Parlament

Bundestag erhebt sich zu Ehren von Hans-Jochen Vogel

Die Abgeordneten des Bundestages haben sich zu Beginn der Plenarsitzung am Donnerstag, 10. September 2020, zu Ehren des am 26. Juli im Alter von 94 Jahren verstorbenen langjährigen Bundestagsabgeordneten und Fraktions- und Parteivorsitzenden der SPD Dr. Hans Jochen Vogel von ihren Plätzen erhoben. „Unser Land verliert mit ihm einen leidenschaftlichen Parlamentarier und Demokraten, einen überzeugten Sozialdemokraten. Er war ein scharfsinniger, auch scharfzüngiger Jurist“, würdigte Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble den Verstorbenen.

„Moralisches Vermächtnis weitertragen“

Als Angehöriger der Kriegsgeneration habe Hans-Jochen Vogel sein „unbeirrbares Eintreten für die Demokratie, für den Rechtsstaat und für seine Partei ausdrücklich aus seinen Diktatur- und Kriegserfahrungen hergeleitet – nicht zuletzt hier vor dem Deutschen Bundestag, in seiner Gedenkrede zur Zerstörung der Weimarer Demokratie“, betonte Schäuble. Vogels Botschaft von  klinge bis heute nach: „Wer wegsieht oder nur die Achseln zuckt, schwächt die Demokratie.“ Es brauche das Einvernehmen über eine Werteordnung, die in der unantastbaren Würde des Menschen gründet.

Der Respekt vor dem Leben und vor dem Anderen sei in die Biografie Vogels tief eingeschrieben gewesen. Schäuble: „Mit Hans-Jochen Vogel verlieren wir einen weiteren herausragenden Vertreter der Generation, die unsere politische Ordnung aufgebaut und gefestigt hat. Ihr moralisches Vermächtnis gilt es in unserer Gesellschaft bewusst zu halten und weiterzutragen. Auch heute. Gerade heute!“

„Die dunkelste Stunde seines Lebens“

Der Bundestagspräsident erinnerte daran, dass Hans-Jochen Vogel als Münchner Oberbürgermeister das Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft erlebt habe – die „dunkelste Stunde“ seines Lebens, wie er selbst gesagt habe. Staat und Politik dürften nicht erpressbar sein.

Dafür habe Vogel auch als Bundesjustizminister gestanden: Unbeugsam gegenüber Terroristen der RAF, die mordeten und den Rechtsstaat bekämpften – „und die als Bürger von diesem Rechtsstaat selbst Schutz, Gleichbehandlung und Amnestie erwarten konnten“. Nur in dieser Unbedingtheit „funktioniert unsere Rechtsordnung“. Vogel sei nicht müde geworden, dies zu erklären. 

„Er wollte überzeugen, nicht überrumpeln“

Im politischen Gegner habe Vogel – auch als Kanzlerkandidat im Wahlkampf – nie einen Feind, sondern den Wettbewerber gesehen, den es in der sachlichen Auseinandersetzung, im Streit zu übertreffen galt. „Er wollte überzeugen, nicht überrumpeln“, stellte Schäuble fest.

Bleiben werde auch Vogels Bewusstsein gegenüber „dem Volk und der Partei“ und sein strenger moralischer Anspruch. Der sei nicht für alle immer gleichermaßen angenehm gewesen, er habe ihn aber zu einem echten Vorbild dafür gemacht, „nicht zu sehr nur an sich selbst zu denken, erst recht als gewählter Repräsentant“.

„Eine Mahnung von hoher Aktualität“

Vogel habe zuletzt immer wieder öffentlich über Krankheit und das Lebensende, über die Unverfügbarkeit von Leben und Tod gesprochen. Getragen von seinem christlichen Glauben habe er in der ihm eigenen Klarheit davor gewarnt, die Sterbehilfe zu erlauben: „Es ist eine Mahnung von hoher Aktualität“, sagte Schäuble. 

„Hans-Jochen Vogel hat sich große Verdienste um unser Land erworben. Der Deutsche Bundestag wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, unser Mitgefühl gilt seiner Frau Liselotte Vogel und seinem Bruder Bernhard Vogel“, schloss der Bundestagspräsident. (vom/10.09.2020)

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