Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorherige Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 18. Juni 2020, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Grenzbrücke im Raum Küstrin-Kietz – Küstrin: Einstimmig billigte der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Abkommen vom 27. September 2019 zwischen Deutschland und Polen über den Ersatzneubau der Grenzbrücke im Raum Küstrin-Kietz – Küstrin (Kostrzyn nad Odrą) (19/18788, 19/19386, 19/19655 Nr. 1.6). Die bestehende Grenzbrücke muss laut Bundesregierung aufgrund eingeschränkter Tragfähigkeit und erheblicher Baumängel durch ein neues Brückenbauwerk ersetzt werden. „Hierzu bedurfte es eines Regierungsabkommens zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen, das die grundsätzlichen Regelungen hinsichtlich der Erneuerung und der Erhaltung der Grenzbrücke enthält“, heißt es in dem Entwurf. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses (19/19675) zugrunde.

Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie: Gegen die Stimmen der AfD stimmte der Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte“ (19/17343, 19/17965, 19/18779 Nr. 1.5) zu. Damit müssen bestimmte Kapitalmarktunternehmen ihre Jahresfinanzberichte in Zukunft elektronisch in einem bestimmten Format offenlegen. Der Bundesrat hat keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf erhoben (19/17965). Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vor (19/20137). 

Verdienststatistik: Bei Enthaltung der AfD-Fraktion hat der Bundestag mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Verdienststatistikgesetzes (19/19361) angenommen, zu dem der Ausschuss für Wirtschaft und Energie eine Beschlussempfehlung vorgelegt hatte (19/20109). Mit dem Gesetz werde zum einen die Datenbasis für die Mindestlohnforschung gestärkt, begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß. Die bisherigen Erhebungsmuster reichten nicht aus. Zum anderen werde in der Politik seit Längerem ein größerer Datenbedarf zur Analyse des Verdienstabstands zwischen Frauen und Männern gesehen. „So wird unter anderem eine jährliche Berechnung des bereinigten Gender Pay Gap gefordert, die bisher nur alle vier Jahre auf Basis der Verdienststrukturerhebung erfolgen kann.“ Vorgesehen ist, eine monatliche digitale Verdiensterhebung einzuführen und dabei die Deckung des zusätzlichen Datenbedarfs durch die Ausnutzung von Automatisierungs- und Digitalisierungspotenzialen so belastungsarm wie möglich für die Wirtschaft zu realisieren.

Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Bei Enthaltung der AfD hat der Bundestag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz „zu dem Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 5 /_19“ (19/20140) angenommen. In dem Organstreitverfahren beantragen die AfD-Fraktion und die Abgeordneten Albrecht Glaser, Volker Münz und Peter Boehringer festzustellen, dass die Nichtwahl der von der AfD-Fraktion benannten Kandidaten für das Sondergremium des Haushaltsausschusses des Bundestages nach Paragraf 3 Satz 2 und 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes und Paragraf 6 Absatz 2 Satz 1 und 2 des ESM-Finanzierungsgesetzes durch den Bundestag grundgesetzwidrig sei. Vor allem sehen sich die Antragsteller an der Mitwirkung an den Entscheidungen über den Haushalt der Bundesrepublik gehindert und in ihren durch Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes und das Stabilisierungsmechanismusgesetz sowie das ESM-Finanzierungsgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt. Der Bundestag beschloss, eine Stellungnahme im Organstreitverfahren abzugeben und den Bundestagspräsidenten zu bitten, einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen.

Abfälle in der Rhein- und Binnenschifffahrt: Bei Enthaltung der AfD-Fraktion stimmte der Bundestag einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (19/19695) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Übereinkommens vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt“ (19/18077) zu. Der Umgang mit gasförmigen Resten flüssiger Ladungen (Dämpfen) in Binnenschiffen, die derzeit häufig ohne weitere Vorkehrungen in die Atmosphäre entlassen werden, wird damit neu geregelt. Es handelt sich nach Regierungsangaben oft um bedenkliche Stoffe, die schädlich für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind. Dämpfe von Aceton und Benzol beispielsweise belasteten die Luft und gerieten über den Niederschlag in die Gewässer.

Außenwirtschaftsverordnung: Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP bei Enthaltung der AfD, der Linken und der Grünen stimmte der Bundestag einer Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (19/19782) zur 14. Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (19/19060, 19/19246 Nr. 2.1) zu. Damit werden unter anderem die Regelungen für Ausnahmen vom Waffenembargo geändert, begründet die Bundesregierung die Vorlage. Das betreffe Ausfuhren in die Zentralafrikanische Republik sowie nach Somalia aufgrund von EU-Ratsbeschlüssen. Diese Änderungen müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Außerdem geht es um eine Änderung der Verfahrensvorschriften zum Begriff des Ausführers. Der Bundestag beschloss, die Verordnung nicht aufzuheben.

Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag stimmte 17 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen waren und vom Petitionsausschuss beraten worden sind. Es handelt sich um die Sammelübersichten 554 bis 570 (19/19560, 19/19561, 19/19562, 19/19563, 19/19564, 19/19565, 19/19566, 19/19567, 19/19568, 19/19569, 19/19570, 19/19571, 19/19572, 19/19673, 19/19574, 19/19575, 19/19576).

„Werbung mit UVP des Herstellers verbieten“

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers zu verbieten. Aus Sicht des Petenten nutzen viele Unternehmen die unverbindliche Preisempfehlung (UVP), um Produkte besonders günstig erscheinen zu lassen. In der Regel würden die Produkte jedoch – verglichen mit dem letzten gültigen Verkaufspreis – nur um wenige Cent oder überhaupt nicht reduziert. Bei der Angabe von Vergleichspreisen sollten Händler dazu verpflichtet werden, als Vergleichspreis den letzten günstigsten Verkaufspreis vor der Preisermäßigung im gesamten Unternehmen zu benennen.

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 27. Mai 2020 verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

„Werbung mit richtiger Hersteller-UVP grundsätzlich zulässig“

In der Begründung zu der Beschlussempfehlung weist der Ausschuss darauf hin, dass der Schutz des Verbrauchers vor Täuschung für den Bereich der Preisangaben insbesondere durch die Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) gewährleistet werde, die in Deutschland durch die Preisangabenverordnung umgesetzt worden sei. „Für die Werbung mit Preisangaben gilt grundsätzlich ein durch die europäischen Vorgaben vollharmonisierter Rechtsrahmen, von dem die Mitgliedstaaten nicht abweichen dürfen“, schreiben die Abgeordneten.

Nach geltendem Recht sei die Werbung mit der richtigen UVP des Herstellers grundsätzlich zulässig, heißt es weiter. Für die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung gelte gemäß Paragraf Absatz 7 der Preisangabenverordnung der „Grundsatz der Preiswahrheit und Preisklarheit“. Die in der Werbung angegebene unverbindliche Preisempfehlung muss demnach exakt in dieser Höhe existent sein und sich zudem auf genau das Produkt beziehen, für das der Hersteller eine UVP abgegeben hat.

EU-Richtlinie sieht Änderungen vor

In der Vorlage verweist der Ausschuss auch auf die vom Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament erlassene Richtlinie (EU) 2019/2161. Artikel 2 dieser Modernisierungsrichtlinie enthalte eine Änderung der Preisangabenrichtlinie dahingehend, „dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen von dem Händler jeweils auch der niedrigste vorherige Preis anzugeben ist, den dieser in einem Zeitraum von mindestens 30 Tagen vor der Preisermäßigung angewandt hat“.

Das Bundeswirtschaftsministerium habe mitgeteilt, dass es in Abstimmung mit dem Bundesjustizministerium prüft, wie diese Neuregelung in nationales Recht umzusetzen ist, schreiben die Abgeordneten. „Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Stärkung der Verbraucherrechte empfiehlt der Petitionsausschuss, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – als Material zu überweisen, damit sie im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2161 einbezogen wird“, heißt es in der Beschlussempfehlung.
(ste/hau/18.06.2020)

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