Parlament

AfD-Wahlvorschläge zur Be­setzung von Gre­mien abge­wiesen

Der Bundestag hat am Donnerstag, 10. September 2020, fünf Wahlvorschläge der AfD zur Besetzung verschiedener Gremien abgewiesen. Dabei handelte es sich um Wahlvorschläge für das Kuratorium „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“, das Kuratorium der „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“, das Kuratorium der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“, das Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ sowie den Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“.

Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Nicole Höchst (AfD) verfehlte erneut die Mehrheit, um als Mitglied im Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ wirken zu können. Gegen einen entsprechenden Wahlvorschlag ihrer Fraktion (19/21838) stimmten alle anderen Fraktionen. Die Abgeordnete kandidierte für die Position bereits zum neunten Mal. In den noch weiter zurückliegenden Wahlgängen war jeweils der AfD-Mann Uwe Witt ins Rennen gegangen. Weder Höchst noch Witt erreichten je die erforderliche Mehrheit. 

Das Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören. Es bestellt den Direktor und den Beirat. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung, das Land Berlin, der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Jüdische Gemeinde zu Berlin, das Jüdische Museum Berlin, die Stiftung Topographie des Terrors und die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland entsenden ihre Vertreterinnen und Vertreter.

Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Mit den Gegenstimmen aller anderen Fraktionen, mit Ausnahme von zwei Enthaltungen, fanden auch die Abgeordneten Uwe Witt sowie als Stellvertreterin Joana Cotar keine Mehrheit, um als Mitglieder für das Kuratorium der „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“ (19/21839) gewählt zu werden. Für die AfD war dies der bereits 15. erfolglose Wahlgang.

Zweck der Stiftung ist die Förderung von Bildung sowie von Wissenschaft und Forschung, um vor allem die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, das Leben und Werk des Arztes und Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld (1868-1935) sowie das Leben und die gesellschaftliche Lebenswelt homosexueller Männer und Frauen, die in Deutschland gelebt haben und leben, wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen und einer gesellschaftlichen Diskriminierung von homosexuellen Männern und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken.

Das Kuratorium unterstützt und überwacht die Geschäftsführung des Vorstands. Es besteht aus 15 Mitgliedern sowie den Mitgliedern, die der Deutsche Bundestag benennen kann. Die Anzahl der vom Deutschen Bundestag zu benennenden Mitglieder ist die kleinstmögliche, bei der jedenfalls jede Fraktion zumindest ein Mitglied benennen kann und die Mehrheitsverhältnisse möglichst gewahrt werden, maximal jedoch neun. Der Bundestag benennt für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied.

Kuratorium der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“

Als Mitglied des Kuratoriums der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ nicht gewählt wurden auch der Abgeordnete Steffen Kotré sowie als Stellvertreterin die Abgeordnete Nicole Höchst. Nur die eigene Fraktion stimmte für den entsprechenden Wahlvorschlag (19/21840). Kotré hatte bereits bei den Wahlen am 18. Juni 2020 und am 7. Mai 2020 kandidiert und war an einer Mehrheit gescheitert. Davor hatte es weitere Wahlgänge am 5. März 2020, am 16. Januar 2020, am 12. Dezember 2019 und am 17. Oktober 2019 gegeben. Kotré stellt sich zum siebten Mal dieser Wahl.

Das Kuratorium der Stiftung setzt sich aus je fünf Mitgliedern der Bundesregierung, des Deutschen Bundestages und der Bundesländer zusammen. Es überwacht die Tätigkeit der Stiftungsleitung und beschließt über alle grundsätzlichen Fragestellungen des Deutschen Historischen Museums, insbesondere über die Grundzüge der Programmgestaltung, die Satzung, den Wirtschaftsplan, die Bestellung der Abschlussprüfer sowie wichtige Personalentscheidungen.

Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft

Keine Stimme jenseits der eigenen Fraktion erzielten auch die Abgeordneten Volker Münz und Albrecht Glaser, die Mitglied beziehungsweise stellvertretendes Mitglied des Kuratoriums der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (19/21841) werden wollten. Beide Kandidaten standen zuletzt am 2 Juli 2020 für die entsprechenden Positionen zur Wahl. Mit den Stimmen der übrigen Fraktionen bei einigen Enthaltungen aus der CDU/CSU-Fraktion lehnte der Bundestag den Wahlvorschlag der AfD-Fraktion damals schon ab.

Die „Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ will die Geschichte der NS-Zwangsarbeit in der deutschen und europäischen Erinnerungskultur verankern. Dabei kommen die Opfer zu Wort, die ihre Erfahrungen im Nationalsozialismus nachkommenden Generationen vermitteln. Die Stiftung leistet einen Beitrag zur Entwicklung einer Erinnerungskultur auch für die deutsche Migrationsgesellschaft. Sie bringt die exemplarische Aufarbeitung von Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts in den internationalen Erfahrungsaustausch ein. Die Stiftung will zudem das Bewusstsein für den jüdischen Anteil an der deutschen und europäischen Geschichte stärken.
Kuratorium

Das Kuratorium beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören, insbesondere über die Feststellung des Haushaltsplans. Es erlässt Richtlinien für die Verwendung der Mittel. Das Kuratorium der Stiftung ist international besetzt. Die 27 Mitglieder werden für vier Jahre unter anderem vom Deutschen Bundestag und Bundesrat, der deutschen Wirtschaft und von den an den internationalen Verhandlungen zur Gründung beteiligten Staaten und Organisationen entsandt. Die Kuratoriumsvorsitzende und ihr Stellvertreter werden von der Bundeskanzlerin berufen. 

Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Für den Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ nominierte die Fraktion – bei Ablehnung durch alle anderen Fraktionen erneut erfolglos– den Abgeordneten Wilhelm von Gottberg und als Stellvertreter Martin Erwin Renner (19/21842). Beide Kandidaten waren zuletzt am 2. Juli 2020 an der Mehrheit der Stimmen des Bundestages gescheitert. 

Die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ wurde 2008 auf Beschluss der Bundesregierung errichtet. Ihr Auftrag ist es, „im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihren Folgen wachzuhalten“. Finanziert wird die Stiftung aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin. Träger der Einrichtung ist das Deutsche Historische Museum (DHM).

Dem Stiftungsrat gehören 21 Mitglieder an. Davon werden 19 vom Deutschen Bundestag gewählt. Der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum sowie der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte sind qua Amtes Mitglied. Im Stiftungsrat sind die Bundesregierung mit drei Mitgliedern, der Deutsche Bundestag mit vier Mitgliedern und der Bund der Vertriebenen mit sechs Mitgliedern vertreten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie die Evangelische und die Katholische Kirche stellen je zwei Mitglieder. (ste/10.09.2020)
  

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