweitung des Zugverkehrs in Deutschland. „Können Sie uns sagen, wie sich das genau gestalten wird?“, fragte sie.

Hierzu erklärte Scheuer, dass im Regionalverkehr wegen Corona das Angebot zunächst stufenweise auf etwa „50, 60 Prozent“ heruntergefahren wurde. In der nächsten Phase, ab Anfang Mai, solle das Angebot wieder aufgestockt werden. Im Fernverkehr würden aktuell sogar 73 Prozent der Verbindungen angeboten. „Und das trotz 80 Prozent weniger Passagieren“. Auch hier sei nun geplant, das „stabile Grundangebot“ wieder „hochzufahren“ – „mit allen Hygiene- und Schutzvorschriften“, so der Minister.

Masken in Bus und Bahn

Nach der Haltung der Bundesregierung hinsichtlich des Tragens von Schutzmasken in der Öffentlichkeit fragte Oliver Luksic, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion: „Maskengebot, Maskenpflicht oder nur eine Empfehlung – die Haltung der Bundesregierung hat sich dazu mehrfach geändert. Gibt es denn inzwischen eine einheitliche Position der Bundesregierung dazu?“

Scheuer verwies auf das Maskengebot, das in der Konferenz der Ministerpräsidenten „klar formuliert“ worden sei. Einige Bundesländer hätten aber zusätzlich inzwischen eine Maskenpflicht in Bussen und Bahnen eingeführt. Er selbst empfehle ebenfalls das Tragen von sogenannten „Alltags- oder Textilmasken“ – insbesondere auch, weil sie die „Akzeptanz des ÖPNVs“ erhöhen könnten, erklärte Scheuer. „Wenn wir nur auf den Schutzabstand im Bus setzen, hätten wir darin zu wenig Plätze, auf denen Passagiere sicher sitzen können.“ So ließe sich der ÖPNV längerfristig nicht wirtschaftlich betreiben.

Boni-Deckel für Unternehmen mit Staatshilfen

Die stellvertretende Vorsitzende und Haushaltspolitikerin der Fraktion Die Linke, Dr. Gesine Lötzsch, wollte von Gesundheitsminister Spahn als „erfahrenem Finanz- und Haushaltspolitiker“ wissen, ob er sich dafür einsetze, dass die Bundesregierung dem „Beispiel Dänemarks“ folge und nur Unternehmen mit Staatshilfe unterstütze, die „nicht in Steueroasen ihren Sitz haben, Boni ausschütten oder den Rückkauf von Aktien ermöglichen“.

Spahn erklärte, dass die Rahmenbedingungen und Kriterien für die schon in Auszahlung befindlichen Förderungen bekannt seien. „Dem ist nichts hinzuzufügen.“ Die Frage sei zudem nicht so einfach „pauschal zu beurteilen“.

Abstandsgebot auf Rad- und Fußwegen 

Stefan Gelbhaar, Sprecher für städtische Mobilität und Radverkehr von Bündnis 90/Die Grünen, machte auf Probleme aufmerksam, das Abstandsgebot von 1,5 Metern auf Rad- und Fußwegen einzuhalten. Diese seien vielerorts dafür schlicht zu schmal. Vom Verkehrsminister wollte der Abgeordnete daher wissen, was er plane, um den Menschen das Abstandhalten im öffentlichen Raum zu ermöglichen. „Jetzt kommt die neue Straßenverkehrsordnung – aber reicht die aus oder sind Änderungen geplant?“

Das verneinte Scheuer und appellierte stattdessen an die Rücksicht und den „gesunden Menschenverstand“ der Menschen. Von Berlin könne er schließlich nicht anordnen, überall im Land die „Bürgersteige vermessen“. Die Umsetzung liege in den Ländern und Kommunen. Grundsätzlich aber vertraue er den Menschen, betonte der Minister: „Sie sind im Alltag meist weiter als die politische Diskussion.“ (sas/22.04.2020)





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