Schäuble: Exzesse der Globalisierung korrigieren
Nach Ansicht von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble müssten „bei der Wiederbelebung der Wirtschaft die Exzesse der Globalisierung da korrigiert werden, wo sie zu den dramatischen Auswirkungen der Pandemie beigetragen haben. Wir sollten dabei besonderes Gewicht auf deren soziale und ökologische Nachhaltigkeit legen“, sagte Schäuble zu Beginn der Konferenz der Parlamentspräsidenten der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) am Samstag, 12. September 2020.
„Weltgemeinschaft stehen kontroverse Debatten bevor“
Aufgrund der Corona-Pandemie trafen sich die Präsidenten der Parlamente der Vereinigten Staaten, Kanadas, Japans, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs und Italiens sowie der Präsident des Europäischen Parlaments nicht wie ursprünglich vorgesehen in San Francisco, sondern tauschten sich auf Einladung der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in einer Videokonferenz aus. Im Mittelpunkt stand dabei, wie die Klimakrise und die Folgen der Covid-19-Pandemie durch mehr ökonomische und ökologische Gerechtigkeit global bewältigt werden können.
Wie Schäuble in seinem Eingangsstatement verdeutlichte, stehen der Weltgemeinschaft schwierige Auseinandersetzungen darüber bevor, wie sich diese Ziele erreichen lassen: „Kontroverse Debatten darüber, wie wir unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme grundlegend umbauen sollten, unser Verbraucherverhalten ändern können und auch, wie sich der berechtigte Drang der Menschen in anderen Weltregionen, zu Wohlstand durch Wachstum zu kommen, mit dem Nachhaltigkeitsgedanken verbinden lässt.“
„Parlamenten kommt eine Schlüsselrolle zu“
Bei diesen Debatten komme den Parlamenten eine Schlüsselrolle zu. „Hier müssen die verschiedenen Positionen öffentlich verhandelt werden, um die schwierigen Abwägungsprozesse transparent und nachvollziehbar zu machen“, sagte Wolfgang Schäuble. An die G7-Gruppe als Vertreter der westlichen Wertegemeinschaft appellierte er, bei diesen Prozessen Führung zu übernehmen „im Bewusstsein, dass es auch um die Glaubwürdigkeit unserer Wert und Prinzipien geht“.
Die G7-Konferenz der Parlamentspräsidenten findet seit 2002 traditionell Anfang September statt – kurz bevor in allen G7-Parlamenten wieder die Sitzungswochen beginnen. Der Einladung von Nancy Pelosi zu dieser virtuellen Tagung folgten neben Bundestagspräsident Schäuble die Parlamentspräsidenten Richard Ferrand (Frankreich), Anthony Rota (Kanada), Roberto Fico (Italien), Tadamori Ōshima (Japan), Sir Lindsay Hoyle (Großbritannien) und der Präsident des Europäischen Parlaments, David Maria Sassoli. Das Europaparlament ist seit 2007 bei der Konferenz vertreten.
Klimapolitik und Pandemiebekämpfung
Nach den Eingangsstatements aller teilnehmenden Parlamentspräsidenten diskutierten im ersten Teil der Konferenz hochrangige Gäste aus Religion, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft in drei Podien über einzelne Aspekte der Klimapolitik und der Pandemiebekämpfung: über die Vordringlichkeit des Kampfes gegen den Klimawandel, über Wege zur ökologischen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit und Gleichbehandlung ethnischer Gruppen sowie über Lösungen für einen nachhaltigen und gerechten Aufschwung nach der Pandemie.
Impulsansprachen hielten unter anderem der Dalai Lama, die britische Verhaltensforscherin Dr. Jane Goodall, der irische Musiker Bono, die ehemalige US-Außenministerin Dr. Madeleine Albright und der ehemalige Weltbank-Präsident, der Südkoreaner Dr. Jim Yong Kim. Anschließend tauschten sich die Parlamentspräsidenten in Arbeitssitzungen insbesondere über Chancen einer internationalen Zusammenarbeit bei den beiden globalen Aufgaben aus.
In ihrer Abschlusserklärung bekräftigten die Parlamentspräsidenten, die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten zu vertiefen, um die Covid-19-Pandemie und die Klimakrise zu bewältigen. Darüber hinaus betonten sie: „Wir unterstreichen die zentrale Rolle der Parlamente im demokratischen Leben. Die Parlamente, die die Versammlungen sind, die alle Gruppen der Gesellschaft zusammenbringen, sind die Schlüsselinstitutionen der Demokratie: Die Parlamente repräsentieren den Ausdruck des Volkes durch ihre Gesetzgebungs- und Kontrollfunktionen.“ (vom/rub/12.09.2020)