Opposition diagnostiziert Schwächen der deutschen Außenpolitik
Dem Auswärtigen Amt sollen im kommenden Jahr weniger Mittel zur Verfügung stehen als 2020. Laut Regierungsentwurf für den Haushalt 2021 (19/22600, Einzelplan 05) sind Ausgaben in Höhe von 6,04 Milliarden Euro vorgesehen. Gegenüber dem im Juni dieses Jahres verabschiedeten Nachtragshaushalt 2020 sind das rund 582 Millionen Euro weniger. Im Vergleich zum ursprünglich beschlossenen Etat 2020, der Ausgaben in Höhe 5,93 Milliarden vorgesehen hatte, ergibt sich eine geringfügige Steigerung um elf Millionen Euro.
In der ersten Beratung des Etats von Ressortchef Heiko Maas (SPD) machten am Mittwoch, 30. September 2020, Vertreter der Oppositionsfraktionen von FDP, Linker und Grünen deutlich, dass das angesichts der internationalen Lage und der Erwartungen an Deutschland zu wenig sei.
Regierung macht sich für „humanitäre Migrationspolitik“ stark
Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, betonte, dass die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands auf Engste verschränkt mit jener Europas sei. Er machte sich stark für eine europäische Lösung für eine humanitäre Migrationspolitik. Dies sei ein „ziemlich hartes Brett“. Deutschland gehe „mit gutem Beispiel“ bei der Aufnahme von Flüchtlingen voran. Weder „nationale Abschottung“ noch ein „Zurück ins nationale Schneckenhaus“ würden das Problem lösen können.
Roth warb mit Blick auf Veto-Blockaden und Konflikten vor Europas Haustür für mehr diplomatische Ent- und Geschlossenheit der EU: Die Kämpfe in Berg-Karabach würden aktuell zeigen, dass „aus eingefrorenen Konflikten gelöste Konflikte“ werden müssten.
AfD: Außenpolitisches Armutszeugnis
Armin-Paulus Hampel (AfD) sprach von einem außenpolitischen „Armutszeugnis“ und bezeichnete Ressortchef Maas als „schlechtesten Außenminister, den die Bundesrepublik jemals hatte“. Die Bundesregierung verscherze es sich durch arrogante Auftritte mit wichtigen Partnern wie den Vereinigten Staaten und Russland und auch mit Partnern innerhalb Europas.
Hampel wandte sich gegen die Konzeption einer immer tieferen politischen Union: Europa sei im Widerstreit nationaler Interessen stark geworden, geeint in den Werten des christlichen Abendlandes.
CDU/CSU: Anzeichen von Schwäche in der EU-Außenpolitik
Jürgen Hardt (CDU/CSU) machte „Anzeichen von Schwäche“ in der EU-Außenpolitik aus. Es sei ein unhaltbarer Zustand, wenn durch das Veto eines einzigen Mitgliedslandes Sanktionen gegen die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen in Belarus verhindert würden.
Optimistischer bewertete Hardt eine gemeinsame Initiative Europas zur Stabilisierung der Länder der Sahelzone. In der Mitte Afrikas dürfe keine Region entstehen, in denen der „Islamische Staat“ und al-Qaida eine neue Heimstatt finden würden.
FDP: Multilateralismus muss man auch leben
Michael Georg Link (FDP) kritisierte, dass der Etat im Vergleich zum Nachtragshaushalt des laufenden Jahres um rund 580 Millionen Euro sinken solle. Das sei angesichts des Mehrbedarfs bei humanitärer Hilfe, Krisenprävention und Ausstattung der Vereinten Nationen „absolut nicht angemessen“.
Heiko Maas wirke wie ein „Minister auf Durchreise“, „nicht greifbar“, er fechte nicht für sein Ressort. „Multilateralismus darf man nicht nur loben, man muss ihn auch leben“, sagte Link.
Linke: Minister bleibt untätig
Auch Michael Leutert (Die Linke) befand, dass der Minister sich häufiger selbst „ins Schach“ setze. „Er fordert, er mahnt, er ist bestürzt.“ Bei seinem Etat, wo er wirklich etwas bewegen könnte, bleibe er untätig. Allein im Kapitel „Sicherung von Frieden und Stabilität“ würden 300 Millionen Euro gekürzt, darunter Mittel für das UN-Flüchtlingshilfswerk.
In den kommenden Jahren solle der Haushalt des Auswärtigen Amtes nach Vorstellung der Bundesregierung um eine Milliarde Euro sinken. „Eine verheerende Entwicklung“, sagte Leutert.
Grüne: Unambitionierte und widersprüchliche Außenpolitik
Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Außenpolitik der Bundesregierung als „unambitioniert, langsam, widersprüchlich“ und nannte als Beispiel den Libyen-Konflikt.
Zwar habe sie mit dem von ihr initiierten Berliner Prozess einen späten Versuch unternommen, eine Friedenslösung zu finden, aber durch deutsche Rüstungsexporte ermuntere sie „Embargobrecher“ wie die Türkei und Ägypten, einen destruktiven Kurs in Libyen fortzusetzen: „Das ist einfach keine Politik.“
Mittel für humanitäre Hilfe und Krisenprävention
Der Etat des Auswärtigen Amtes soll nach den bis Freitag, 2. Oktober, andauernden Beratungen der Einzelpläne des Bundeshaushalts 2021 an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Die Leistungen an die Vereinten Nationen summieren sich dem Entwurf zufolge auf 657,77 Millionen Euro (2020: 808,78 Millionen Euro). Für humanitäre Hilfe und Krisenprävention sind 2,38 Milliarden Euro (2020: 2,52 Milliarden Euro) eingeplant. (ahe/hau/30.09.2020)