Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung

Minister wollen mehr europäi­sche Koope­ration im Gesundheits­bereich

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht in der Corona-Krise eine Chance für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Gerade in den Grenzregionen habe es in den vergangenen Monaten eine „enge Solidarität“ gegeben, Leben seien geschützt und gerettet worden, betonte er am Dienstag, 22. September 2020, in einer Anhörung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Nun wollten beide Staaten als „Pioniere“ vorangehen, um die europäische Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich zu stärken.

Spahn: Raum für europäische Gesundheitsdaten schaffen

Wichtig sei etwa die Stärkung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), damit Daten und Informationen, etwa über freie Intensivbetten, besser ausgetauscht werden können. Damit einher gehe die Notwenigkeit, einen gemeinsamen, mit der Datenschutzgrundverordnung kompatiblen Raum für europäische Gesundheitsdaten zu schaffen.

Wichtig sei außerdem, so Spahn, dass die EU bei der Arzneimittelproduktion unabhängiger von Drittstaaten wie China werde. „Es geht um größere strategische Souveränität und Autonomie auch beim Thema Gesundheit“, erklärte der Minister, der die internationale Zusammenarbeit nach anfänglichen Schwierigkeiten insgesamt auf einem guten Wege sieht. „Am Anfang hat es eine Zeit gedauert, bis wir uns sortiert haben, weil für viele der Fokus war: Wie ist eigentlich die Situation im eigenen Land? Aber wir haben sehr schnell gemerkt, wie wichtig die Zusammenarbeit in der Pandemie über die Grenzen ist.“

„Impfstoff muss allen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen“

Als eine der vordringlichsten Aufgaben für die internationale Zusammenarbeit nannte Spahn auch die gemeinsame Suche nach einem Impfstoff. Dieser dürfe nicht nur Ländern wie Deutschland oder Frankreich zugänglich sein, sondern müsse allen 27 Mitgliedstaaten der EU zur Verfügung stehen.  

Die vierte Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung sollte ursprünglich in der Paulskirche in Frankfurt am Main stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde das Treffen jedoch als Videokonferenz mit den französischen Abgeordneten in Paris und den deutschen Abgeordneten in Berlin abgehalten. Im ersten Teil der Sitzung am Montag, 21. September, hatte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, den Abgeordneten über die wirtschaftliche Lage in der EU und die Maßnahmen der Notenbank berichtet.

Zwei neue Arbeitsgruppen eingesetzt

Auf der Agenda des zweiten Teils der Sitzung am 22. September unter Leitung von Andreas Jung (CDU/CSU) und Christophe Arend (La République en Marche, LREM) standen neben der Anhörung der Gesundheitsminister beider Staaten mehrere Beschlussvorschläge etwa zur gemeinsamen Pandemiebekämpfung, zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion, zum Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Paris, zur Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Integration, Asyl und Migration“ sowie einer Arbeitsgruppe für Außen- und Verteidigungspolitik.

Darüber hinaus berieten am Rande der Versammlung die Arbeitsgruppen „European Green Deal“, „Disruptive Innovationen und Künstliche Intelligenz“ sowie „Harmonisierung des deutschen und des französischen Wirtschafts- und Insolvenzrechts“.

„Europa muss bei Medikamente-Produktion souverän werden“

Ein jüngerer Mann mit weißem Hemd und Krawatte sitzt an einem Tisch hinter einem aufgeklappten Laptop und zwei Fahnen im Hintergrund links.

Der französische Gesundheitsminister Olivier Véran war in der Videokonferenz aus Paris zugeschaltet. (DBT/Simone M. Neumann)

Der Gesundheitsminister Frankreichs, Olivier Véran (LREM), bezeichnete Europa als „Lösung“. Die Mitgliedstaaten teilten das gleiche Ziel, „die wirtschaftliche Vitalität wiederzuerlangen, ohne die Gesundheit der Bürger aufs Spiel zu setzen“. Deutschland und Frankreich wollten vorangehen bei der Schaffung einer „Europäischen Union im Gesundheitswesen“.

Bisher produziere China rund 90 Prozent der wichtigsten Medikamente, betonte Véran: „Diesen Wahnsinn müssen wir beenden.“ Europa müsse souverän werden bei der Produktion und der Beschaffung von Rohstoffen und zudem seine Forschung stärken. Es brauche greifbare Ergebnisse für die Bürger und eine intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich.

Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung

Die Deutsch-Französische Versammlung besteht aus 50 deutschen und 50 französischen Abgeordneten und tagt mindestens zweimal im Jahr abwechselnd in Deutschland und Frankreich. Die konstituierende Sitzung fand am 25. März 2019 in Paris statt. Grundlage der institutionalisierten Zusammenarbeit auf Ebene der Parlamente ist das Deutsch-Französische Parlamentsabkommen, das am 11. März 2019 von der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) und am 20. März 2019 vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden ist. 

Das Parlamentsabkommen ist das Ergebnis intensiver Beratungen der Deutsch-Französischen Arbeitsgruppe, die am 22. Januar 2018 anlässlich des 55. Jahrestages der Unterzeichnung des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Élysée-Vertrag) zu diesem Zweck eingesetzt worden war. (joh/22.09.2020)

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