Geschichte

17. Juni 1953 „heraus­ra­gen­des Er­eignis der deut­schen Frei­heits­geschichte“

Alle Fraktionen des Bundestages haben den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der ehemaligen DDR am Mittwoch, 17. Juni 2020, in einer vereinbarten Debatte als „ein herausragendes Ereignis in der deutschen Freiheitsgeschichte“ gewürdigt.

Regierung: Die DDR war ein Unrechtsstaat

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), erinnerte daran, dass sich an den Demonstrationen am 17. Juni 1953 mehr als eine Million Menschen in mehr als 700 Städten und Gemeinden der DDR beteiligten. Aus dem Protest von Arbeitern gegen die Erhöhung von Arbeitsnormen habe sich innerhalb weniger Stunden ein Volksaufstand gegen die kommunistische Herrschaft entwickelt, der schließlich mit Waffengewalt niedergeschlagen worden sei.

In der Folge der Niederschlagung des Aufstandes sei es zu massenhaften Verhaftungen, Schauprozessen und Verurteilungen zu Haftstrafen und zwei Todesurteilen gekommen. „Die DDR war ein Unrechtsstaat“, sagte Wanderwitz.

AfD würdigt Mut der Menschen in der DDR

Der AfD-Abgeordnete Tino Chrupalla würdigte den Mut der Menschen in der DDR, sich gegen die  kommunistische Gewaltherrschaft zu erheben. Der Niederschlagung des Aufstandes „mit brutaler Militärgewalt“ habe mindestens 55 Menschen das Leben gekostet.

Seine Fraktion warte deshalb auch auf die Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft.

SPD: Sehnsucht führte zur Friedlichen Revolution 1989

Die SPD-Abgeordnete Katrin Budde bezeichnete den Volksaufstand als „ersten Nadelstich“ gegen das kommunistische System. Die „mutigen Frauen und Männer“ von damals verdienten deshalb Ehre, Dank und Anerkennung.

Es sei eben nicht nur „materieller Unmut“ gewesen, der die Menschen auf die Straße getrieben habe, sondern ebenso der Wunsch nach freien Wahlen, freien Gewerkschaften und einem vereinten Deutschland, führte Budde aus. Diese Sehnsucht habe schließlich bis zur Friedlichen Revolution von 1989 geführt.

FDP: Wirtschaftliche und politische Freiheit gehören zusammen

Die FDP-Parlamentarierin Linda Teuteberg sagte, der Volksaufstand von 1953 habe offenbart, dass die Herrschaft der SED über keinerlei Basis in der Bevölkerung verfügte und dass sie in freien Wahlen auch nie ein politisches Mandat erteilt bekommen habe.

Die Entwicklung von einem Arbeiteraufstand zu einem Volksaufstand zeige zudem, dass wirtschaftliche und politische Freiheiten zusammen gehörten, argumentierte Teuteberg.

Linke: Schwarzer Tag in der DDR

Petra Pau (Die Linke) führte aus, der 17. Juni 1953 sei ein „schwarzer Tag in der DDR“ gewesen. Die Proteste seien das sowjetische  Militär „blutig niedergeschlagen“ worden. Zwar habe die SED einige der sozialen Forderungen aufgegriffen und umgesetzt, die Forderungen nach mehr Freiheitsrechten habe sie allerdings ignoriert.

Sozialismus sei aber ohne soziale und freiheitliche Rechte nicht möglich. Jeder Linke, der dies leugne, sei „kein Linker“, stellte Pau klar.

Grüne: Freiheitswunsch lässt sich nicht niederrollen

Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen) erinnerte daran, dass sich an den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR der Ungarnaufstand im Jahr 1956, der Prager Frühling 1968 in der Tschechoslowakei, die Proteste der Solidarność in den 1980er-Jahren in Polen und schließlich die Friedliche Revolution in der DDR 1989 anschlossen. Diese Entwicklung zeige, dass sich „der Wunsch nach Freiheit dauerhaft nicht durch Panzer niederrollen lässt“.

In der DDR sei der Volksaufstand bis zum Sturz der SED als von westlichen Agenten organisierter konterrevolutionärer Putschversuch diffamiert worden. Im Westen habe hingegen oftmals ein ebenso wenig überzeugender „paternalistischer Blick“ auf die „armen Brüder im Osten“ vorgeherrscht.

CDU/CSU: Es gibt auch einen „fröhlichen Patriotismus“

Manfred Grund (CDU/CSU) verwies darauf, dass der 17. Juni lange Zeit der Nationalfeiertag der Bundesrepublik gewesen sei. An Nationalfeiertagen erinnere sich eine Nation ihrer Geschichte und versichere sich ihrer Identität. Es benötige einen „entspannten Umgang“ mit solchen Symbolen.

Es gebe auch einen „fröhlichen Patriotismus“ und nicht nur einen „Hurra-Patriotismus“. Schon Bertolt Brecht habe gewusst, dass man sein Land auch lieben darf, sagte Grund. Mit der Friedlichen Revolution von 1989 sei vollendet worden, „was 1953 begonnen wurde“, führte Grund mit Blick auf den neuen Nationalfeiertag am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, aus.

Demonstrationen für bessere Lebensbedingungen

Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 gilt als der erste öffentliche Massenprotest im Machtbereich der Sowjetunion nach 1945. Etwa eine Million Menschen gingen damals in Ost-Berlin und mehr als 700 anderen Orten in der DDR für bessere Lebensbedingungen, Demokratie, Freiheit und die deutsche Einheit auf die Straße. Nur mit Hilfe sowjetischer Truppen gelang es dem SED-Regime, den Aufstand niederzuschlagen.

Dabei wurden 50 Menschen getötet, Hunderte schwer verletzt, Tausende anschließend zu häufig mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Bis zur Wiedervereinigung 1990 war der 17. Juni in der Bundesrepublik gesetzlicher Feiertag, seither wird er als Gedenktag begangen. (aw/sas/17.06.2020)

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