Aktuelle Stunde

Olaf Scholz mit Vorwürfen im Fall der Warburg-Bank kon­frontiert

Die Oppositionsfraktionen haben Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wegen der Cum/Ex-Affäre während seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister scharf angegriffen. Auch von der Unionsfraktion musste sich Scholz in einer von der Linken verlangten Aktuellen Stunde am Mittwoch, 9. September 2020, heftige Kritik wegen des Umgangs der Hamburger Finanzbehörden mit der dortigen Warburg-Bank anhören, die in den Cum/Ex-Skandal verwickelt war.

Linke: Scholz hat den Bundestag getäuscht

Fabio De Masi (Die Linke) erklärte, obwohl Scholz Cum/Ex als Schweinerei bezeichnet habe, habe er in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister dem Warburg-Bankier Olearius mehrfach sein Amtszimmer geöffnet: „Er täuschte darüber wiederholt den Deutschen Bundestag.“ Olearius habe Hamburg um mindestens 160 Millionen Euro Steuergelder betrogen. „Wie viele Straftaten muss ich eigentlich begehen, bis ich einen Termin bei Olaf Scholz bekomme und er einen Blick auf meine Steuererklärung wirft?“, fragte De Masi.

Hamburg habe 2016 47 Millionen Euro krimineller Cum/Ex-Beute verjähren lassen. 2017 sei das Bundesfinanzministerium eingeschritten und habe Hamburg gezwungen, eine erneute Verjährung von 43 Millionen Euro zu unterbinden. Scholz habe sich mit dem Warburg-Bankvertreter Olearius am Tag, als die Weisung des Bundesfinanzministeriums in Hamburg eintraf, getroffen. Durch die bekanntgewordenen Tagebücher von Olearius seien noch weitere Treffen bekannt geworden, von denen Scholz bei einer Befragung im Finanzausschuss nichts berichtet habe. Es habe auch Spenden der Bank an die SPD gegeben, die De Masi als „schmutziges Cum/Ex-Geld“ bezeichnete.

AfD fordert Scholz zum Rücktritt auf

Volker Münz (AfD) nannte Cum/Ex den größten Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik. Man müsse von einer Mischung aus Unfähigkeit der Regierung und Lobbyeinflüssen ausgehen. Dem Finanzminister warf Münz vor, als Bürgermeister zugelassen zu haben, dass 47 Millionen Euro Steuerforderungen gegen die Warburg-Bank verjährt seien.

Das sei drei Tag nach einem Telefonat von Olearius mit Scholz gewesen und „kein  Zufall“. Münz forderte den Rücktritt von Scholz.

Minister weist Vorwürfe zurück

Der Finanzminister wies die Vorwürfe zurück: „Es darf nicht passieren. Und es ist nicht passiert“, sagte er. Cum/Ex sei von Anfang an kriminelles Handeln gewesen. Es sei überzeugt, dass es gelingen werde, „die offenen Fälle aufzuklären und Milliarden an Steuergeld zurückzuholen. Zu Vorwürfen, er habe sich von Olearius beeinflussen lassen, sagte Olaf Scholz, er könne “sehr störrisch sein„ und lasse sich “noch lange nicht beeindrucken„.

 Scholz kündigte an, auf internationaler Ebene dafür zu sorgen, “dass all diese Gestaltungsmodelle nicht mehr funktionieren„. Er stehe “an vorderster Stelle derjenigen, die diesen Kampf führen„.

SPD: Es gab keine politische Einflussnahme

Michael Schrodi (SPD) erklärte, es habe keine politische Einflussnahme gegeben. Es gebe keine neue Faktenlage, aber “unverschämte Unterstellungen„.

FDP: Es handelt sich um kriminell erlangtes Geld

Florian Toncar (FDP) bezeichnete Warburg als “ganz besonderen Fall„. Es handele sich um 90 Millionen Euro “kriminell erlangtes Geld„. Nichts von dem, was Scholz über die Bekämpfung von Steuerbetrug gesagt habe, “wurde in Hamburg zu Zeiten Ihrer Verantwortung praktiziert, sondern das glatte Gegenteil„.

Was in den Tagebüchern des Bankiers stehe, sei kein Beweis, dürfe aber auch nicht unter den Tisch gekehrt werden.

Grüne: Das ist Aufklärung scheibchenweise

Auch Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte Scholz scharf.  Dass der Minister jede Form der Beeinflussung zurückgewiesen habe, falle ihr schwer zu glauben. Paus warf dem Finanzminister vor, nur zuzugeben, was ihm nachgewiesen werde und Dokumente zurückzuhalten. “Das ist keine volle Transparenz, das ist Aufklärung scheibchenweise.„

Die Öffentlichkeit könne jetzt die zwei Gesichter von Scholz sehen: “Öffentlich der Kämpfer für Steuergerechtigkeit, aber hinter den Kulissen Kuschler mit  der Wirtschaft zulasten des Gemeinwohls.„

CDU/CSU: Solche Leute sind keine Gesprächspartner

Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) bezeichnete die Cum/Ex-Täter als “Kriminelle„. Wenn diese Leute sich als Saubermänner darstellen würden, sei das eine Beleidigung für alle ehrlichen Steuerzahler: “Solche Leute sind keine Gesprächspartner, auch wenn sie einen noch so edlen Zwirn tragen.„ Politiker, die sich mit solchen Leuten für Steuererlass an einen Tisch setzen würden, “schüren Politikverdrossenheit und schaden dem Ansehen der Demokratie. Es ist für mich unvorstellbar, dass der Spitzenmann der Warburg-Bank mehrfach über die Rückzahlung seiner Cum/Ex-Steuerschuld über 90 Millionen Euro im Rathaus verhandeln durfte„, sagte Michelbach.

Matthias Hauer (CDU/CSU) hielt es für “wenig glaubhaft„, dass Scholz keine Erinnerung die die Treffen mit dem Warburg-Bankier habe, wie er im Finanzausschuss angegeben habe. Fritz Güntzler (CDU/CSU) warnte hingegen vor einer “Skandalisierung„. Es gebe keine Beweise. (hle/09.09.2020)

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