Kaum Echo auf Linken-Vorstoß für mehr Geld im öffentlichen Dienst
Der Bundestag hat am Donnerstag, 8. Oktober 2020, erstmals über einen Antrag der Fraktion Die Linke für höhere Löhne im öffentlichen Dienst debattiert (19/23111). Dabei wurde jedoch mehrheitlich ein staatlicher Eingriff in die Tarifautonomie abgelehnt, wenngleich es viel Verständnis für die Forderungen der Beschäftigten nach Lohnerhöhungen und besseren Arbeitsbedingungen gab. Die Vorlage wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen. Die Linke hatte die Federführung beim Ausschuss für Arbeit und Soziales gesehen, konnte sich damit in der Abstimmung aber nicht durchsetzen.
Linke: Das ist keine Wertschätzung
Susanne Ferschl (Die Linke) kritisierte die Darstellung der Arbeitgeber, nach der die Forderungen der Beschäftigten „überzogen“ seien. „Können Sie sich eigentlich die Wut und Enttäuschung der Kolleginnen und Kollegen vorstellen? Das hat mit Wertschätzung nichts zu tun“, sagt Ferschl.
Dass die Kommunen nun unter anderem den Investitionsstau als Grund für ihre ablehnende Haltung heranziehen, sei unmöglich, denn dieser sei ja nicht das Versagen der Beschäftigten, betonte Ferschl.
CDU/CSU: Wir mischen uns nicht ein
Petra Nicolaisen (CDU/CSU) betonte, die Gesellschaft müsse das Engagement der Beschäftigten würdigen: „Applaus allein reicht da nicht.“ Sie fügte unter Hinweis auf die Tarifautonomie hinzu: „Aber wir mischen uns da nicht ein.“
Die Tarifpartner müssten nun gut abwägen zwischen den nachvollziehbaren Interessen der Beschäftigten und der angespannten Finanzlage der Kommunen, sagte Nicolaisen.
AfD: Er wurde kaputtgespart
Uwe Witt (AfD) argumentierte ähnlich: „Die Tarifautonomie ist das höchste Gut der sozialen Marktwirtschaft.“ In dem Antrag der Linken spiegle sich dagegen staatliche Regulierungswut wider, kritisierte er.
In den vergangenen Jahren sei im öffentlichen Dienst aber viel kaputtgespart worden, und dies habe erst die Rahmenbedingungen für die Situation geschaffen, in der öffentliche Arbeitgeber heute steckten, so Witt.
SPD: Öffentlicher Dienst muss attraktiver werden
Thomas Hitschler (SPD) kündigte an, jeglicher Aushöhlung der Tarifautonomie „erbitterten Widerstand“ entgegenzusetzen. Auch er betonte die Bedeutung des öffentlichen Dienstes für die Gesellschaft und mahnte, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Ausscheidens vieler Mitarbeiter müsse die Arbeit dort wieder attraktiver werden.
Dazu gehörten richtige Weiterbildungsstrategien und auch das Nutzen der Digitalisierung für einen bürgernahen öffentlichen Dienst, sagte Hitschler.
FDP: Unhaltbare Forderungen
Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) betonte, „ohne die Frauen und Männer im öffentlichen Dienst läuft keine staatliche Ordnung“. Daher sei es verständlich, dass die Beschäftigten ihre Forderungen nun artikulieren und auch streiken.
Es nütze ihnen aber nichts, wenn Die Linke ohne Rücksicht auf die öffentliche Haushalte unhaltbare Forderungen in den Raum stelle, sagte die FDP-Abgeordnete.
Grüne: Ende der sachgrundlosen Befristung
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Arbeitgeber dafür, dass sie das Angebot der Gewerkschaften vorschnell abgelehnt und kein eigenes Angebot auf den Tisch gelegt hätten. Da dürften sich die Arbeitgeber nun nicht wundern, dass die Beschäftigten streiken, sagte sie: „Wir wünschen ihnen dafür viel Erfolg.“
Auch Müller-Gemmeke mahnte, der öffentliche Dienst müsse wieder attraktiver werden. Dazu gehöre auch, dort den überproportional hohen Anteil an sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen abzubauen.
Antrag der Linken
Nur um gut 53 Prozent seien die Tariflöhne im öffentlichen Dienst zwischen den Jahren 2000 und 2019 gestiegen. Dies sei zu wenig, schreiben die Linken etwa mit Blick auf das Plus von 68,5 Prozent in der Metall- und Elektroindustrie. Die gegenwärtige Forderung von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes nach einer Anhebung um 4,8 Prozent beziehungsweise um mindestens 150 Euro pro Monat unterstützt die Fraktion entsprechend.
Die Bundesregierung solle deshalb darauf hinwirken, dass die Arbeitgeberseite in den aktuellen Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes für den Bund und die Kommunen den Forderungen der Gewerkschaften nachkomme. Zugleich sollten die Arbeitszeiten in Ost und West angeglichen werden, heißt es. Dass die Arbeitszeit im Osten Deutschlands 30 Jahre nach der Wiedervereinigung noch immer länger sei als im Westen, sei nicht hinnehmbar. (che/ste/sas/08.10.2020)