Enquete-Kommission Berufliche Bildung

Vielfalt der Förder­instrumente dis­kutiert

In ihrer 21. Sitzung hat die Enquete-Kommission Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ am Montag, 4. Mai 2020, in einer öffentlichen Anhörung – online – über „Wege in die qualifizierte Erwerbstätigkeit - Spektrum und Erfolgsfaktoren der Förderinstrumente“ diskutiert. Auch ging es unter Vorsitz von Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) um das Spektrum und die Erfolgsfaktoren der Förderinstrumente. Für die Anhörung hatte die Kommission externe Sachverständige der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) eingeladen.

Ausbildungsbegleitende Hilfen

Die Leiterin des Geschäftsbereichs Arbeitsmarkt, Nicole Cujai (BA), berichtete den Kommissionsmitgliedern von dem „umfangreichen Förderinstrumentarium“, um junge Menschen auf dem Weg zum Ausbildungs- und Berufsabschluss zu unterstützen. „Sie knüpfen an die Phase an, in der sich die jeweiligen Teilnehmer befinden“, erklärte Cujai.

Die Maßnahmen beim Übergang in die Ausbildung umfassen etwa Berufsorientierungsmaßnahmen, Aktivierungshilfen für Jüngere und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Wenn eine Ausbildung begonnen wurde, gebe es ausbildungsbegleitende Hilfen oder die assistierte Ausbildung.

Vertiefung digitaler Kompetenzen

Die digitale Vermittlung und die Vertiefung digitaler Kompetenzen sei in alle Förderleistungen einzubeziehen und eröffne neue Möglichkeiten, etwa um ungünstige Rahmenbedingungen im ländlichen Raum oder bei auswärtigem Blockschulunterricht zu verbessern.

Ein wichtiger Faktor beim Einsatz von Maßnahmen sei die Kooperation der Partner. Diese müsse alle Ebenen im föderalen System umfassen, sodass Redundanzen und Förderlücken vermieden werden könnten. „Menschen ohne Berufsabschluss haben eine drei Mal höhere Gefahr, arbeitslos zu werden“, sagte die Sachverständige. Es sei darüber hinaus wichtig, unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften, Plattformen und Messenger-Dienste zu schaffen.

Besetzungsprobleme in Handwerksberufen

Frank Neises (BIBB) aus der Fachstelle für Übergänge in Ausbildung und Beruf beschrieb die zunehmenden Passungsprobleme: „Auf der einen Seite gibt es Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende zu finden, auf der anderen Seite stehen Jugendliche, die keine Ausbildung oder nicht die richtige finden.“ Die Gründe dafür seien divers. Im Osten Bayerns kämen bis zu 130 Ausbildungsangebote auf 100 Nachfragende, im Ruhrgebiet seien es nur bis zu 80 Ausbildungsangebote auf 100 Nachfragende.

Besetzungsprobleme gebe es vor allem in Handwerksberufen und Berufen einfacher Dienstleistungen, für kleinere und mittlere Unternehmen sowie für Kleinstbetriebe. „Die Entspannung am Arbeitsmarkt kommt bei Jugendlichen mit Förderbedarf zudem weniger an“, sagte Neises. Risiken bestünden besonders für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, junge Mütter, aber auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Auch die Förderschule sei oftmals eine „berufliche Sackgasse“ sagte Neises.

Vielfalt an Regelinstrumenten und Programmen

Er verdeutlichte, dass es mit über 300 Angeboten eine Vielfalt an bundesweit angebotenen Regelinstrumenten, Programmen von Bund und Ländern sowie solchen in schulischen Bildungsgängen gebe. 16 der Programme reagierten explizit auf Herausforderungen der Digitalisierung, sagte er.

„Gerade für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf droht eine Zunahme der digitalen Spaltung“, betonte der Sachverständige. Bisherige Erkenntnisse zeigten, dass es statt vieler Einzelmaßnahmen eine Prozessbegleitung und „Hilfen aus einer Hand“ brauche.

Netzwerkarbeit und Qualifizierung

Die beim BIBB für Weiterbildung zuständige Sachverständige Barbara Hemkes beschrieb, dass insbesondere die Netzwerkarbeit, also die Förderung der regionalen und überregionalen Kooperation und Kommunikation der Akteure, sowie die Qualifizierung des Ausbildungspersonals Querschnittsthemen seien.

Die berufliche Weiterbildung werde von Bund, Ländern und Gemeinden, der Bundesagentur für Arbeit, Betrieben und Privatpersonen geschultert. Die größten Ausgaben für individuelle berufliche Weiterbildung zielten dabei auf die Wiederherstellung oder den Erhalt von Beschäftigungsfähigkeit ab, sagte sie.

„Hohe Durchdringung mit Qualitätssicherungssystemen“

Auch Hemkes sagte, es sei wichtig, dass nicht nur der Einstieg, sondern der gesamte Prozess begleitet werde. In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe es zahlreiche Initiativen zu Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit im System gegeben. Insgesamt sei eine „sehr hohe Durchdringung des Marktes mit Qualitätssicherungssystemen“ festzustellen, sagte Hemkes. Es werde davon ausgegangen, dass 80 Prozent aller Anbietenden von Weiterbildungsmaßnahmen über ein solches System verfügten.

Trotzdem könnten Qualitätssicherungsmechanismen noch weiter gestärkt werden. Dabei gehe es darum, dass Nutzer noch besser befähigt werden könnten, die Weiterbildung in Anspruch zu nehmen, die sie benötigten. Auch Weiterbildungsguides und Bewertungs- und Erfahrungstools könnten dabei helfen. (lbr/04.05.2020)

Liste der geladenen Sachverständigen

Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA), Nürnberg:

  • Dr. Nicole Cujai, Leiterin des Geschäftsbereichs Arbeitsmarkt
  • Ulrich Eberle, Fachbereichsleiter Förderung – ESF (Europäischer Sozialfonds) / EGF (Europäischer Globalisierungsfonds) – und Qualifizierung

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn:

  • Frank Neises, Koordinator der Fachstelle für Übergänge in Ausbildung und Beruf, Arbeitsbereich 4.1 „Fachstelle für Übergänge, Grundsatzfragen“, Abteilung Initiativen für die Berufsbildung
  • Barbara Hemkes, Leiterin des Arbeitsbereiches 4.2 „Innovative Weiterbildung, Durchlässigkeit, Modellversuche“, Abteilung Initiativen für die Berufsbildung

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