Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorhergehende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 26. November 2020, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Regelsätze: Die FDP-Fraktion möchte für Menschen mit Behinderungen, die Sozialleistungen beziehen, eine Änderung bei den monatlichen Regelbedarfen erreichen. Gegen die Stimmen der Koalition und bei Enthaltung aller anderen Fraktionen konnte sich die FDP aber mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach Paragraf 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII, 19/23938) nicht durchsetzen. Darin verwies sie auf die schwierige finanzielle Lage von Menschen mit Behinderungen, die in einer sogenannten „neuen Wohnform“ oder „besonderen Wohnform“ leben und Eingliederungsleistungen (gemäß SGB IX, Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) beziehen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/24725) zugrunde.

Kriegsverbrechen: Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben sich gemeinsam mit den Stimmen der Grünen und bei Enthaltung der übrigen Oppositionsfraktionen mit einem Antrag (19/23702) durchgesetzt, in dem sie fordert, dass Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen nicht straflos bleiben dürfen. Demnach soll sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene und bilateral weiterhin dafür einsetzen, dass sich weitere Staaten dem Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) anschließen, insbesondere die Vereinigten Staaten, Russland, China und Indien. Der Abstimmung liegt eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (19/24728) zugrunde.

Abgesetzt: Verbot von Grünlandumbruch: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die Abstimmung eines FDP-Antrags mit dem Titel „Verbot von Grünlandumbruch streichen“ (19/24326). Laut FDP soll sich die Bundesregierung im Zuge der Verhandlungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der EU dafür einsetzen, dass künftig als Grünland genutzte Ackerflächen nicht mehr umgebrochen werden müssen, um den Ackerstatus zu behalten. 

Abgesetzt: Notfallzulassung für neonikotinoidhaltige Pflanzenschutzmittel: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die Abstimmung über einen Antrag der FDP-Fraktion (19/24374), eine Notfallzulassung für neonikotinoidhaltige Pflanzenschutzmittel zur Beizung von Zuckerrübensaatgut zu ermöglichen. Seit einem Verbot von drei neonikotinoiden Wirkstoffen durch die Europäische Union, die im Zuckerrübenanbau als Beizmittel verwendet wurden, seien die Kulturen der Blattlaus und dem durch sie übertragenen sogenannten Vergilbungsvirus nahezu schutzlos ausgeliefert, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. 

Gastgewerbe in der Krise: Mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse und Probleme des Gastgewerbes in der Corona-Politik wünscht sich die FDP im Bundestag. In ihrem Antrag (19/23932), der mit Zustimmung durch die Grünen und bei Ablehnung aller anderen Fraktion keine Mehrheit fand, forderten die Liberalen die Bundesregierung auf, mit den Betreibern von Hotels und Restaurants frühzeitig in einen Dialog darüber einzutreten, wie es nach dem voraussichtlichen Ende der derzeit geltenden Restriktionen Ende dieses Monats für sie weitergehen soll, und künftig auf pauschale Schließungsanordnungen zu verzichten. Zur Abstimmung hatte der Tourismusausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/24617). 

Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Einstimmig angenommen wurde ferner eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht, die dem Deutschen Bundestag zugeleitet wurden (19/24744). Der Ausschuss empfahl dem Bundestag, zu vier Organstreitverfahren, drei Verfassungsbeschwerden, zwei Aussetzungs- und Vorlageschlüssen und einer abstrakten Normenkontrolle keine Stellungnahme abzugeben.

Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag stimmte außerdem 15 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen waren und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 674 (19/24014) sowie 686 bis 699 (19/24456, 19/24457, 19/24458, 19/24459, 19/24460, 19/24461, 19/24462, 19/24463, 19/24464, 19/24465, 19/24467, 19/24468, 19/24469). Zur Beschlussempfehlung 19/24457 wurde aus den Reihen der SPD eine Erklärung nach Paragraf 31 der Geschäftsordnung abgegeben.

Benachrichtigungen zur Paketabholung öffentlich zugänglich

Darunter befand sich auch eine Petition, in der die nicht datenschutzgerechte Praxis der Deutschen Post AG beanstandet wird, Benachrichtigungskarten zur Abholung von Paketen öffentlich zugänglich zu hinterlassen. Laut der Petition sind im Rahmen der Paketzustellung durch die Deutsche Post AG wiederholt und regelmäßig bei verschiedenen Adressen in München Benachrichtigungskarten für jedermann zugänglich im Hauseingang angeklebt worden, statt diese in den Briefkasten einzulegen.

Dies betreffe daten- und haftungsrechtliche Belange, hieß es in der Petition. Es sei zu vermuten, dass diese Vorgehensweise der Deutschen Post AG eine bundesweite Praxis sei, die dringend abgestellt werden müsse. Ergänzend wies der Petent auf den Umstand hin, dass aufgrund von an dem Hauseingang angeklebten Benachrichtigungskarten von Dritten, beispielsweise auch von Einbrechern, Rückschlüsse auf die Abwesenheit von Bewohnern gezogen werden könnten.

Die am 18. November 2020 durch den Petitionsausschuss verabschiedete Beschlussempfehlung sah nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

Verständnis für das Anliegen des Petenten

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung äußerte der Petitionsausschuss großes Verständnis für das Anliegen des Petenten, da er der Sicherstellung des postalischen Universaldienstes, der ordnungsgemäßen Zustellung von Brief- und Paketsendungen und der Einhaltung des Postdatenschutzes eine große Bedeutung beimesse. Zugleich verwiesen die Abgeordneten auf eine Stellungnahme des BMWi, der zufolge die Deutsche Post AG mitgeteilt habe, dass alle vor Ort eingesetzten Zustellkräfte an die Einhaltung der Auslieferungsvorschriften erinnert würden. Gleichzeitig sei ein entsprechender Eintrag in das interne System eingepflegt worden, dass die vom Petenten beanstandete Vorgehensweise unbedingt zu unterlassen sei.

Zur strikten Einhaltung des Postgeheimnisses aufgefordert

Ferner machte der Ausschuss darauf aufmerksam, dass die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) die Petition zum Anlass genommen habe, die Deutsche Post AG nochmals zur strikten Einhaltung des Postgeheimnisses bei der Benachrichtigung über nicht zustellbare Sendungen aufzufordern.

Die Bundesnetzagentur achte darauf, dass die postalische Grundversorgung in Deutschland sichergestellt wird. „Eingaben wie die des Petenten geben wichtige Anhaltspunkte und Hinweise für die Beurteilung, ob bei der Erbringung des Universaldienstes allgemeine und strukturelle Defizite vorhanden sind“, hieß es in der Beschlussempfehlung.

Novelle des Postgesetzes geplant

Abschließend machte der Petitionsausschuss darauf aufmerksam, dass das BMWi derzeit einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Postgesetzes auf Grundlage der zum 1. August 2019 veröffentlichten Eckpunkte erarbeite.

Darin enthalten sei auch das Vorhaben, den Universaldienst weiter sicherzustellen und den Kundenschutz zu verbessern. Vor diesem Hintergrund empfahl der Petitionsausschuss die Materialüberweisung, damit die Petition in die Beratungen zur Novelle des Postgesetzes einbezogen wird. (hau/26.11.2020)

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