Bundestag will Ende der Gewalt und Neuwahlen in Belarus
Mit der Situation in Belarus hat sich der Bundestag am Mittwoch, 4. November 2020, befasst. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen nahm das Parlament einen gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen und der Grünen mit dem Titel „Belarus – Politische Gefangene freilassen, freie und faire Neuwahlen ermöglichen, Zivilgesellschaft stärken und Verfassungsreform initiieren“ (19/23943) an. Abgelehnt wurde ein Antrag der FDP mit dem Titel „Belarus – Gewaltsame Unterdrückung der Opposition beenden und Zivilgesellschaft stärken“ (19/22492), zu dem eine Beschlussempfehlung des Menschenrechtsausschusses vorlag (19/23858). Die Grünen stimmten mit der FDP für den Antrag, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich, die Koalitionsfraktionen lehnten ihn ab.
Angenommener Antrag von CDU/CSU, SPD und Grünen
Die drei Fraktionen machen in ihrem angenommenen Antrag (19/23943) deutlich, dass sie das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus nicht anerkennen. Die Wahlen seien weder frei noch fair gewesen, schreiben CDU/CSU, SPD und Grüne. So würden sich zweifelsfei Wahlfälschungen im großen Umfang nachweisen lassen. Eine neue Amtszeit von Machthaber Aljaksandr Lukaschenka entbehre damit jeder demokratischen Legitimation, schreiben die Abgeordneten.
Die Bundesregierung soll sich deshalb für ein „sofortiges Ende der Gewalt, die Freilassung allerpolitischen Gefangenen und für freie und faire Neuwahlen unter internationaler Wahlbeobachtung durch die OSZE“ einsetzen. Darüber hinaus gelte es, auf EU-Ebene Sanktionen gegenüber dem Machthaber in Belarus und Personen aus seinem Umfeld zu verhängen.
Abgelehnter Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Antrag (19/22492) auf, sich mit Nachdruck und gemeinsam mit den europäischen Partnern für faire und freie Neuwahlen in Belarus unter der Beobachtung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auszusprechen. Die Abgeordneten verwiesen auf die Menschenrechtsverletzungen der belarusischen Regierung insbesondere im Zusammenhang mit Protesten gegen die jüngste Präsidentschaftswahl.
Die Bundesregierung sollte die belarusische Regierung auffordern, politische Gefangene mit sofortiger Wirkung freizulassen, willkürliche Inhaftierung und Gewalt gegen Demonstranten zu beenden sowie Berichte von Folter und Misshandlung von festgenommenen Demonstranten zu untersuchen und aufzuklären sowie dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen sich für ihre Handlungen verantworten müssen.
Weitere Anträge in erster Lesung
Ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Aus verfehlter Sanktionspolitik der Vergangenheit lernen: Keine Wirtschaftssanktionen gegen Weißrussland“ (19/23947) wurde zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss überwiesen.
Einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Propaganda mit Journalismus begegnen – Für eine starke Zivilgesellschaft auch in Belarus“ (19/23929) überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Kultur und Medien.
Überwiesener Antrag der FDP
Die FDP fordert in ihrem neuen Antrag von der Bundesregierung eine stärkere Unterstützung des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle für den Auf- und Ausbau russischsprachiger Medienangebote in Belarus.
Nicht nur belarusische Staatssender, sondern auch Sender aus dem Nachbarland Russland sorgten für die Verbreitung gezielter Desinformation in Belarus, schreiben die Liberalen zur Begründung in ihrem überwiesenen Antrag (19/23929). Demnach solle die Bundesregierung die Deutsche Welle etwa darin unterstützen, „schnellstmöglich“ ein russischsprachiges TV-Vollprogramms in Belarus zu schaffen. Auch gelte es, so die Abgeordneten, unter anderem Fact-Checking-Angebote sowie crossmediale Formate der Deutschen Welle für die Sprachregion auszubauen.
Antrag der AfD
Die AfD nimmt in ihrem überwiesenen Antrag (19/23947) die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Belarus in den Blick. Der weißrussische Markt sei für die deutsche Wirtschaft wichtig und von strategischer Bedeutung im osteuropäischen Raum, schreiben die Abgeordneten. Eine Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten unter Verletzung der Souveränität der Republik Belarus könne daher als nicht förderlich für eine zukünftige wirtschaftliche Zusammenarbeit angesehen werden, heißt es weiter.
Die Beziehungen zu Belarus sollten deshalb „in ihrer gesamten Breite“ aufrechterhalten werden, fordert die Fraktion. Auch sei von Sanktionen gegen die Republik Abstand zu nehmen. (hau/ste/04.11.2020)